Buntpapier im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen

Als Archivalie des Monats Februar stellt das Stadtarchiv Villingen-Schwenningen das für Einbände von Büchern und Schriften verwendete Buntpapier vor.

Das erste Buntpapier entstand bereits Ende des 8. Jahrhunderts in Japan (Suminagashi-Papier). Über Persien und die Türkei kam das Buntpapier um 1600 nach Europa. Es muss nicht unbedingt bunt sein. Es gibt auch einfarbige, sogar weiße Papiere. Ihnen allen ist gemeinsam, dass nach der Herstellung des Rohpapiers, dessen Oberfläche mit Farbe bestrichen, getränkt oder geprägt wird. Das Material wurde und wird für verschiedene Zwecke benutzt: Schachteln, Objekte, Tapeten, Einbände, Buchvorsätze etc.


Abb.: Buntpapier ist auch im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen zu finden. Verschiedene Bücher und Schriften wurden mit dem hochwertigen Papier eingebunden (Foto: Stadtarchiv Villingen-Schwenningen).

Im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen finden sich die beiden letzten Anwendungen in großer Zahl. Vor allem Amtsbuchserien aber auch Titel der Wissenschaftlichen Spezialbibliothek des Stadtarchivs sind mit Buntpapier verschönert. Bei den Techniken sind vor allem Kleisterpapiere und marmorierte Papiere vertreten.

Die Grundlage der Kleisterpapiere bildet Kleister auf Stärke-, seltener auch auf Cellulosebasis. Ein Trägerpapier wird – meist vollständig – mit eingefärbtem Kleister bedeckt und anschließend ggf. noch mit einem Dekor versehen. Auch das Bedrucken mit Stempeln oder Modeln (Hohlform) war sehr beliebt. Die durch Wischen erzeugten Muster sind schwungvoll und bieten häufig reizvolle Farbeffekte.

Das Dekor von marmorierten Papieren entsteht durch das Aufbringen von flüssigen Farben auf den sogenannten Marmoriergrund. Die Farben können aufgetropft oder gesprüht und anschließend noch mit Nadeln oder Kämmen verzogen werden. Durch Auflegen eines Bogens Papiers auf den „Farbteppich“ wird das Dekor auf das Papier übertragen. Es gibt u. a. Steinmarmor-, Kamm-Marmor- und Wellenmarmorpapier. Bevor die städtischen Amtsbücher in Buntpapier eingebunden wurden, verwendete man Pergamente.

Nähere Informationen zu diesem Thema findet man in:
Mittelalterliche Einbandfragmente aus dem Stadtarchiv Villingen-Schwenningen. Edith Boewe-Koob, Villingen-Schwenningen: Verlag der Stadt 2018, 154 Seiten, ISBN 978-3-939423-30-0, 19,50 Euro
(erhältlich im Onlineshop des Stadtarchivs oder im Buchhandel) sowie auf der entsprechenden Seite über ‚Buntpapier‚ im Internet.

Kontakt:
Amt für Archiv und Schriftgutverwaltung
Winkelstraße 7, Bau D, 3. OG
78056 Villingen-Schwenningen
Abteilung Stadtarchiv
Lantwattenstraße 4
78050 Villingen-Schwenningen
Tel.: 07721 / 82-1810 und 07721 / 82-1817
stadtarchiv@villingen-schwenningen.de

Postanschrift:
Postfach 12 60
78002 Villingen-Schwenningen

Quelle: Stadtarchiv Villingen-Schwenningen, Aktuelles, Februar 2021

Amerikaner in Wiesbaden von 1945 bis 1963

Die Innenwelt der Außenwelt.

Das Stadtarchiv Wiesbaden zeigt bis zum 12. März 2021 eine virtuelle Ausstellung, die unter dem Titel „Amerikaner in Wiesbaden 1945 bis 1963. Die Innenwelt der Außenwelt“ die deutsch-amerikanischen Beziehungen in der hessischen Landeshauptstadt zwischen 1945 und 1963 in den Blick nimmt. Anhand von Fotografien, Alltagsgegenständen und Dokumenten aus dem Stadtarchiv Wiesbaden, die Kurator Georg Habs mit erklärenden Texten versehen hat, wird gezeigt, wie das amerikanische Leben in Wiesbaden funktionierte, wie sich das deutsch-amerikanische Verhältnis von den Nachkriegsjahren bis zum „Wirtschaftswunder“ wandelte und welch entscheidenden Beitrag amerikanische Hilfen wie der Marshallplan zum Wiederaufbau des zerstörten Westdeutschlands leisteten. Auch Exponate, die der deutsch-amerikanische Historiker Dr. John Provan aus seiner Privatsammlung zur Verfügung gestellt hat, sind zu sehen.


Abb.: Das Foto zeigt die Bowling Bahn in der Lindsey Air Station 1950 aus der Sammlung von Dr. John Provan (Foto: Dr. John Provan / wiesbaden.de)

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind amerikanische Truppen in Wiesbaden stationiert. Der Lebensstil der US-Soldaten und bald auch ihrer Familien prägte das Stadtbild in der Nachkriegszeit entscheidend mit. Seitdem gibt es dort zwei Parallel-Welten – »Little America« und das deutsche Wiesbaden.


Abb.: Die Amerikanerin Violet Morley neben einem brandneuen Cadillac in der Wiesbadener Virginia Straße 33, 1959 (Quelle: Sammlung Mike Leonard)


Abb.: Fahrzeuge anderer Art vor dem Hauptbahnhof, 1959 (Quelle: Stadtarchiv Sig. NE 001170, Foto Hans A. Scheffler)

Was für die einen die „Außenwelt“ darstellt, ist für die anderen die eigene „Innenwelt“. Die Freiheiten und Annehmlichkeiten, die Herausforderungen und Belastungen, die für Menschen hier wie dort bestehen, sind höchst unterschiedlich. Trotz der Zugangsbarrieren treffen die Einwohner dieser Parallel-Welten bei bestimmten Gelegenheiten aufeinander – bei der Arbeit, bei gemeinsamen Festen, beim Einkauf.


Abb.: Bewachtes Haupttor zur Lindsey Air Station, 1949 (Quelle: Sammlung Dr. John Provan)

Diese unmittelbaren Begegnungen sprechen für sich, offenbaren aber wenig von der Lebenswelt der anderen. Das ist heute so und war früher nicht anders. – Den einen oder anderen Blick auf die Realität hinter trennende Zäune zu riskieren, ist ein Angebot an alle Neugierigen. Auch dem wechselseitigen Verständnis kann solch genaues Hinsehen nur gut tun. Deshalb gibt es diese virtuelle Ausstellung zu den Anfangszeiten der Deutsch-Amerikanischen Beziehungen in Wiesbaden.

Die beiden unterschiedlichen Kulturen beeinflussten sich einander auf örtlicher Ebene. Eingebettet war dieses Wiesbadener Mit- und Nebeneinander in die allgemeinen Zeitläufe sowie die „große Politik“ der USA und der sich nach und nach herausbildenden Bundesrepublik Deutschland. Das eine ist ohne das andere nicht zu verstehen. Die Rückschau endet 1963. Nach dem Deutschland-Besuch und der Ermordung des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, blieb nichts, wie es war.


Abb.: Von John F. Kennedy an Oberbürgermeister Georg Buch überreichtes Porträtfoto, 1963 (Quelle: Stadtarchiv Wiesbaden Sig. 16072)

Die historische Zäsur war tief. Von dem „Danach“ zu erzählen, wäre Aufgabe einer weiteren Ausstellung.

Kontakt:
Stadtarchiv Wiesbaden
Im Rad 42
65197 Wiesbaden
Tel.: 0611 / 31-3329 und 0611 / 31-3747
Fax: 0611 / 31-3977
stadtarchiv@wiesbaden.de

Quelle: Veranstaltungen Stadtarchiv Wiesbaden; Konzept der Ausstellung

Stadtarchiv Landau dokumentiert abgängiges Kaufhof-Gebäude

Erhalten, ordnen, verzeichnen und vermitteln: Das sind die Aufgaben des Landauer Stadtarchivs. Aktuell geht Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer einer ganz besonderen Tätigkeit nach. Mit der Kamera bewaffnet dokumentiert sie das Innere des Kaufhof-Gebäudes, das ab Anfang März 2021 abgerissen werden soll, und hält dieses so für die Nachwelt fest.


Abb.: Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer bei fotografischen Dokumentationsarbeiten (Foto: Stadt Landau, MRN-News.de)

„Der Kaufhof war lange Jahre stadtbildprägend für die östliche Innenstadt und viele Menschen verbinden ganz persönliche Geschichten mit dem Geschäft, sei es die erste Cola, das Softeis samstags mit der Familie oder auch die Fahrt mit den ersten und lange einzigen Rolltreppen in der Stadt“, fasst die Stadtarchivarin zusammen.


Abb.: Auch das ist ein Stück Stadtgeschichte: Der Blick aus einem der oberen Stockwerke des maroden Kaufhof-Gebäudes in Landau (Foto: Stadt Landau)

Ihr besonderes Interesse auf Foto-Tour gilt „Originalteilen“ aus den 60er Jahren, als der Landauer Kaufhof eröffnet wurde, etwa alten Treppenläufen. Kohl-Langers Aufnahmen werden im Stadtarchiv Landau in der Maximilianstraße – und damit in unmittelbarer Nähe des Kaufhof-Gebäudes – verwahrt. Auch gibt es Pläne, täglich ein Foto vom Fortgang der Abrissarbeiten zu schießen, um auch dieses Stück Stadtentwicklung zu dokumentieren. An die Stelle des alten, maroden Gebäudes soll zukünftig ein moderner Mix aus Wohnen, Arbeiten und Einkaufen treten.

Vergessen wird der alte Kaufhof aber nicht: Dafür sorgen Christine Kohl-Langer und ihr Team. Das Stadtarchiv als zentrale Dokumentationsstelle ist das „historische Gedächtnis“ der Stadt Landau. Es umfasst über 500 laufende Meter Schriftgut, darunter Akten, Urkunden, Karten, Pläne, Rats- und Gerichtsprotokolle, Tauf-, Ehe- und Sterberegister, Plakate, Bildträger, Zeitschriften und Zeitungen.

Kontakt:
Stadtarchiv Landau
Christine Kohl-Langer
Maximilianstraße 7
76829 Landau in der Pfalz
Tel.: 06341 / 13-4202
Fax: 06341 / 13-4209
archiv-und-museum@landau.de

Quelle: Stadt Landau, Pressemitteilung, 27.1.2021; MRN-NEWS.de – Aktuelle Nachrichten, Videos und Events für die Metropolregion Rhein-Neckar, 27.1.2021

Geschichte und Entwicklung des Turnens im Siegerland

In seinem „Klick in die Vergangenheit“ widmet sich das Stadtarchiv Siegen regelmäßig unterschiedlichen Episoden der städtischen Geschichte. Besondere Anlässe, historische Ereignisse, bislang unbekannte Aspekte oder bemerkenswerte Stücke aus den Archivbeständen sollen der Öffentlichkeit vorgestellt werden. In der neuen Ausgabe wird die Geschichte und Entwicklung des Turnens im Siegerland näher beleuchtet.


Abb.: Eine gezeichnete Außenansicht der ersten Turnhalle des Siegener Turnvereins in der Friedrichstraße (Vorlage: Stadtarchiv Siegen, Bestand 756, Nr. 1243)

Wie man in zahlreichen Vereinschroniken nachlesen kann, war die Siegerländer Turnszene schon immer sehr ausgeprägt und leistungsstark. Die Stadt beherbergt bis heute viele alte Vereine, von denen der älteste der Siegener Turnverein ist, der bereits 1846 gegründet wurde. Noch heute engagieren sich im ganzen Kreisgebiet viele Turner und Sportler in ihrer Freizeit. Siegens Turngeschichte beherbergt neben verschiedensten Episoden des Turnens auch einige bemerkenswerte Geschichten, wie den Skandal um Moritz Eichelsheim, den Revolutionär des Siegener Turnens und Sieger beim deutschen Turnfest in Paris.

Die wichtigsten Episoden der Geschichte des Siegener Turnens, dessen Entwicklung und Einfluss auf die Stadt hat das Stadtarchiv Siegen in der PDF-Dokumentation „frisch, fromm, fröhlich, frei“ auch in Siegen – Zur Geschichte und Entwicklung des Turnens im Siegerland von den Anfängen bis zum Wiederaufbau zusammengestellt. Parallel werden ausgewählte Exponate vom 25. Januar bis Ende Mai 2021 in zwei Glasvitrinen auf den Etagen des Stadtarchivs Siegen (3. Etage) und der Volkshochschule Siegen (2. Etage) im KrönchenCenter präsentiert. Auf Grund des Lockdowns ist das KrönchenCenter momentan leider für Publikumsverkehr geschlossen, so dass der Besuch der Präsentation vor Ort erst nach Wiedereröffnung des Gebäudes für die Öffentlichkeit möglich ist. Dann ist der Eintritt frei, es gilt jedoch, die coronabedingten Abstandsregeln und das Tragen eines Mund-Nasenschutzes zu beachten.

Kontakt:
Stadtarchiv Siegen
KrönchenCenter
Markt 25
57072 Siegen
Tel.: 0271/ 404-3095
Fax: 0271/ 404-3099
stadtarchiv@siegen.de

Quelle: Meldungen aus dem Stadtarchiv Siegen, ‚Klick in die Vergangenheit‘: „Frisch, fromm, fröhlich, frei“ auch in Siegen – Zur Geschichte und Entwicklung des Turnens im Siegerland von den Anfängen bis zum Wiederaufbau vom 25.01.2021

3D-Digitalisierung im montan.dok

Im Schnitt sind etwa 90 Prozent aller musealen Sammlungen nicht in den Dauerausstellungen von Museen zu sehen. Sie bleiben damit für die Besuchenden weitestgehend unsichtbar. Mithilfe von 3D-Digitalisierung macht das Deutsche Bergbau-Museum Bochum seit Sommer 2020 Teile dieser verborgenen Schätze, allesamt Bestände des Montanhistorischen Dokumentationszentrums (montan.dok), sichtbar. Realisiert wird das Vorhaben im Rahmen des Aktionsplans für Leibniz-Forschungsmuseen.

Abb.: 3D-Digitalisierung einer Grubenlampe im montan-dok (Foto: Helena Grebe, DBM Bochum)

Digitale 3D-Technik hat vermehrt Einzug in unseren Alltag gehalten, unter anderem in Kinofilmen, VR-Brillen mit immersiven Spielen oder AR-Anwendungen auf Smartphones. Auch für den kulturellen Sektor bietet die 3D-Technik Perspektiven und Möglichkeiten, neue Zielgruppen zu erschließen und die Reichweite über den musealen Raum hinweg auszudehnen. Im Rahmen des Aktionsplans II für Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft widmet sich ein Teilprojekt den Anwendungsmöglichkeiten von 3D-Modellen für die eigenen Sammlungsbestände. Mit 3D-Scannern werden im Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) Nutzen und Grenzen dieses Verfahrens ausgelotet. Ausgewählt wurden in erster Linie solche Exponate, die technik-, kultur- sowie alltagsgeschichtlich oder geowissenschaftlich relevant sind und einzigartige Schätze der Sammlungen darstellen.

Vorteil 3D
Die 3D-Erfassung ermöglicht die Ansicht aller Seiten eines Objektes aus sämtlichen Blickwinkeln sowie die Reduzierung auf die Form durch Entfernung der Farbigkeit (Textur), so dass Inschriften deutlicher lesbar und Risse oder Erhebungen für restauratorische Maßnahmen besser erkennbar werden. Damit bieten 3D-Aufnahmen oftmals tiefere Einblicke in die Beschaffenheit des Objekts als ein Foto oder gar das Original selbst. 3D-Digitalisate eröffnen neue bzw. vertiefende Aussagen zur Materialität und Funktionsweise eines Objektes und ergänzen die Objektgeschichte um wertvolle Aspekte.

Bisher wurden am Deutschen Bergbau-Museum Bochum 3D-Modelle von Exponaten in vereinzelten Versuchen durch das auf Kameras basierende Verfahren der Photogrammetrie hergestellt, aufbauend darauf wird ein Vergleich der Techniken angestrebt. Langfristig werden nun weitere Potenziale der 3D-Technik in Bochum erforscht und die Lerneffekte für eine nachhaltige Nutzung im montan.dok festgehalten, um beispielsweise eigene digitale Ausstellungen zu kuratieren und die Daten in speziell auf diese Technik aufbauende Formate zu implementieren. Weitere Vorteile liegen dabei auf der Hand: Nationale und internationale Ausstellungskooperationen, für die etwa Objekte nicht transportiert werden können, lassen die Zusammenführung bis dato undenkbarer Objektkonstellationen zu.

Dem Ausstellungsraum sind keine physischen Grenzen mehr gesetzt, ebenso wenig dem Besuchserlebnis, so dass das Entdecken und Verstehen der Objekte und Geschichte(n) des Bergbaus nicht mehr allein an den musealen Ort gebunden ist.

Das Vorgehen
Ein 3D-Scanner schießt fünf Bilder in der Sekunde und erfasst dabei zusätzlich Maße und Formen. Aus den so entstandenen hunderten bis tausenden Fotos rechnet die zugehörige Software ein vorläufiges Konstrukt zusammen. Der ebenfalls aufgenommene Untergrund wird nachträglich entfernt. Um alle Seiten des Objektes aufzunehmen, muss es mehrfach aus unterschiedlichen Blickwinkeln gescannt werden, dazu gehört auch die meist verborgene Unterseite, auf der früher oftmals die Inventarnummern vermerkt wurden.

Die Teilaufnahmen des Objektes werden in der Software manuell zu einem Gesamten zusammengesetzt und auf Lücken geprüft, die nachgescannt und schließlich in ein Gitter umgerechnet werden müssen. Diese Netze werden für die Darstellung im Internet verkleinert, um die Dateigröße zu reduzieren. Schließlich wird die Textur wieder auf das so entstandene Gittermodell aufgetragen.

Die für Scanner problematischen Objekte, wie solche mit glänzenden Oberflächen, bei denen der Blitz zu weißen Flecken führt, und verborgene Winkel, die durch die Sensoren und Kameras nicht erreicht werden, müssen nachträglich bearbeitet werden. Manche Materialien, wie zum Beispiel Glas, werden von den Sensoren nicht erfasst, weshalb sie von dem Verfahren vorerst ausgeschlossen werden müssen. Aus konservatorischen Gründen werden keine Sprays angewendet, die die Scanbarkeit dieser Materialien zwar ermöglichen, aber die Farbigkeit verfälschen würden.

Nutzung & Verbreitung
Das jeweils erstellte 3D-Modell wird auf der Online-Plattform Sketchfab veröffentlicht. Interessierte können damit jedes Detail eines Objektes im Netz von allen Seiten betrachten und erforschen. Durch die Verlinkung mit der digitalen Datenbank lässt sich das Objekt, dessen Geschichte und Bedeutung für den Bergbau erfahren. Über eine dazugehörige App ist auch ein Platzieren der Objekte durch Augmented Reality möglich. So gelangt etwa die digitalisierte Grubenlampe in das eigene Wohnzimmer, auf den Bahnsteig oder in Nachbars Garten.
Sinn der Veröffentlichung auf der digitalen Plattform ist es auch, neuen digitalaffinen Zielgruppen einen innovativen und niederschwelligen Zugang zum Thema Bergbau und seinen vielfältigen Facetten zu verschaffen. Zudem haben Besuchende des Leibniz-Forschungsmuseums für Georessourcen die Möglichkeit, sich bei einem Besuch über die Inhalte der Dauerausstellung hinaus über Objekte der Bergbaugeschichte zu informieren und neue Perspektiven auf das materielle Bergbauerbe zu entwickeln. Die Ergebnisse der Aktivitäten fließen auch in weitere wissenschaftliche Projekte des montan.dok ein.

Kontakt:
Deutsches Bergbau-Museum Bochum
Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen
Am Bergbaumuseum 28
44791 Bochum
+49 234 5877-0
info@bergbaumuseum.de
www.bergbaumuseum.de

Quelle: Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Pressemitteilung, 29.1.2021

Materialien zur Skisprungschanze im Eichwald im Stadtarchiv Crailsheim

Am Tag vor dem denkwürdigen 20. Januar 1952 fiel der erwartete Schnee im schwäbischen Crailsheim. In den späten Abendstunden fuhr ein Lautsprecherwagen durch Crailsheim – eine sensationelle Nachricht wurde verkündet: Die Crailsheimer Skiwettkämpfe konnten beginnen und die neu gebaute Skisprungschanze sollte erstmals in Betrieb genommen werden! Laut eines Berichts im Hohenloher Tagblatt strömten zahlreiche Schaulustige in den Eichwald, um die Sensation zu erleben: „Der Hang des Kreckelbergs war am Sonntagnachmittag schwarz von Menschen.“ Die Besucher wähnten sich in einem der prominenten Skisprungorte: „Der Blick von der Höhe des Berges, auf dem das Anlaufgerüst steht, bot das aus so vielen Wochenschauen vertraute Bild einer großen wintersportlichen Veranstaltung: eine weiße Bahn inmitten einer Waldschneise, von weit mehr als 1000 Menschen umsäumt, mit zungenartig verbreitertem Auslauf, schneebehangene Bäume und in der Ferne hinter der weißen Ebene die verschneiten Berge.“


Abb.: Gespannt hält das Publikum den Atem an: Ein wagemutiger Springer stürzt sich beim Eröffnungsspringen von der Eichwaldschanze (Foto: Stadtarchiv Crailsheim)

Abb.: Springer Ernst Röhm in perfekter Haltung (Foto: Stadtarchiv Crailsheim)

Für das Testspringen wurde die neue Schanze am Sonntagvormittag mit weiterem Schnee „gepolstert“. Am Nachmittag wagte der Leiter der Skiabteilung des TSV Crailsheim, Julius Habermeier, den ersten Sprung. Noch wurde mit verkürztem Anlauf gestartet, was die Zuschauer vielleicht etwas enttäuschte: Der weiteste Sprung gelang Walter Erben mit gerade einmal 16,5 m. Die Eichwaldschanze bestand damit jedoch ihre „Feuertaufe“. Schon eine Woche später fanden die Jugendmeisterschaften des Bezirks Ostalb auf ihr statt, nun wurde die ganze Schanze genutzt. Walter Erben konnte in der „Allgemeinen Klasse“ mit 22 m und 22,5 m seine Sprungweite deutlich ausbauen und seine Führung amtlich machen. Am weitesten sprang allerdings in der Altersklasse ein Sportler des SV Unterkochen: 23,5 m. Der „offizielle“ Schanzenrekord von 24,5 m wurde 1953 von Berthold Kieninger aufgestellt.

Die Anlage der Eichwaldschanze ist aus mehreren Dokumenten nachvollziehbar, die von Günter Utz an das Crailsheimer Stadtarchiv übergeben wurden. Im „Abschlussbericht über den Bau der Eichwaldschanze“ sind die freiwillig geleisteten Arbeitsstunden, die Kosten und die Spenden verzeichnet. Demnach wurde mit dem Bau der Schanze am 1. Juli 1950 begonnen, die Bauleitung hatte der Vermessungsingenieur Hans Pauschinger. Vereinsmitglieder und weitere Freiwillige leisteten 3450 Stunden für Planung, Erd-, Beton- und Zimmererarbeiten. Crailsheimer Firmen spendeten Material und Lohnkosten in Höhe von 2010 DM. Eine mit Maßen und Werten versehene Zeichnung veranschaulicht die Geometrie der Schanze, beispielsweise liegt der Kritische Punkt bei 25 m. Am 16. Dezember 1951 war die rund 7 m hohe Holzkonstruktion fertig gestellt. Bauherrschaft und Bauleitung vermeldeten stolz: „Die Sprungschanze wurde durch Vertreter des Bezirks Ostalb im Schwäbischen Skiverband abgenommen und als gut befunden.“


Abb.: Heute sieht man nur noch wenige Betonpfeiler, die Holzkonstruktion wurde abgebaut (Foto: Stadtarchiv Crailsheim)


Abb.: Ein großes Publikum zog das Faschingsspringen an (Foto: Stadtarchiv Crailsheim)

Die Eichwaldschanze sorgte in mehreren kalten, schneereichen Wintern für Abenteuer und Vergnügen. Spektakuläre Aufnahmen aus der Fotosammlung des Stadtarchivs zeigen die wagemutigen Crailsheimer Springer. Besonders viele Zuschauer zog das Faschingsspringen an, bei dem die Männer verkleidet antraten – einmal wurde auf diese Weise ein „Internationales Damenspringen“ veranstaltet, lange bevor Skispringen auch für Frauen zur Wettbewerbsdisziplin wurde. Die aus Nadelholz gebaute Schanze zerfiel mit der Zeit, wärmere Winter machten eine Instandsetzung nicht rentabel. Die in den Wald geschlagene Schneise ist längst zugewachsen. Nur noch einzelne Betonpfeiler im Wald künden von Crailsheims Glanzzeit als Skisprungort.

Kontakt:
Stadtarchiv Crailsheim
Marktplatz 1
Gebäude: Arkadenbau
Folker Förtsch
74564 Crailsheim
Tel.: 07951 / 403-1290
https://www.stadtarchiv-crailsheim.de/ 

Quelle: Stadtarchiv Crailsheim, Aktuelles, Archivale des Monats Januar

Mehr als 70 Bücher zur Geschichte Brandenburgs kostenlos zugänglich

Open Access: Digital Forschen und Lesen im Lockdown.

Das Brandenburgische Landeshauptarchiv in Potsdam macht seine Publikationen kostenfrei digital zugänglich. Mehr als 70 Bände stehen seit Januar 2021 im Open Access zum Herunterladen bereit. Damit ermöglicht das Landeshauptarchiv einen offenen Zugang zu zahlreichen Grundlagenwerken der landesgeschichtlichen Forschung. Weitere Bände folgen.

Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle äußert dazu: „Der digitale Wandel ist ein Kulturwandel und das richtige Instrument für herausragende Wissenschaft und Forschung im Land Brandenburg. Die neue Initiative des Brandenburgischen Landeshauptarchives, mit der alle kostenfreien Zugang zu ihren Publikationen erhalten, ist eine große Chance für Gegenwart und Zukunft. Fortan sind zahlreiche Grundlagenwerke in digitaler Form weltweit zugänglich und nutzbar. Damit zeigt sich das Landeshauptarchiv als digitaler Impulsgeber und folgt dem Grundsatz unserer Open-Access-Strategie: Öffentliches Geld, öffentlich zugängliche Erkenntnisse.“

Forschung unverstellt zugänglich machen
Gemeinsam mit zahlreichen Autor*innen und Kooperationspartner*innen hat das Landeshauptarchiv in den letzten Jahrzehnten mehr als 180 Bände in seinen Reihen publiziert. Quelleditionen und Inventare, Monografien und Sammelbände vermitteln Forschung zur brandenburgischen Landesgeschichte und sind Wegweiser zu den Quellen des Archivs. „Die Bände zeigen die regionale Vielfalt unserer Geschichte“, so Mario Glauert, Direktor des Landeshauptarchivs. „Dieses gesammelte Wissen allen Interessierten unentgeltlich bereitzustellen, ist unser Ziel. Denn wir sind überzeugt, dass öffentlich finanzierte Forschung auch möglichst breit und unverstellt zugänglich sein sollte.“

Zum Auftakt sind zunächst zwei Reihen des Landeshauptarchivs in den Open Access gestartet: die Traditionsreihe „Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs“ und die mit der Historischen Kommission zu Berlin herausgegebene Schriftenreihe „Bibliothek der Brandenburgischen und Preußischen Geschichte“. Beide Reihen erscheinen im Berliner Wissenschafts-Verlag (BWV).

Für den digitalen Zugang mussten viele ältere Titel gescannt und bearbeitet werden. Sie stehen jetzt als vollständig durchsuchbare E-Books in der E-Library des Verlags zur Verfügung. Erstmals ist auch das zwölfteilige Historische Ortslexikon für Brandenburg vollständig digital zu finden. Weitere Titel werden nach und nach in Zusammenarbeit mit den Verlagen in den freien Zugang entlassen.

Neue Publikationen in Zukunft „auf dem goldenen Weg“
Aktuelle Publikationen des Archivs erscheinen ab sofort „auf dem goldenen Weg“, sind also zeitgleich zur Printausgabe als E-Book kostenfrei zugänglich. Die ersten beiden dieser druckfrischen und digitalen Bände liegen bereits vor: „Belastung und Bereicherung. Vertriebenenintegration in Brandenburg ab 1945“ von Peter Bahl, sowie „»Man bleibt eben immer der Flüchtling«. Eine Quellenedition zur Flucht und Vertreibung aus dem Kreis Arnswalde 1945-1947“ von Veronica Kölling.

Zu finden sind die freien E-Books über die Website des Landeshauptarchivs sowie über die E-Library des Berliner Wissenschafts-Verlages:
Website des Landeshauptarchivs: blha.brandenburg.de/index.php/service/publikationsreihen
Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs: blha.bwv-verlag.de
Bibliothek der Brandenburgischen und Preußischen Geschichte: bbpg.bwv-verlag.de

Das Brandenburgische Landeshauptarchiv
Das Brandenburgische Landeshauptarchiv (BLHA) ist das zentrale staatliche Archiv des Landes Brandenburg. Als Gedächtnis des Landes ist es zuständig für das Archivgut der Brandenburger Behörden und Einrichtungen sowie ihrer Rechts- und Funktionsvorgänger – epochenübergreifend von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die jüngste Vergangenheit. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Unterlagen zu übernehmen, zu bewahren und für Öffentlichkeit und Forschung zugänglich zu machen. Seine Überlieferung umfasst mehr als 50.000 laufende Meter Archivgut. Das Landeshauptarchiv ist eine nachgeordnete Einrichtung des brandenburgischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur und wird im Jahr 2021 mit rund 9,6 Millionen Euro Haushaltsmitteln ausgestattet.

Kontakt:
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Am Mühlenberg 3
14476 Potsdam
OT Golm

Postanschrift:
Postfach 600449
14404 Potsdam
poststelle@blha.brandenburg.de

Quelle: BLHA, Pressemitteilung 1/2021, 27.1.2021

Reichstag in Worms begann vor 500 Jahren

Am 27./28. Januar 1521 begann der erste Reichstag des neuen, jungen Kaisers Karl V. (1500-1558) aus dem Hause Habsburg. Bereits seit Herbst 1520 bereitete sich die in der Austragung derartiger Großveranstaltungen erfahrene Reichsstadt Worms auf das Ereignis vor und Ende Januar war es dann soweit. Sicher konnte kaum einer der Zeitgenossen ahnen, welche Bedeutung gerade dieser Reichstag in der weiteren deutschen und europäischen Geschichte erlangen würde.

Abb.: Stadtansicht um 1550, Stadtarchiv Worms Abt. 170/35 Nr. 4

Um zu verdeutlichen, welchen Stellenwert das Ereignis für die Stadt Worms und ihre Obrigkeit, den Rat, hatte, stellt das Stadtarchiv Worms jetzt auf seiner Homepage einen kürzlich erschienenen, reich bebilderten Beitrag seines Leiters Dr. Gerold Bönnen über die Stadt als Austragungsort des Reichstags von 1521 online zur Verfügung, der gerade im Druck in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Der Wormsgau“ (Bd. 36, 2020) erschienen ist.

Auch im weiteren Jubiläumsjahr 2021 wird das Stadtarchiv Worms immer wieder hier Dokumente und Hintergrundinformationen präsentieren – der Reichstag hat sich selbstverständlich auch in den Beständen des „Gedächtnisses der Stadt“ niedergeschlagen. Veranstaltungen dazu wird es (sobald wieder möglich) ebenfalls geben.

Kontakt:
Stadtarchiv Worms
Raschi-Haus
Hintere Judengasse 6
67547 Worms
Tel.: 0 62 41 / 8 53 – 47 00 (bis – 47 07)
Fax: 0 62 41 / 8 53 – 47 99
stadtarchiv@worms.de
gerold.boennen@worms.de

Quelle: Aktuelles aus dem Stadtarchiv Worms

Detmold – Stadt der drei Synagogen

In diesem Jahr wird die lange Geschichte jüdischen Lebens in Deutschland als wichtiger Bestandteil der europäischen Kultur durch ein Festjahr gewürdigt. Seit 1700 Jahren leben Jüdinnen und Juden auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Das erste schriftliche Zeugnis jüdischer Kultur stammt aus dem Jahr 321 und damit bereits aus der Zeit der Spätantike. Unter dem Namen #2021JLID – Jüdisches Leben in Deutschland werden bundesweit rund tausend Veranstaltungen wie Konzerte, Ausstellungen, Musik, Podcast, Theater und Filme ausgerichtet. Ziel dieses Festjahres ist laut der Initiatoren, jüdisches Leben sichtbar und erlebbar zu machen und dem erstarkenden Antisemitismus entgegenzutreten.

Abb.: Ehemaliges Bethaus, Bruchmauerstraße 37 im Jahr 2020. (Foto: Volker Buchholz)

Auch in Detmold lassen sich noch Spuren und Zeugnisse der weitestgehend zerstörten jüdischen Lebenswelt finden. Bemerkenswerterweise fanden sich in der Kleinstadt Detmold neben einem privaten Betraum drei jüdische Gotteshäuser, von denen heute noch zwei erhalten sind. An die im Jahr 1907 eingeweihte und während der Ausschreitungen des Novemberpogroms 1938 zerstörte Neue Synagoge erinnert nur noch eine Gedenktafel in der Lortzingstraße. Die erhaltene Alte Synagoge, Exterstraße 8, dient heute einer Freikirche als Gotteshaus. Das benachbarte „Vorsängerhaus“ zur Externstraße dokumentiert seine wechselvolle Geschichte durch seine hebräische Inschrift.

Lange Zeit unbeachtet war hingegen das Bethaus in der Bruchmauerstraße 37. Das unscheinbare und bereits deutlich vom Verfall gezeichnete Gebäude war lange vergessen und in seiner bau- und auch stadtgeschichtlichen Bedeutung vollkommen unterschätzt und verkannt. Was noch 1988 als Gartenhaus in die Denkmalliste der Stadt Detmold aufgenommen wurde, ist eine freistehende Hofsynagoge. Dies konnte durch die Forschungen der LWL-Denkmalpflege und durch die Auswertung archivalischer Quellen im Stadtarchiv Detmold und Landesarchiv NRW nachgewiesen werden. Dieses Bethaus gilt demnach als frühester Beleg für den Typ einer freistehenden Synagoge in Nordwestdeutschland. Durch dendrochronologische Untersuchungen der verbauten Hölzer konnte die Errichtung des Kerngerüstes auf 1633 datiert werden und damit weitaus früher als bis dahin angenommen. Das Gebäude wurde somit zu einem Zeitpunkt errichtet, als sich einige jüdische Familien nach der Vertreibung der Juden im Jahre 1614 aus der Grafschaft Lippe wieder in Detmold niedergelassen hatten und auch wieder Gottesdienste abhalten wollten.

Wie für frühneuzeitliche Synagogen charakteristisch, liegt das Detmolder Bethaus etwas versteckt im Hof hinter dem ehemaligen Spangenbergschen Haus, Krumme Straße 28. Es weist eine nur sehr kleine Grundfläche von 34,5 m² auf und war, den religiösen Vorschriften gemäß, nach Osten ausgerichtet. An der Ostwand befand sich eine Vorrichtung für die Aufbewahrung der Thorarollen. Die religiösen Regeln besagen ebenso, dass aus der Richtung Jerusalems Tageslicht einfallen muss, und auch dies war hier durch eine entsprechende Fensteröffnung gegeben. Der Betsaal war im Erdgeschoss und umfasste die gesamte Grundfläche des Hauses. Der Standort der Bima, also des Vorlesepultes, befand sich vor dem Thoraschrein im Mittelteil des Betraumes. Rekonstruieren ließ sich zudem eine Frauenempore mit zwei hintereinander stehenden Bänken für jeweils fünf bis sechs Frauen.

Die Judenschaft hatte nachweislich 1723 das Gebäude vom Stadtmusikanten Julius Hardewig Spangenberg nur angemietet. Das war nicht ungewöhnlich, da es Juden bis in das 18. Jahrhundert nicht erlaubt war, Immobilien zu besitzen. Möglicherweise bedingt durch die räumliche Enge und auch durch die ungesicherten Mietverhältnisse, schuf sich 1742 die Detmolder jüdische Gemeinde durch den Umbau einer Scheune eine neue Synagoge in der Exterstraße 8 (Alte Synagoge), die zu kaufen ihnen durch Genehmigung vom Stadtrat und vom Landesherrn Simon August erlaubt war. Dem 2010 durch den Eigentümer des nur vermeintlichen Gartenhauses gestellten Antrag auf Abbruch zugunsten der Errichtung von Parkplätzen wurde aufgrund der Forschungen nicht stattgegeben.

Der Denkmalwert des auch überregional bedeutsamen Bethauses wurde durch die Behörden eindeutig begründet. Zwingend notwendige weitere wissenschaftliche Untersuchungen könnten die Erkenntnisse zu dem Bethaus in Detmold weiter vertiefen. Es gilt weiterhin, dieses Kleinod mit großer historischer Bedeutung vor dem endgültigen Verfall zu retten.

Weitere Informationen finden sich in:

  • Fred Kaspar und Peter Barthold: Ein Gebäude macht Geschichte. Das vergessene jüdische Bethaus von 1633 in Detmold, Bruchmauerstraße 37, in: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, 86 (2017), S. 155-172

sowie in

  • Gudrun Mitschke-Buchholz: Auf jüdischen Spuren. Ein Stadtrundgang durch Detmold. 3. Aufl. – Lage 2020, S. 47-49. Hier findet sich nicht nur ein Kapitel zum Bethaus, sondern Informationen zu mehr als zwanzig weiteren Orten jüdischer Tradition und Kultur in Detmold. Diese Orte werden in den öffentlichen Stadtführungen „Auf jüdischen Spuren“ mit Gudrun Mitschke-Buchholz zwischen Mai und Oktober gezeigt.

Kontakt:
Stadtarchiv Detmold
Gudrun Mitschke-Buchholz
Willi-Hofmann-Straße 2
32756 Detmold
Tel.: 05231 / 766-204
Gudrun.Mitschke-Buchholz@lav.nrw.de
stadtarchiv@detmold.de

Quelle: Gudrun Mitschke-Buchholz, Stadtarchiv Detmold, Ein Beitrag zum Festjahr 2021 – Jüdisches Leben in Deutschland

Zehn Jahre Stuttgarter Stadtarchiv im Neckarpark

Vor zehn Jahren, im Januar 2011, ist das Stadtarchiv Stuttgart in das historische Lager- und Verwaltungsgebäude am Bellingweg 21 in Bad Cannstatt eingezogen.

Abb.: Rund 4,15 Millionen Medieneinheiten befinden sich im Stadtarchiv Stuttgart (Foto: Stadtarchiv Stuttgart).

Das fünfjährige Jubiläum konnte das Stadtarchiv im Jahr 2016 noch in einem größeren Rahmen feiern. Corona verhindert das derzeit: Leere Stühle im Vortragssaal, der Lesesaal ist geschlossen. Doch was analog nicht geht, wird nun digital gefeiert. Das Stuttgarter Stadtarchiv hat das aktuelle Jubiläum zum Anlass genommen, einige Höhepunkt aus den letzten zehn Jahren in einer Multimedia-Reportage zusammenzufassen.

Mit dem Gebäudeensemble – ein architektonisches Schmuckstück, das 2011 von der Architektenkammer Baden-Württemberg mit der Auszeichnung „Beispielhaftes Bauen“ prämiert wurde – erhielt das Stadtarchiv ein fachgerechtes Domizil, das die bis dahin verstreuten Räumlichkeiten unter einem Dach vereinte.

Zum fünfjährigen Bestehen gab es zahlreiche Veranstaltungen im Stadtarchiv, darunter der Vortrag des bekannten Publizisten Heribert Prantl über die „Systemrelevanz der Archive“ oder Joe Bauers „Flaneursalon“ mit seiner Lieder- und Geschichtenshow. Fünf Jahre später konzentriert sich das Stadtarchiv Stuttgart in Zeiten des Lockdowns anstelle von Jubiläumsfeierlichkeiten mit Publikum auf seine wichtigen kontinuierlichen Aufgaben.

Denn das Stadtarchiv ist das Gedächtnis der städtischen Gesellschaft und gleichzeitig das Kompetenzzentrum für Stadtgeschichte. Auch im Lockdown erfüllt es seine vielfältigen Aufgaben und gesetzlichen Verpflichtungen: analoge wie digitale Unterlagen städtischer Dienststellen und umfangreiche Privatbestände von bleibendem Wert für die Stadtgeschichte zu bewerten und zu übernehmen – wie das Archiv der Schwesternschaft vom Roten Kreuz.

Abb.: Das Sichten und Bewerten von städtischen Unterlagen sowie privaten Sammlungen ist Teil der Arbeit im Stadtarchiv (Foto: Stadtarchiv Stuttgart)

Weiterhin wird ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziertes Projekt zur Digitalisierung des Bestands der Bürgermeisterrechnungen sowie die Schutzdigitalisierung stark nachgefragter Archivalien fortgesetzt.

Trotz Corona beraten die Mitarbeitenden des Stadtarchivs die Nutzerinnen und Nutzer und erteilen Auskünfte. Positiv wirkt sich dabei aus, dass die Findbücher zu den Beständen über die Findbuch-Datenbank abgerufen werden können. Sie stehen Forschung und Bürgerschaft digital zur Verfügung.

Rückblick – Von Grimme Online Award bis Archiv-Blog

Auch bei der stadtgeschichtlichen Forschungs- und Bildungsarbeit blickt das Stadtarchiv auf bewegte, arbeits- und inhaltsreiche fünf Jahre mit zahlreichen Veranstaltungen zurück. Im Juni 2016 fand die 30. Archivpädagogenkonferenz mit Teilnehmenden aus Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland zum Thema „Bildquellen in der historischen Bildungsarbeit“ statt, die wichtige Impulse für die Arbeit mit den Schulen gab. Große Aufmerksamkeit fanden Foyer-Ausstellungen mit Begleitveranstaltungen zum Nachlass der Stuttgarter Malerin Käte Schaller-Härlin (1877-1973) und über die Protestgeschichte Stuttgarts in der Nachkriegszeit. Zuletzt bot die Ausstellung „Rechnende Bürgermeister – Geld, Macht und Erinnerung im vormodernen Stuttgart“ spannende Stadtgeschichte(n) aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Die intensive Zusammenarbeit mit bürgerschaftlichen Initiativen zur Stadtgeschichte mündete ebenfalls in Ausstellungsprojekten: Die Initiative Stadtraum West 2017 zeigte in ihrer Ausstellung Fotos aus der Gründerzeit im Westen. 2018 war im Foyer eine Ausstellung zur Geschichte der Dornhalde zu sehen und kurz vor dem Lockdown präsentierte das Kickers Fanprojekt eine Ausstellung zur Geschichte der Stuttgarter Kickers.

Abb.: Zur Übernahme und Sichtung von städtischen Unterlagen sowie privaten Sammlungen gehört auch die Prüfung auf Schäden (Foto: Stadtarchiv Stuttgart).

Seit 2016 erschienen in der Veröffentlichungsreihe vier Bände, darunter der Reisebericht einer allein reisenden Schwäbin nach Amerika im Jahr 1786 und ein Band zur Geschichte des Killesberg-Parks. Gemeinsam mit dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg veranstaltete das Stadtarchiv 2017 das Stuttgarter Symposion zum Thema „Hunger – Zur Geschichte einer existentiellen Bedrohung„.

2019 ging es beim Symposion „Die vergessene Ausbeutung“ um die Kolonialgeschichte des deutschen Südwestens, ein hoch aktuelles und brisantes Thema der Stadt- und Landesgeschichte. Besonders profiliert ist das Stadtarchiv für seine Aktivitäten im digitalen Raum: Herausragender Höhepunkt war die Nominierung des Digitalen Stadtlexikons für den Grimme Online Award 2019.

Mit dem im April 2020 gestarteten Blog archiv0711, einem neuen digitalen Informationsangebot, stellt das Stadtarchiv seine Arbeit, die Bestände sowie interessante Themen der Stadtgeschichte vor. Das Stadtarchiv hofft, dass die Bürgerinnen und Bürger sowie Forschende den Lesesaal bald wieder für ihre Spurensuche nutzen können, bietet aber auch eine Alternative: eine Ausstellung im Innenhof des Stadtarchivs informiert anlässlich des Festjahrs „1700 Jahre Jüdische Geschichte in Deutschland“ über das jüdische Stuttgarter Architekturbüro Bloch und Guggenheimer.

Zum 15-jährigen Bestehen im Bellingweg 2026 und 2028 zum 100-jährigen Gründungsjubiläum will das Stadtarchiv wieder groß feiern. Bis dahin kann man z.B. ein digitales Post-it hinterlassen. Ein paar Archivmenschen aus der Vergangenheit haben das schon getan, und digitaler Kuchen wurde auch schon vorbeigebracht.

Zur Pinnwand: Über das Pluszeichen rechts unten kann man auf der Pinnwand eine Nachricht hinterlassen. Gerne mit Bild. Das Stadtarchiv Stuttgart freut sich auf Nachrichten und Archivgeschichten!

Kontakt:
Stadtarchiv Stuttgart
Bellingweg 21
70372 Stuttgart
Tel.: 0711/21691512
Fax: 0711 21691510
poststelle.stadtarchiv@stuttgart.de

Quelle: Stadtarchiv Stuttgart, Aktuelle Meldungen‚ Einrichtungen, 20.1.2021; archiv0711-Blogeintrag „Wir hätten dich sonst sehr vermisst …“, 22.1.2021