Beim Rathausabbruch irrte Pesserl

Schwandorf. Eigentlich hatte der Oberstudiendirektor a. D. Franz Sichler seine Dokumentation zur Geschichte der Schwandorfer Rathaushäuser nahezu abgeschlossen. Plötzlich aber folgte dann ein Paukenschlag: Stadtarchivar Josef Fischer fand alte Unterlagen, die es erforderlich machten, bisher Unbekanntes einzufügen.

Die Geschichte der Schwandorfer Rathäuser beschäftigt den langjährigen Stadtrat Franz Sichler seit geraumer Zeit. Er trug Fakten zusammen, sammelte Daten, sah in alten Unterlagen nach und schrieb seine Erkenntnisse in einer Dokumentation nieder. Sichler war fast fertig damit, als Archivar Josef Fischer ein altes Aktenbündel aus dem Jahr 1808 fand. Insgesamt dreizehn Protokolle, Abschriften, Beschlüsse, Bekanntmachungen und Aktennotizen enthielt dieses Konvolut bemerkenswerter Papiere.

Die Unterlagen beschäftigen sich mit dem Abbruch des ehemaligen historischen Rathauses, das auf dem unteren Marktplatz stand und allem Anschein nach gut 18 Meter hoch war. Bisher war durch den Schwandorfer Chronisten Pesserl angenommen und überliefert worden, dass in der Mitte des 19. Jahrhunderts das Stadtarchiv mit Ausnahme wichtigster Urkunden alle anderen Unterlagen zur gewerblichen Verwertung abgegeben habe. Dies ist durch den Fund widerlegt. Mehr noch: Pesserl, 1804 geboren und damit vier Jahre vor dem Abbruch des historischen Rathauses am Marktplatz zur Welt gekommen, war in seinen Aufzeichnungen zu der Ansicht gelangt, eine „rege gewordene Neuerungssucht“ habe den Abbruch beschließen lassen. Aus den nun zur Verfügung stehenden Dokumenten geht aber hervor, dass dieser Abriss wegen drohender Einsturzgefahr zwingend erforderlich geworden war. „Dies“, sagte gestern Franz Sichler in Gegenwart von Oberbürgermeister Helmut Hey und Archivar Josef Fischer, „ist genau das Gegenteil“.

Das gefundene Quellenmaterial liefert außerdem eine Reihe interessanter Nebenaspekte. So sind zwei der Dokumente mit einem aus Papier bestehenden aufgeklebten Siegel versehen. Darauf steht: „Kgl. Baierischer Verwaltungsrath Schwandorf“ samt einem Wappen, das bisher unbekannt war. Außerdem liefern Unterschriften die Namen der Magistratsräte, der Mitglieder des Bürgerausschusses sowie der Maurer und Zimmerer, die ein Gutachten über den baulichen Zustand des Rathauses und die zu ewartenden Abbruchkosten erstellten.

Allerdings gibt es, wie Franz Sichler gestern bedauerte, auch unbeantwortet gebliebene Fragen. Zum Beispiel: Warum wurde am Standort des „historischen Rathauses“ auf dem Marktplatz nicht ein Neubau in diesem Stil errichtet? Ungeklärt, so Sichler, sei auch, wo der Magistrat mit seinen sechs Räten und die 18 Gemeindebevollmächtigten nach Einführung der Gemeindeordnung im Jahre 1818 tagten. Anzunehmen ist wohl, dass dafür das so genannte Ratschreiberhaus ausreichende Räume bot.

Im November diesen Jahres zur Einweihung des neuen Schwandorfer Rathauses will Franz Sichler seine dann abgeschlossene Dokumentation vorlegen.

Quelle: Der Neue Tag, 12.6.2003.

Kontakt:
Stadtarchiv Schwandorf (Bayern)
Stadtverwaltung
Kirchengasse 1
92421 Schwandorf
Postfach 1880
92409 Schwandorf
Tel.: 09431/45-254
Fax: 09431/3597
hauptamt.fischer@schwandorf.de
www.schwandorf.de

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.