Älteste Karte der Stadt Schwerin stammt von 1740

Über das Aussehen der mecklenburgischen Stadt Schwerin im Mittelalter weiß man wenig Verlässliches. Alle Karten sind historische Rekonstruktionszeichnungen aus dem 20. Jahrhundert. Weder die Fürsten noch der städtische Magistrat waren lange Zeit bereit, Geld für die Anfertigung einer solchen Karte auszugeben. 1651 nach dem großen Stadtbrand zeichnete Johannes Wedel einen Plan für den Wiederaufbau der Altstadt, und 1705 legte Ingenieur-Kapitän Jacob Reutz (†1710) einen Bebauungsplan für die Neustadt auf der Schelfe vor. Aber diese Pläne zeigten immer nur einen Teil der Stadt. Aus der Zeit um 1735 existieren zwei Karten, die aber leider mehr von der sie umgebenden Landschaft als von der Stadt zeigen. Das vorliegende, um 1740 entstandene Werk ist die erste professionell erstellte Karte, die mit großer Genauigkeit die Stadt samt ihrer Umgebung zeigt. Das Landeshauptarchiv Schwerin stellt sie als Archivalie des Monats März 2021 vor.


Abb.: Karte von Schwerin aus dem Jahr 1740 (Quelle: Landeshauptarchiv Schwerin, 12.12-2, Nr. 491)

Gezeichnet hat die Karte vermutlich Ingenieur-Kapitän von Zülow. Dieser Artillerieoffizier hatte 1735 an der erfolgreichen Belagerung der Stadt teilgenommen und stand seitdem im Dienst von Herzog Christian Ludwig, dem vom Kaiser die Verwaltung des Landes übertragen worden war. 1747 fertigte Zülow im Auftrag des Herzogs einen Bebauungsplan für die Neustadt auf der Schelfe an, der nahezu den gleichen Gebäudebestand zeigt wie die vorliegende Karte. Im folgenden Jahr wurde er als Stadtbaumeister durch den französischen Architekten Jean Le Geay ersetzt.

Die Karte zeigt eine kleine Stadt mit kaum 4.000 Einwohnern, die harte Zeiten hinter sich hatte. In den turbulenten Regierungsjahren von Herzog Carl Leopold war sie mehrfach belagert und erobert worden. Der 1705 mit großen Ehrgeiz begonnene Ausbau der Schelfstadt war daher nur wenig vorangekommen. Allein in der Apothekerstraße, am Schelfmarkt und in der Landreiterstraße vermerkte Zülow einige „neue Häuser“. Am Ende der Apothekerstraße stand immer noch die alte Bockwindmühle, die erst 1749 abgerissen werden sollte. Das 1698 errichtete Ballhaus am Alten Garten wurde mangels Schauspielern mittlerweile als „Reithaus“ genutzt. Der von 1692 bis 1713 regierende Herzog Friedrich Wilhelm hatte viel begonnen, aber wenig beendet. Unter anderem hatte er angeordnet, entlang des Schweriner Sees vom Beutel bis zum Heidensee eine sogenannte „Maillebahn“ anzulegen. Dabei handelte es sich um ein auf beiden Seiten durch einen hohen Bretterzaun begrenztes Areal, auf dem ein kricketähnliches Ballspiel gespielt werden sollte. Aber die kriegerischen Zeitläufte waren weder dem Theater noch dem Spiel und Sport günstig gesonnen. 30 Jahre später war sie offenbar immer noch nicht fertig, auf dem vorliegenden Plan von 1740 jedenfalls wird die Nummer 2 als die „angefangene Maillesbahn“ bezeichnet.

Dass Schwerin zumindest versuchte, nicht nur eine Residenz, sondern auch eine „Vestung“ zu sein, lassen die Sternbastionen um das Schloss und die die Altstadt schützenden Befestigungswerke noch erkennen. Militärisch waren diese freilich zu dieser Zeit schon völlig wirkungslos, da sie einfach zu niedrig lagen und jeder Angreifer die Stadt von den umliegenden Höhenzügen mit Artillerie beliebig unter Feuer nehmen konnte. Tatsächlich waren die Kämpfe 1735 die letzten ernsthaften Gefechte, die hier stattfanden. Wenn sich in den folgenden Jahrzehnten Preußen oder Franzosen der Stadt näherten, wurde sie stets kampflos eingenommen. Die im 18. Jahrhundert noch bestehenden Wasserläufe, der Mühlengraben vom Pfaffenteich bis zum Burgsee und die sogenannte „Seeke“ vom Ostorfer See zum Burgsee, wurden später im 19. Jahrhundert überbaut.

Sehr akkurat unterscheidet Zülow bei der Darstellung der Umgebung der Stadt, welche der (grün markierten) Flächen als Garten- oder Weideland und welche höher gelegenen Gebiete in (hell gefärbten) Streifenfluren als Ackerland genutzt wurden. Die Häuser standen auf den Höhenzügen, die Uferbereiche dienten als Wiesen- und Weideland. Die sumpfigen Seeufer stellten schlechten Baugrund dar, anders als heute wollte damals niemand am Wasser wohnen. Da die Bewohner stets auf der Suche nach Bau- oder Feuerholz waren, wundert es nicht, dass sich mit Ausnahme einiger vereinzelter Exemplare auf dem Kalkwerder und dem Ostorfer Hals, keine Bäume auf der Karte finden. Die drei großen Landstraßen von Wismar, Lübeck und Rostock münden alle auf einem großen freien Platz in Vorstadt, der später den Namen „Marienplatz“ erhielt und heute das Verkehrs- und Geschäftszentrum der Stadt bildet.

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Quelle: Dr. Bernd Kasten (Stadtarchiv Schwerin), Landesarchiv Mecklenburg-Vorpommern, Archivalie des Monats März 2021

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