542 Urkunden, Bände und Akten wurden am 20.6.2022 zwischen den Staatlichen Archiven Bayerns und dem Archiv des Erzbistums München und Freising ausgetauscht. Dieser große Archivalientausch, der in der Generaldirektion der Staatlichen Archive in München vollzogen wurde, soll insbesondere die archivarische Forschung erleichtern. Die nun zwischen Generaldirektorin Margit Ksoll-Marcon und Archiv- und Bibliotheksdirektor Johannes Merz ausgetauschten Archivalien waren durch verschiedene historische Umstände vor längerer Zeit ins „falsche“ Archiv gelangt.
Abb.: Symbolischer Vollzug des Archivalientausches; v.l.n.r. Prof. Dr. Johannes Merz (Direktor von Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising), Dr. Roland Götz (stv. Direktor von Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising), Dr. Michael Unger (Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns), Michael Volpert (Archivleiter, Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising), davor Dr. Margit Ksoll-Marcon (Generaldirektorin der Staatlichen Archive), Dr. Christoph Bachmann (Leiter des Staatsarchivs München), Dr. Thomas Engelke (Leiter des Staatsarchivs Augsburg), Dr. Bernhard Grau (Direktor des Hauptstaatsarchivs), Dr. Gerhard Immler (Bayerisches Hauptstaatsarchiv) (Foto: EB München und Freising).
Ein solcher Tausch ist im Archivwesen ein zwar fachlich anerkannter, jedoch eher seltener Vorgang. So bedurfte er einer längeren Vorbereitung und beiderseits der Genehmigung der vorgesetzten Stellen, unter anderem einer Einschätzung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst hinsichtlich der Gleichwertigkeit der zum Tausch vorgesehenen Archivalien. Auch wenn durch den nun vollzogenen Tausch noch nicht sämtliche Fragen bei der Verteilung von Beständen bereinigt sind, bedeutet er eine wesentliche Vereinfachung für die Forschung, da nun klarer ist, an welcher Stelle welche Unterlagen zu finden sind. Er ist überdies ein weiterer Beleg für die seit Langem bestehende vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Staatlichen Archiven und dem Archiv des Erzbistums, die sich auch in der Mitwirkung kirchlicher Archive an der Ausbildung staatlicher Archivarinnen und Archivare und in der gemeinsamen Beteiligung an wissenschaftlichen Projekten zeigt.
Vom Archiv des Erzbistums wurden an die Staatlichen Archive zwei geschlossene Unterlagenkomplexe abgegeben. Zum einen Unterlagen der Stiftungsadministration Wasserburg: Bei der Stiftungsadministration handelt es sich um eine staatliche Behörde, die von 1807 bis 1817 die Vermögensverwaltung und Rechnungslegung für alle Kirchen, Bruderschaften und anderen kirchlichen Stiftungen im Bereich des ehemaligen Land- und Pflegegerichts Kling wahrnahm. Dafür standen ihr auch ältere Serien von Kirchenrechnungen zur Verfügung. Insgesamt handelt es sich um 146 meist umfangreiche Bände mit Rechnungen der Kirchen in den Pfarreien Eggstätt, Eiselfing, Evenhausen, Grünthal, Höslwang, Obing und Schnaitsee aus den Jahren 1700 bis 1803, sowie 78 weitere Bände und Aktenkonvolute aus den Jahren 1672 bis 1847. Die Unterlagen wurden 1985 vom Archiv des Erzbistums von der Empore der Pfarrkirche Schnaitsee geborgen, wohin sie auf unbekanntem Weg gelangt waren.
Zum anderen Professurkunden des Zisterzienserklosters Kaisheim (bei Donauwörth): Die 96 Urkunden aus dem Zeitraum 1575 bis 1727 wurden meist von den Novizen eigenhändig auf Pergament geschrieben, die damit ihren Eintritt in die Klostergemeinschaft vollzogen. Sie wurden bei der Säkularisation der bayerischen Klöster 1803 offenbar nicht wie das übrige Klosterarchiv von den staatlichen Archiven übernommen und kamen über die Sammlung des historisch überaus interessierten Münchner Dompropstes Martin von Deutinger (1789-1854) ins Archiv des Erzbistums. Die vom Archiv des Erzbistums abgegebenen Unterlagen werden künftig in den jeweils zuständigen staatlichen Archiven verwahrt und schließen dort Lücken in der Überlieferung: die Unterlagen der Stiftungsadministration im Staatsarchiv München, die Kaisheimer Professurkunden im Staatsarchiv Augsburg.
Von staatlicher Seite wurden dem Archiv des Erzbistums vielfältige Einzelstücke übergeben. Bei der in den letzten Jahren im Bayerischen Hauptstaatsarchiv vorgenommenen genaueren Analyse der Bestände, in die die Freisinger Archivalien im 19. Jahrhundert eingeteilt worden sind, haben sie sich als zur geistlichen Verwaltung gehörig herausgestellt. Nach der Säkularisation des Hochstifts Freising 1802 war die Trennung zwischen Unterlagen der geistlichen Verwaltung, die bei der Freisinger Bistumsverwaltung verblieben und heute den Altbestand des Archivs des Erzbistums bilden, und solchen der weltlichen Regierung des geistlichen Fürstentums Freising, die mit der Übernahme von dessen Territorien vom neuen Landesherrn übernommen wurden, nicht immer sauber vollzogen worden. Das wurde nun durch den Archivalientausch korrigiert.
Aus dem Hauptstaatsarchiv gingen an das Archiv des Erzbistums 222 Archivalien der geistlichen Regierung des Bistums Freising (Offizialat, Geistlicher Rat beziehungsweise Geistliche Regierung, Generalvikariat) aus den Jahren 1418 bis 1802 mit sehr vielfältiger Thematik. Sie betreffen unter anderem Synoden, Visitationen, kirchliche Ehegerichtsverfahren und Klöster im Bistumsgebiet. Die dem Archiv des Erzbistums übergebenen Unterlagen werden in nächster Zeit in die entsprechenden Verzeichnisse eingearbeitet, dann gescannt und online im Digitalen Archiv des Erzbistums zur Nutzung bereitgestellt.
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Quelle: Erzbistum München und Freising, News, 21.6.2022