Zwei Tage lang, vom 19. bis 20. August 2004, konferierten in Regensburg auf Einladung des Internationalen Archivrates ICA, des Bundesarchivs in Koblenz und des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. archivische Fachleute mit führenden Archivaren aus den ehemaligen deutschen Kolonien Burundi, Kamerun, Namibia, Papua-Neuguinea, Ruanda und Tansania mit Zanzibar und Togo.
Es handelte sich um eine internationale Tagung auf dem Weg zum 15. Internationalen Archivtag in Wien, die jenen problematischen Fragen begegnete, die häufig auf internationalen Konferenzen angesprochen werden: die Rückgabe von Dokumenten aus der Kolonialzeit an die ehemaligen Kolonien. Deutschland kam seiner Verpflichtung jetzt durch die Übertragung von Kolonialakten auf Mikrofilme nach. Die ehemaligen Kolonien erhalten zwar nicht die seit langem geforderten Originale, aber – einvernehmlich vereinbart – alle Dokumente auf Mikrofilm, sofern sie in der Lage sind, die Mikrofilme zu lagern und Benutzern zugänglich zu machen.
Auf den Filmen ist u.a. Namibias Kolonialgeschichte dokumentiert, ein besonders brisantes Kapitel der Herrschaft in Deutsch-Südwest-Afrika. Kaiserliche Truppen massakrierten dort ein Nomadenvolk. Nach dem Herero-Aufstand 1904 starben bis zu 75.000 Menschen – 75 Prozent der Herero.
Die seit der Wende 1990 verfilmten und in dieser Form nun übergebenen Akten stammen aus dem Bestand Reichskolonialamt (R 1001), der im Berliner Bundesarchiv lagert. Das Reichskolonialamt regelte bis 1918 alle Fragen, die die deutschen \“Schutzgebiete\“ betrafen. Militär, Gesetzgebung, Eisenbahnbau, Währung: alles, was das Zusammenleben in den deutsch verwalteten Gebieten bestimmte, lässt sich aus den Akten lesen.
Quelle: Marianne Sperr, Mittelbayerische Zeitung, 20.8.2004; Manfred Stuber, Mittelbayerische Zeitung, 21./22.8.2004
Aus ARCHIV.Net wurde AUGIAS.Net
AUGIAS.Net löst seit September 2004 ARCHIV.Net als zentrales Archivportal ab.
Das Archiv-Informationssystem ARCHIV.Net, mit über 15.000 Besuchen im Monat eines der meistgelesenen Internet-Angebote für den Archivbereich, wurde von AUGIAS-Data vollständig neu programmiert. Dipl.-Inf. Christian Haps, der schon die Entwicklung von FINDBUCH.Net durchgeführt hat, erstellte das neue archivische Redaktionssystem, das seit September 2004 fertiggestellt ist.
Nicht nur die technische Grundlage, sondern auch die Internet-Adresse von ARCHIV.Net hat sich damit geändern: Die Inhalte von ARCHIV.Net sind seit 1. September 2004 unter der Adresse www.augias.net zu finden. Für einen Übergangszeitraum bis Ende 2004 wird die alte Adresse www.archiv.net automatisch auf www.augias.net umgeleitet.
Das neue Redaktionssystem verfolgt zweierlei Ziele: Zum einen eine größere Flexibilität in der Darstellung der Inhalte, als es mit dem alten Content-Management möglich war. Die Datenbank, auf die ARCHIV.Net zurückgriff, war den Anforderungen nicht mehr gewachsen. Zum anderen soll allen Archiv-Institutionen, die bislang ihre Periodika als traditionelles Print-Medium veröffentlicht haben, ein einfach zu bedienendes Werkzeug angeboten werden, mit dem eine eigene archivische Internet-Zeitschrift redaktionell betreut werden kann. Die Vorteile solcher Online-Publikationen sind u.a.:
- geringe Kosten
- große Aktualität und hohe Reichweite
- multimediale Präsentation
- direkte Verweisung auf weiterführende Web-Informationen.
Sämtliche Artikel in AUGIAS.Net werden mit festen Adressen versehen, so dass sie wissenschaftlich zitierbar sind. Die Archivierbarkeit älterer Artikel aus ARCHIV.Net sichert ein News-Archiv in PDF-Format.
Zwangsarbeit im Westmünsterland
Auch der Kreis Borken legte jetzt eine Dokumentation über die dortigen Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg vor. Bruchstückhaft erhellt diese 378-seitige Bestandsaufnahme das Schicksal der über 10.000 Menschen vor allem aus Polen, Russland, Serbien, den Niederlanden, Belgien und Italien, die allein im Kreis Borken zur Arbeit für die Unterhaltung der Kriegswirtschaft des Dritten Reichs eingesetzt worden sind.
Im April 2000 hatte der Borkener Kreistag beschlossen, die Situation der Zwangsarbeiter im Westmünsterland zu erhellen. Ab August 2000 investierten die beauftragten Fachleute Höting und Grunewald zwei Jahre akribische Materialsammlung in Orts-, Stadt- und Landesarchiven im Gesamtumfang einer Vollzeitstelle in das Forschungsprojekt. Dabei wandte sich Ingeborg Höting dem Altkreis Ahaus zu, Winfried Grunewald beackerte im Wesentlichen den „Altkreis“ Borken, ergänzt durch hinzugekommene Städte und Gemeinden.
Die Materiallage stellte sich von Ort zu Ort als sehr unterschiedlich heraus. Dennoch markieren die Kommunal- und Gesamtergebnisse einen bedeutenden Fortschritt. So fanden die Autoren heraus, dass eine Großzahl der Zwangarbeiter noch sehr jung war, zwischen 15 und 25 Jahre alt, und die Anzahl der Männer die der Frauen weit stärker überwog als angenommen. Aus der Gesamtheit der geschätzten weit über 10.000 Betroffenen konnten 8.200 Personen mit Namen, Geburtsdaten, Einsatzorten, Arbeitgebern und Tätigkeiten erfasst werden. Die Namensliste, die sich im Kreisarchiv Borken befindet, stellt eine große Erleichterung bei Anfragen ehemaliger Zwangsarbeiter/-innen dar, die einen gesetzlichen Entschädigungsanspruch aus Mitteln der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ haben.
Info:
Interessierte können das Buch „Zwangsarbeit im Westmünsterland. Dokumente, Akten, Aussagen“ zum Preis von fünf Euro zuzüglich Versandkosten beim Kreis Borken, Fachbereich Schule, Kultur und Sport, Burloer Staße 93, 46325 Borken, telefonisch unter 02861/821350 oder per Email: t.wigger@kreis-borken.de bestellen.
Kontakt:
Kreisarchiv Borken
Kreishaus in Borken
Etage 3D/9D
Burloer Str. 93
46325 Borken
Telefon: 02861/82 13 50
Fax: 02861/82 13 65
Quelle: Ursel Beier, WAZ, 22.8.2004
Doppelspitze für die Außenstelle des Deutschen Kabarettarchivs in Bernburg
Mit einer Doppelspitze soll der Außenstelle des Deutschen Kabarettarchivs in Bernburg auf die Beine geholfen werden. Wie die Stadt Bernburg und die Stiftung Deutsches Kabarettarchiv e.V. (Mainz) bekannt gaben, wird der Leiter des Bernburger Stadtarchivs zusätzlich mit den Arbeiten im hiesigen Kabarettarchiv betraut.
Dem 21-jährigen Christian Brenk, der seine Ausbildung an der Bibliotheksschule Sondershausen absolviert hat, wird über einen projektbezogenen Teilzeitvertrag mit Jürgen Klammer ein erfahrener Mann zur Seite gestellt. Der 60-jährige gelernte Finanzwirtschaftler und Informatiker aus Berlin hat sich speziell mit der Geschichte des DDR-Kabaretts befasst. Klammer will vor allem dafür sorgen, dass mehr Material über die Berufskabaretts der DDR in Bernburg gesammelt wird. Der gegenwärtige Bestand der so genannten „Bernburger Sammlung“ besteht zu 80 Prozent aus Unterlagen über die ehemaligen Amateur-Kabaretts. Die 15 bis 20 Berufskabaretts wie die „Distel“ oder die „Pfeffermühle“ sind hingegen kaum vertreten.
Das Kabarettarchiv in Mainz wurde in diesem Sommer nach einem Umzug zu einer repräsentativen Adresse ausgebaut. Auf 900 Quadratmetern finden sich dort Erinnerungen an die ganz Großen der Branche. Die Idee, auch in Bernburg einzelne Kabarettisten gezielt heraus zu stellen, ist Bestandteil des Gesamtkonzepts.
Kontakt:
Stiftung Deutsches Kabarettarchiv e.V.
Neue Universitätsstr. 2
55116 Mainz · Deutschland
Telefon: +49 (0) 6131 – 14 47 30
Telefax: +49 (0) 6131 – 23 16 75
info@kabarettarchiv.de
Quelle: Paul Spengler, Mitteldeutsche Zeitung, 18.8.2004
Stadtarchiv Werne mit einer neuen Internetseite
Mit einer neuen Internetseite präsentiert sich dieser Tage das Stadtarchiv Werne. Da das Informationsmaterial sehr vielfältig ist, musste die ursprüngliche Archivseite systematischer angelegt werden, um auch bei den Ergänzungen den Überblick zu behalten. Die neue Internetpräsentation war zugleich willkommener und seit längerem notwendiger Anlass, die gesamte Bestandsgliederung zu überarbeiten.
Zudem werden durch die neue Gliederung die Aufgaben des Stadtarchivs transparenter. Kernaufgabe ist die Bestandspflege und darin die die alten und neuen Akten der Stadtverwaltung Werne selbst, die der ehemaligen Amtsbezirke und darüber hinaus die für die Geschichte der Stadt so wesentlichen Bestände der Firmen, Vereine und privaten Häuser. Darüber hinaus verfügt das Archiv über sogenannte Sammlungen, zu denen ganz wesentlich die Zeitungen, Karten, Fotos und auch die Bibliothek gehören.
An die Bestandsnutzung können sich eine Vielzahl von weiteren Angeboten des Archivs anschließen. Die Archivarin Susanne Maetzke erhofft sich durch diese nun bessere Präsenz des Archiv bessere Nutzungsmöglichkeiten der Bürger und Bürgerinnen. Im Verlauf des Jahres sollen die Bestände auch online einsehbar werden. Als nächster Schritt werden dann die bisher noch nicht erfassten Bestände des 19. und 20. Jahrhunderts in die Datenbank integriert. Auch dafür wird die Bestandsneuorganisation eine Voraussetzung sein.
Kontakt:
Stadtarchiv Werne
Bahnhofstraße 8
59368 Werne
Telefon: 02389/71538
Telefax: 02389/71524
s.maetzke@werne.de
Quelle: Westfälischer Anzeiger, 19.8.2004
Kreisarchiv Enzkreis ordnet Salmbachs Aufzeichnungen
Die heutige Gemeinde Engelsbrand im Landkreis Enzkreis entstand durch Zusammenschluss der bislang selbständigen Gemeinden Engelsbrand, Grunbach und Salmbach zum 1. Januar 1975. Auch in den Archiven dieser vergleichsweise kleinen Ortschaften sind Spuren großer Politik zu finden.
Das Salmbacher Archiv hatte allerdings einiges zu überstehen: 1989 war durch Blitzeinschlag Feuer im Dachstuhl ausgebrochen, die dort gelagerten Akten wurden teilweise angesengt. Der durch das Löschwasser in den nassen Akten entstandene Schimmelpilz musste 2003 durch Begasung mit Ethylenoxid sterilisiert werden. Derzeit sind besonders wertvolle Bände bei der Restaurierung.
Viele Meter historischer Akten und Bände im Archiv der Gemeinde Salmbach haben jetzt aber Mitarbeiter des Kreisarchivs Enzkreis sichten und verzeichnen können. Dabei sind die wesentlichen Inhalte beschrieben worden. Das detailliert erschlossene Archiv sucht nach Einschätzung von Kreisarchivar Konstantin Huber nur noch einen Autor, der die Erkenntnisse in einer Ortschronik aufarbeitet, die Salmbach noch fehlt.
Ein wichtiges Thema im Salmbacher Archivbestand sei Bildung, erläutert Konstantin Huber gegenüber der Pforzheimer Zeitung. Außer den auf dem Rathaus entstandenen Akten sei auch Schriftgut aus der örtlichen Schule enthalten. Beispielsweise sei überliefert, wie man dort nach dem Zweiten Weltkrieg politische Themen behandelte. So existieren Berichte des Lehrers Herbert Gengenbach von 1958/60 über die Ausgestaltung des Unterrichts zum Antisemitismus und Neonazismus sowie zum 17. Juni.
Einen großen Teil des Bestandes erschloss bereits vor Jahren Matthias Grotz im Rahmen seiner Ausbildung für den gehobenen Archivdienst. Ursula Reister, Mitarbeiterin im Kreisarchiv, ordnete in den vergangenen Monaten die bis dahin noch unbearbeiteten Rechnungen der Gemeindeverwaltung Salmbach. Derzeit laufen die Abschlussarbeiten für das Findbuch.
Kontakt:
Landratsamt Enzkreis – Kreisarchiv
Zähringerallee 3
75177 Pforzheim
Telefon (07231) 308-423
Telefax (07231) 308-837
Kreisarchiv@enzkreis.de
Quelle: Pforzheimer Zeitung, 19.8.2004
Wiesbaden sucht Erinnerungsstücke zum Luftangriff vor 60 Jahren
Der schwerste Luftangriff auf Wiesbaden im Zweiten Weltkrieg, am 2. Februar 1945, forderte über 500 Todesopfer und fast 400 Verletzte, 28.000 Menschen wurden obdachlos geworden, rund ein Drittel der Wiesbadener Innenstadt lag in Trümmern.
Die Zerstörungen wurden von einem Wiesbadener Bürger im Bild festgehalten: In hunderten von Fotos hat der Fotograf Willi Rudolph Wiesbadens Kriegsschäden dokumentiert. Von Mai 1941 an, als die erste Bombe detonierte, zeichnete Rudolph die Spuren der Verheerung nach, fotografierte Menschen im Luftschutzkeller, beobachtete die Wiesbadener mit seiner Kamera bei ihren Aufräumungsbemühungen und hielt am Ende die zurückgebliebenen freien Flächen und Trümmerwüsten im Bild fest. Auch der Wiener Maler und Dokumentarzeichner Hermann Ulrich hat die Folgen der Bombardements in zwölf Aquarellen aus dem Juli 1945 dokumentiert.
Eine Auswahl der Fotos von Willi Rudolph sowie die Aquarelle von Ulrich sollen, 60 Jahre nach dem Luftangriff vom Februar 1945, in einer Ausstellung des Stadtarchivs Wiesbaden unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters präsentiert werden. Diese Dokumentation, die durch Informationstafeln, Zeitungsberichte, Briefe und Tagebuchnotizen ergänzt wird, soll möglichst noch durch weitere zeitgenössische Exponate angereichert werden. Melden sich schon jetzt viele Bürger im Stadtarchiv, die das eine oder andere beizutragen haben, so bittet Oberbürgermeister Hildebrand Diehl die Bevölkerung um weitere Mithilfe. Gesucht werden Briefe oder schriftlich fixierte Eindrücke aus der Zeit des Bombenkriegs, aber auch Ausrüstungsgegenstände oder Hinweisschilder aus Luftschutzkellern, Erste-Hilfe-Koffer, Kleidungsstücke oder auch Möbel, die aus Munitionskisten gefertigt wurden.
Kontakt:
Stadtarchiv Wiesbaden
Im Rad 20
65197 Wiesbaden
Telefon: 0611 / 31-3219, 31-3747, 31-3420
Fax: 0611 / 31-3977
stadtarchiv@wiesbaden.de
Quelle: Wiesbadener Tagblatt, 21.8.2004
Neue Leiterin des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg
Das Landeskirchliche Archiv Nürnberg (LKAN) der bayerischen Landeskirche wurde 1930 von der Landessynode gegründet und nahm ein Jahr später seine Arbeit auf. Die Archivbestände, insgesamt 12 Regalkilometer Material, gliedern sich in drei Gruppen: vor Gründung des Königreichs Bayern (bis 1806), bis zur Trennung von Kirche und Staat (1806-1920), selbständige evangelisch-lutherische Kirche in Bayern (ab 1920).
Das LKAN verwahrt Archivgut der kirchenleitenden Organe, kirchlicher Dienststellen und Nachlässe von Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens sowie Sammlungen von Bildern, Filmen, Zeitungsausschnitten. Darüber hinaus pflegt es Archive und historische Buchbestände in den über 1300 bayerischen evangelischen Gemeinden.
Zum LKAN gehört eine 120.000 Bände starke Amts- und Spezialbibliothek für bayerische Kirchengeschichte, Landes- und Ortsgeschichte, Ökumene und Kirchenrecht und die Sondersammlungen »Deutschsprachige Gesangbücher« und »Kirchenkampfliteratur«.
Andrea Schwarz (48), bisher Archiv-Oberrätin am Staatsarchiv München und Vertrauensfrau in der Münchner Dekanskirche St. Markus, ist ab 1. September neue Direktorin des Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg. – Im Sonntagsblatt wurde sie von Heinz Brockert befragt:
Nach welchen Kriterien werden heute Archive geführt?
Schwarz: Man muss ständig bewerten, was für die Zukunft interessant sein könnte. Es gibt das Schlagwort »Das Archiv ist das Gedächtnis eines Landes«. Und da hat der Archivar eine große Verantwortung. Den gesunden Menschenverstand und das historische Vorwissen muss man natürlich einfließen lassen, aber es gibt auch Kriterienkataloge dafür, was von Bedeutung sein könnte und was nicht.
Worüber sollen wir uns also unterhalten? Über die Vergangenheit oder die Gegenwart?
Schwarz: Der Archivar hat einen sehr modernen Beruf. Die Gegenwart ist die Vergangenheit der Zukunft, wenn man so will. Der Archivar muss seinen persönlichen Geschmack weit gehend aussperren. Bei meiner bisherigen Tätigkeit interessierten mich persönlich beispielsweise Dokumente über die Entwicklung des Kinos auf dem Lande mehr als Dokumente über heutige Altöl-Beseitigung, aber ich musste natürlich beides mit gleichem Ernst archivieren.
Geht das überhaupt, eine so komplexe Sache wie unsere Gegenwart in einem Archiv zu bewahren?
Schwarz: Man kann sie natürlich nicht eins zu eins abbilden. Trotzdem müssen wir eine große Breite archivieren, damit der Forscher von morgen der Wirklichkeit unserer Tage auf die Spur kommt.
Sammeln Sie privat gerne? Können Sie wegwerfen? Was heben Sie auf?
Schwarz: Ich hebe meine gesamte Korrespondenz auf. Jede Postkarte, jede Glückwunschkarte, die ich bekommen habe, besitze ich noch. Jedes Zettelchen von meinem Mann habe ich aufgehoben.
Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Schwarz: Nach dem Geschichtsstudium und der Promotion habe ich den Referendarkurs auf der bayerischen Archivschule besucht. 1987 habe ich das zweite Staatsexamen gemacht und war dann 14 Jahre im Bayerischen Hauptstaatsarchiv tätig, zehn Jahre in der so genannten »Alten Abteilung«, Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert. Danach war ich in der Zeitgeschichtlichen Abteilung und habe viel Beratung gemacht, beispielsweise über Archivmaterialien aus der Weimarer Republik. Die letzten drei Jahre war ich im Staatsarchiv München mit Schwerpunkt Aktenaussonderung.
Kann eigentlich jeder ins Landeskirchliche Archiv kommen?
Schwarz: Ja, man muss dazu nicht Wissenschaft betreiben. Heimatforscher, Familienforscher, Journalisten sind willkommen, aber auch jeder evangelische Christ, der nach seinen Wurzeln sucht. Im Landeskirchlichen Archiv lagern Dokumente der Kirchengemeinden und Dekante, Bauakten, Papiere der Kirchenleitung. Man kann sich die Frage neu beantworten: Was war und ist eigentlich der Protestantismus in Bayern? Es gibt eine große Sammlung zur Geschichte der evangelischen Kirche im Nationalsozialismus, aber auch Bestände, die weit in die Vergangenheit zurückreichen.
Sie haben als Kirchenvorsteherin die bayerische Landeskirche hautnah erlebt. Produziert die Kirche derzeit genug, was aufhebenswert ist?
Schwarz: Als Archivarin muss ich natürlich auch Zeiten des Übergangs und der Verunsicherung gut dokumentieren. Ich hoffe aber, dass die Protestanten in späteren Zeiten rückblickend sagen werden: »Durch die Verunsicherung sind wir durch, wir sind jetzt wieder selbstbewusster.«
Kontakt:
Landeskirchliches Archiv Nürnberg
Postfach 25 04 29, 90129 Nürnberg
Besuchsadresse: Veilhofstraße 28, 90489 Nürnberg
Telefon: +49 911 58869-0
Telefax:: +49 911 588 69 69
LKANuernberg@t-online.de
Quelle: Sonntagsblatt (Fragen: Heinz Brockert), 22.8.2004
Neue ICA Sektion der Sportarchive
In Wien kommen vom 23. bis zum 28. August unter dem Motto \“Archive, Gedächtnis und Wissen\“ Archivarinnen und Archivare aus aller Welt zum 15. Internationalen Archivkongress zusammen. Das erste weltweite Treffen fand 1950 in Paris statt. Damals konnte man noch von Bergen verstaubter Akten sprechen, die der Archivar mühevoll unter Kontrolle bringen musste. Doch bereits damals begannen die ersten elektronischen Ordnungssysteme ihren Siegeszug in die Archive der Welt. Heute sind Archivarinnen und Archivare oft EDV-Experten für Datenbanken.
Bereits im Juni 2003 wurde im Internationalen Archivrat (ICA) eine neue Sektion Sportarchive begründet, die während des Internationalen Archivtags in Wien (23.-29.8.2004) und zeitgleich zu den Olympischen Spielen in Athen offiziell ins Leben gerufen wird (Gründungsdokument). Die neue Sektion Sportarchive (SPO) des ICA und des arabischen Regionalzweigs ARBICA hat sich zum Ziel gesetzt, alle Repräsentanten der Welt des Sports in der Förderung der Identität und Geschichte des Sports zu involvieren. Darüber hinaus sollen verstärkt die Bewahrung, Erforschung und Zugriff zu den Archiven sowie die Dokumentation von Sportereignissen in der Welt gefördert werden.
Um nicht ganz den Ereignissen in Athen nachzustehen, wird SPO eine aktive Präsenz auf dem Internationalen Archivtag in Wien besitzen: im wissenschaftlichen Teil mit \“Sports Archives: Reaching Out to Today’s World”, das am Donnerstag, 14:30-15:45 (in Halle E1) stattfinden wird, sowie Sektionssitzungen am Montag 23. und Freitag 27. August. Nicht zu vergessen die Ausstellung im Wiener Stadtarchiv.
Der Vorsitzende des Gründungskomitees für die neue ICA-Sektion der Sportarchive, Abdullah El Reyes aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, führte das olympische Team seines Landes in Athen an.
Kontakt:
Abdulla A. Kareem EL REYES
ARBICA President/Président, ICA/SPO Chair/Président
Centre for Documentation and Research
P.O. Box 5884,
Abu Dhabi,
United Arab Emirates
telephone: 971 2 444 4294
fax: 971 2 444 5811
dg@cdr.gov.ae
Hainburger Archive geordnet
Als Gemeinde existiert Hainburg seit 1977. Die ältesten Urkunden zur Geschichte der bis 1803 bestehenden Kurmainzer Stadt- und Amtsvogtei Seligenstadt mit dem Dorf Klein-Krotzenburg sowie der Stadt- und Amtsvogtei Steinheim mit dem Dorf Hainstadt befinden sich im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt; kirchliche Akten im Dom- und Diözesanarchiv Mainz; Bestände des ehemaligen Mainzer Regierungsarchivs im Bayerischen Staatsarchiv Würzburg; Klein-Krotzenburg betreffende Protokolle und Hospitalrechnungen im Stadtarchiv Seligenstadt.
Vorbei ist nun die Zeit, da wichtige Quellen zur Ortsgeschichte Hainburgs unsachgemäß gelagert, auf den Dachböden und in den Kellern der beiden Rathäuser verstaubten. Vor fast fünf Jahren hatte der Gemeindevorstand beschlossen, die kaum benutzbaren Akten und Urkunden vor dem Zerfall zu bewahren. Das vorläufige Ergebnis: In zwei neuen Ortsarchiven (in Klein-Krotzenburg und in Hainstadt) sind Räume eingerichtet, in denen sich die Bestände übersichtlich präsentieren.
In Zusammenarbeit mit dem Hessischen Staatsarchiv Darmstadt und nach wichtiger Vorarbeit des rührigen Klein-Krotzenburger Heimatforschers Edmund Daus hatte die Gemeinde die in Rodgau lebende Historikerin Ingrid Firner mit der Sichtung und Inventarisierung des Materials und mit der Erstellung eines Findbuchs – zuerst für die Klein-Krotzenburger, dann für die Hainstädter Archivalien – beauftragt. Die frühere Diplombibliothekarin schlug gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Schrieb sie doch an einer Dissertation über das historisch eng mit Klein-Krotzenburg verbundene Seligenstadt, die sie jetzt abgeschlossen hat. Ihr Doktorvater Professor Dr. Friedrich Battenberg, Leiter des Staatsarchivs in Darmstadt, hatte sie für die Mammut-Aufgabe vorgeschlagen.
Auf Honorarbasis ging Firner einmal die Woche acht Stunden lang ans Werk. Urkunden, Amtsbücher und Akten von 1621 bis zur Gemeindereform 1976/77 ordnete sie vor, packte sie in säurefreie Pappkartons und erfasste die Kurztitelaufnahmen der Konvolute gemäß der Systematik des Hessischen Aktenplans in einer Computerdatei. Bislang sind die Nummern nur mit Bleistift eingetragen, später sollen Klebe-Etiketten folgen. In der Summe sind 2 650 Verzeichnungseinheiten entstanden, darunter sehr alte, aus Klein-Krotzenburg sowie 2.150 Konvolute, meist jüngere, aus Hainstadt.
Zwischen 20.000 und 25.000 Euro steckte die Gemeinde nach Schätzung von Bürgermeister Bernhard Bessel in die Herrichtung der Räume und die Anschaffung der Regale für die Archivalien. Auf lange Sicht, wenn es ein neues Rathaus gibt, soll darin ein neues Archiv Platz finden!
Kontakt:
Ortsarchiv Klein-Krotzenburg
Europahaus
Krotzenburger Straße 7
63512 Hainburg
Ortsarchiv Hainstadt
Kinderhaus
Liebfrauenheidestraße 15
63512 Hainburg
Gemeinde Hainburg
Tel. 06182/7809-60
gemeinde@hainburg.de
Quelle: Offenbach-Post online, 19.8.2004