Offenburg kümmert sich um das Erbe eines der großen Söhne der Stadt. Horst Neuper, Historiker aus Jena, hat im Auftrag der Kulturstiftung Offenburg den Freiburger Nachlass von Lorenz Oken aufgearbeitet. Der Wissenschaft steht damit neues Material für die Erforschung des Lebenswerks des aus Bohlsbach stammenden Naturphilosophen, Naturwissenschaftlers und führenden Kopfs im deutschen Vormärz zur Verfügung.
Was die Traditionen des Vormärz und der 48er-Revolution angeht, verfolgt die Stadt Offenburg eine Doppelstrategie, die man mit Feiern und Forschen beschreiben könnte. Im Oken-Jahr 2001 feierte Bohlsbach ein rauschendes Fest in Erinnerung an Oken. Gleichzeitig vergab die Kulturstiftung den Auftrag an Horst Neuper, den handschriftlichen Nachlass Okens, Briefe und Schriften, die mehr oder weniger unverzeichnet in der Freiburger Unibibliothek lagen, zu ordnen. „Das war eine Kärrnerarbeit“, würdigte OB Edith Schreiner seine Arbeit, die nun in drei Exemplaren – eines in der Uni Freiburg, eines in der Uni Jena und eines im Offenburger Stadtarchiv – vorliegt. Worin die besondere Schwierigkeit der Aufarbeitung lag erläutert Kulturchefin Susanne Asche: „Oken war Mediziner und Sie wissen, wie Mediziner schreiben“.
Quelle: Badische Zeitung, 11.9.2003
Syke 1929 bis 1949
Am 27. Oktober kommt erstmals die Syker Geschichts- und Schreibwerkstatt zusammen, die in verschiedenen „Zeitfenstern“ Syke in den Jahren 1929 bis 1949 untersuchen will. Montagabend fand hierzu im Stadtarchiv ein vorbereitendes Treffen statt. Gelegenheit, mögliche Themenfelder abzustecken. Gelegenheit aber auch, um Grundsätzliches zu klären: Wie zum Beispiel soll mit den Namen ehemaliger NS-Größen umgegangen werden, deren Familien heute noch in Syke leben?
FDP-Ratsfrau Edda Frerker, eine von einem guten Dutzend Bürgern/innen, die bislang an der Geschichtswerkstatt teilnehmen wollen, meldete Bedenken an: „Ist eine Namensnennung wirklich notwendig?“
Für Sykes Stadtarchivar, den Historiker Hermann Greve, der das Zeitfenster-Projekt leitet, kein wirkliches Problem: Um die Namensnennung bekannter Nazi-Größen, die Personen des öffentlichen Lebens in Syke waren, führe kein Weg vorbei. „Die sind ohnehin bekannt, die können wir ruhig nennen.“
Andererseits gehe es nicht an, Namen auf einzelne Aussagen oder bloße Beschuldigungen hin zu nennen. „Letztlich kommt es auf unsere Sensibilität an, wie wir mit Namen umgehen.“
Grundsätzlich gehe es bei dem Projekt aber nicht um einzelne Menschen, betonte Greve. „Es geht primär um Ereignisse, um Verhandlungsabläufe.“ Fast 60 Jahre nach Ende des Nazi-Regimes Anklageschriften verfassen zu wollen, sei absurd. „Es geht um die Kunst des Verstehens und des Erkennens“, formuliert Greve die generelle Zielvorgabe der Geschichts- und Schreibwerkstatt.
Die historische Recherche soll in einer Veröffentlichung münden, in der die einzelnen Ergebnisse zu dem jeweiligen Zeitfenster präsentiert werden. Angedacht sind drei solcher Fenster: Von 1929, dem Jahr, in dem die Syker NSDAP-Ortsgruppe gegründet wurde, bis 1933, dann von 1933 bis 1945, schließlich vom Kriegsende 1945 bis zur Gründung von Bundesrepublik und DDR 1949. Für das erste Zeitfenster setzt Greve etwa zweieinhalb Jahre Arbeit an.
Wie diese Arbeit konkret aussieht, bleibt den Teilnehmern selbst überlassen. „Das ist eine reine Neigungsveranstaltung“, betont Greve. Ob persönliche Erlebnisse zu Papier gebracht, Interviews geführt, Zeitungen oder Archive ausgewertet werden – alles ist möglich, alles ist erlaubt. „Und es muss auch nicht jeder am Ende ein eigenes Kapitel schreiben“, stellt Greve klar. Roter Faden der gemeinsamen Arbeit ist allein, durch ein jeweils fest umrissenen Zeitfenster auf Sykes Geschichte zu blicken.
Für das nötige Handwerkszeug im Umgang mit historischen Quellen aller Art wird Hermann Greve je nach Bedarf in den ersten Treffen des Projektes sorgen. Auf Wunsch der Teilnehmer hat er auch eine Liste möglicher Themen für die Zeit von 1929 bis 1933 erstellt, von der Krise in Landwirtschaft und Kleingewerbe in der Weimarer Republik und der Arbeitslosigkeit auf dem Lande, über den Behördenstandort Syke bis hin zu Großkundgebungen der NSDAP und Wahlen in Syke.
Wobei Greve eines besonders am Herzen liegt: „Wir schreiben keine wissenschaftliche Arbeit für die Schublade. Das soll ein spannend zu lesender Band werden.“
Kontakt:
Stadtarchiv Syke
Nienburger Straße 5
D-28857 Syke
Postfach 1365
D-28847 Syke
Tel: +49 (4242) 4204
Quelle: Syker Kurier (WK), 11.9.2003
Desinformation durch östliche Nachrichtendienste
Um die Gespenster des Kalten Kriegs zu wecken, genügen manchmal ein paar Karteikarten. Von der Stasi einst angelegt, von der CIA nach der Wende in der bis heute geheimnisumwitterten «Operation Rosenholz» in die USA geschafft, deuten diese Karteikarten nun auf eine mehrjährige Tätigkeit des Kölner Journalisten Günter Wallraff als ostdeutscher Einflussagent hin. Die Abteilung, die Wallraff als ihren Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) mit dem Decknamen «Wagner» registriert hatte, war eine schillernde Truppe im kleinen Reich von Markus Wolf, dem Chef der ostdeutschen Auslandspionage. Die «Abteilung X» der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) befasste sich mit der Beeinflussung der westlichen Öffentlichkeit und Desinformationskampagnen. Sie mischte Wahres mit Falschem, reicherte beispielsweise das Protokoll eines abgehörten Telefongesprächs des CSU-Vorsitzenden Strauss um brisante, aber frei erfundene Zitate an und lancierte ihre Phantasieprodukte in den nur allzu begierigen westdeutschen Medien.
Das Kennedy-Komplott
Die Idee, systematisch Desinformation zu betreiben, stammte eigentlich vom KGB, das schon in den fünfziger Jahren die sogenannte Linie A gegründet hatte. Der Buchstabe A stand für «aktive Massnahmen», den sowjetischen Euphemismus für Schmutzkampagnen aller Art. So versorgte man in den sechziger Jahren amerikanische Verschwörungstheoretiker mit Material über eine angebliche Verwicklung der CIA und rechtsextremer Kreise in die Ermordung Präsident Kennedys. Nicht erst heute stossen abstruse Theorien, die etwa hinter den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 das finstre Treiben der Geheimdienste wittern, auf Resonanz – und so konnte die New Yorker Residentur des KGB nach Moskau melden, welch guten Absatz die mit sowjetischem Geld bezahlten Broschüren und Bücher zum angeblichen Kennedy-Komplott fanden.
Auch die Stasi unterhielt in den fünfziger Jahren für Desinformation ein kleines Referat, damals noch als Anhängsel der auswertenden Abteilung. Sechs oder sieben Offiziere deckten mit Hilfe der von der Roten Armee erbeuteten Nazi- Archive die braune Vergangenheit westdeutscher Politiker und Magistraten auf. Manchmal erfand man kurzerhand eine einschlägige Belastung wie im Fall von Bundespräsident Lübke, den man als KZ-Baumeister verunglimpfte. Da das KGB die Stasi wie alle anderen Nachrichtendienste der Satellitenstaaten bedrängte, ihre Desinformations-Aktivitäten auszubauen, gründete man im Jahr 1966 in Ostberlin hierfür eine eigene Abteilung im Rahmen der HVA. Die bis zu ihrer Auflösung von Oberst Rolf Wagenbreth geleitete Abteilung wuchs auf 60 Mitarbeiter an, die zuletzt 100 fest angeworbene IM und noch einmal die gleiche Zahl von anderen Informanten hauptsächlich in der Bundesrepublik führten. Insgesamt hatte die HVA kurz vor ihrem Untergang je nach Zählweise 1500 bis 2000 Quellen im Westen. Nahezu alle sind inzwischen enttarnt worden.
Stasi-Pressedienst für die FDP
Die Informanten der Abteilung X waren oft Journalisten, die als Einflussagenten der SED genehme Berichte publizierten oder nach Ostberlin weitergaben, was sie bei ihren Recherchen etwa von Bonner Politikern erfahren hatten. Im Fall Wallraff erwecken die Unterlagen den Eindruck, dass der Kölner Autor in den sechziger Jahren ein kleines Rädchen einer Propagandamaschinerie war, die ein angebliches westdeutsches C-Waffen- Programm anprangerte. Nicht immer wussten Journalisten, von wem sie Material für ihre Artikel erhalten hatten, und die Liste der von der Stasi auf diese Weise versorgten Redaktionen liest sich wie ein «Who is who?» der linksliberalen Medienszene der Bundesrepublik. Die Abteilung X führte aber auch Politiker, Professoren und über einen Mittelsmann die Vereinigung «Generale für den Frieden», in der hohe Nato- Offiziere wie der westdeutsche General Bastian gegen den Nachrüstungsbeschluss der Allianz agitierten. Die umtriebige HVA-Abteilung gab über Strohmänner sogar Informationsdienste im Westen heraus: Eines dieser Blättchen beschäftigte sich mit dem Innenleben der FDP; ein anderes berichtete – gespickt mit Insiderinformationen – über Interna des Bundesnachrichtendienstes (BND).
Die Ignoranz im Westen
Wallraff war also kein Einzelfall. Ob der Autor ein regulärer IM war oder, wie von ihm behauptet, ohne sein Wissen abgeschöpft wurde, ist letztlich irrelevant. Als linker Kritiker der Bundesrepublik betrieb er über einige Jahre das Propaganda-Geschäft der DDR. Für die Abteilung X zählte nicht die formelle Verpflichtung, sondern der Erfolg in einer Grauzone der deutsch-deutschen Zweistaatlichkeit, in der sich Konfrontation und Kooperation auf eine selbst für Beteiligte nicht immer durchschaubare Weise vermischten. Erstaunlich an dieser Facette des kalten Kriegs ist allenfalls, wie lange sich die westliche Öffentlichkeit weigerte, sie zur Kenntnis zu nehmen.
Spätestens seit der tschechoslowakische Desinformations-Spezialist Ladislav Bittman 1968 übergelaufen war, wussten die westlichen Nachrichtendienste über die Praktiken der Gegenseite im Detail Bescheid. Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz zeichnete in den achtziger Jahren faktenreich die Tätigkeit der Abteilung X nach. Doch in der Öffentlichkeit wurden entsprechende Berichte als Propaganda kalter Krieger abgetan oder als inopportun für die Entspannung zwischen Ost und West betrachtet. Zu dem von Bonn betriebenen (und über den engen Bereich der Desinformation hinausreichenden) «geheimdienstlichen Appeasement» gehört auch, dass die westdeutsche Politik Hemmungen hatte, es Ostberlin mit gleicher Münze heimzuzahlen. Während die DDR ihre Ständige Vertretung in Bonn zu einer Zentrale der HVA ausbaute, lehnte es die Bundesregierung aus Furcht vor diplomatischen Verwicklungen ab, von ihrer Repräsentanz in Ostberlin aus den BND operieren zu lassen.
Was hat die Desinformation bewirkt?
Im Jahr 1990 ging dann allerdings die DDR unter und nicht die Bundesrepublik – auch dies ist ein Teil der Geschichte der Abteilung X. Die Wirkung der ostdeutschen Desinformation blieb letztlich begrenzt, und dies nicht nur, weil sich das politische wie wirtschaftliche System der Bundesrepublik tagtäglich als überlegen erwies. Die meisten Operationen erzielten selbst in ihrem engeren Umfeld nur beschränkte Effekte. Die Propaganda gegen den Nato-Doppelbeschluss verhinderte die Nachrüstung nicht, die gezielt lancierten Artikel und Pressedienste vermochten letztlich wenig gegen das Übermass an objektiver Information auszurichten. Die Arbeit der Abteilung X ist daher ein Beispiel für das in den Spiegelkabinetten der Geheimdienstwelt nicht selten anzutreffende L'art pour l'art: kunstvoll eingefädelte Täuschungsmanöver, die dem Gegner nicht wirklich schaden.
Dies war einer der Gründe, weshalb der Bundesnachrichtendienst nach wenigen Gehversuchen in diese Richtung Anfang der achtziger Jahre auf ähnliche Kampagnen gegen den Osten verzichtete. Zum anderen setzt Desinformation eine unzensierte Presse voraus, die vermeintliche Enthüllungen zum Nachteil der eigenen politischen Eliten publizieren kann. So konzentrierte sich die im Bereich der «black propaganda» durchaus aktive CIA auf die Beeinflussung der Öffentlichkeit in freien und halbfreien Ländern; in Guatemala löste die CIA im Jahr 1954 mit einem angeblich von Rebellen betriebenen Radiosender einen Putsch aus. Hinter dem Eisernen Vorhang erzielte man dagegen die grösste Wirkung mit der Verbreitung wahrheitsgemässer Informationen.
Letzte Hochphase des Kalten Krieges
Kein Geheimdienst in Ost oder West arbeitet ohne Pannen, und so liest sich das Ende der Abteilung X wie ein skurriles Postskriptum zu vier Jahrzehnten Auslandspionage. Das unter anderem Wallraff belastende «Rosenholz»-Material mit Angaben zu allen Quellen der HVA im Ausland soll Anfang 1990 über KGB-Offiziere in Moskau nach Amerika gelangt sein, wie etwa der frühere Chef der Osteuropa-Aufklärung in der CIA, Milt Bearden, in seinem in diesem Jahr veröffentlichten Buch «The Main Enemy» behauptet. In anderen Versionen ist sogar davon die Rede, dass die russischen Mittelsmänner anschliessend unter mysteriösen Umständen zu Tode kamen. Die Wahrheit ist vermutlich prosaischer. Nach Überzeugung westdeutscher Nachrichtendienste kaufte die CIA die Dateien direkt von Mitarbeitern aus dem Stab des HVA- Chefs. Markus Wolf legte Wert auf flache Hierarchien und die Verwaltung von Agenten-Daten durch die unmittelbar sich damit befassenden Abteilungen. In den achtziger Jahren griffen in den Nachrichtendiensten des Ostblocks jedoch Bürokratisierung und eine regelrechte Paranoia um sich. Nach dem Nachrüstungsbeschluss war das KGB von der Idee besessen, die Nato plane einen Atomkrieg. Der Kalte Krieg erlebte eine letzte Hochphase. Die Leitung der Stasi wiederum witterte nach dem Überlaufen des HVA-Oberleutnants Werner Stiller in die Bundesrepublik im Jahr 1979 überall potenzielle Verräter in Wolfs Truppe. In der HVA verschärfte man die Sicherheitsbestimmungen und begann, heikle Daten zusätzlich im Stab zu verwalten. Obwohl die Stasi dank eigenen Quellen bei der Nato die Gefahr eines Nuklearkriegs für gering hielt, nahm auch hier die Militarisierung zu. Für den Kriegsfall wurden Agenten-Daten kopiert; dies vergrösserte den Kreis der Personen mit Zugang zum Allerheiligsten abermals.
Als dann der Ernstfall in Form der Wiedervereinigung eintrat, glaubte die HVA, sie habe als einziger Bereich der Stasi alle ihre Agentenverzeichnisse gelöscht. Doch inzwischen waren zu viele Kopien vorhanden, und so fanden schliesslich unter anderem die Daten der Abteilung X ihren Weg in westliche Hände. Die für ihre Professionalität bekannte HVA hatte sich zuletzt mit ihren eigenen Waffen geschlagen.
Quelle: NZZ, 10.9.2003
Mord an Stralsunder Bürgermeister war Racheakt
Stralsund. Wir schreiben den 1. November 1409. Nebelschwaden ziehen über den Kirchhof von Bergen. Im schwachen Licht erkennt man eine Gestalt in Kaufmannskleidern. Es ist der Stralsunder Bürgermeister Wulf Wulflam, der etwas zu suchen scheint. Eine zweite Gestalt nähert sich leise von hinten mit einem Stock in den Händen. Wulflam dreht sich ruckartig um, doch es ist zu spät. Einige schwere Schläge führen das Ende des Bürgermeisters herbei. – Diese Version von Wulf Wulflams Tod ist natürlich rein fiktiver Natur. Nur die Tat selbst konnte bis heute wissenschaftlich bewiesen werden. Doch was war nun der Grund für den Mord und wer die zweite Person auf dem Kirchhof?
Wulf Wulflam stand seinem Vater, dem berühmten Stralsunder Bürgermeister Bertram Wulflam, in nichts nach. Ab 1397 zum Bürgermeister gewählt, war Wulf nicht nur der erste Mann in Stralsund, sondern neben dem Lübecker Bürgermeister Heinrich Westhoff auch einer der fähigsten Köpfe der Hanse. Bei einer Vielzahl der wichtigsten Verhandlungen dieser Zeit vertrat er die Interessen Stralsunds und wohl auch seine eigenen. Wie sein Vater, war auch er besonders für die große Politik befähigt, verkehrte mit Königen, Königinnen und Fürsten aller Art und verstand sich mit dem pommerschen Herzogshaus aufs Beste. Bereits 1391 ernannte man ihn zum herzoglichen Rat.
Zu seinen Besitztümern auf Rügen gehörten das Dorf Grabow auf Zudar, das Dorf Bessin bei Altefähr und der Hof Luppath bei Poseritz. Auf dem Hof Luppath oblag ihm nicht nur die niedere Gerichtsbarkeit, er konnte ab 1403 auch über Leben und Tod seiner Untertanen entscheiden. Doch diese Macht und Herrlichkeit sollte bald ein Ende finden.
Unter den guten Freunden, die Wulf vielfach unter dem Adel der Umgegend hatte, befand sich auch der einflussreiche rügensche adlige Starke Suhm. Doch aus Freundschaft wurde bald bittere Feindschaft, die im Tod endete. Am Tag vor Fastnacht, dem 2. März 1405, wurde Starke Suhm, als er mit seinem Sohn Thorkel von Stralsund nach Rügen über die alte Fähre übersetzen wollte, von Mitfahrenden überfallen und ermordet. Sein Sohn verdankte seine Rettung nur dem Fährmann, der durch einen falschen Eid beteuerte, dass dies nicht der Sohn des Starke Suhm sei. Schnell waren sich die Getreuen des adligen Suhm einig, dass Wulf Wulflam den Mord in Auftrag gegeben hatte. Welche Gründe für die Eskalierung der Gewalt zwischen den Familien maßgebend waren, liegt noch im Dunkeln. Als man den Leichnam vor das Bürgermeisterhaus legte, soll dieser aus dem Saal gerufen haben: „Schafft mir das Beest fort!“
Am 1. November 1409 bot sich auf dem Kirchhof zu Bergen endlich die Gelegenheit für Thorkel Suhm, seinen Vater zu rächen und einen der mächtigsten Bürgermeister Stralsunds und wichtigsten Männer der Hanse zu töten. Als die Kunde von Wulfs Tod nach Stralsund drang, setzte sofort die wehrhafte Bürgerschaft nach Rügen über, um ihren Bürgermeister zu rächen. Der Täter war natürlich schon entflohen, und so begnügten sich die Stralsunder damit, seinen Hof in Kaiseritz zu plündern und zu verwüsten. Eine lange Fehde zwischen dem Geschlecht der Suhms und Stralsund begann. Erst am 21. Juni 1414 griff Herzog Wartislaw VIII. ein. In einer im Stadtarchiv Stralsund aufbewahrten Urkunde legte er fest, dass die Suhms 1800 Mark Sundisch als Entschädigung bekommen, dafür aber die Hand Wulf Wulflams, das Symbol des Verbrechens, feierlich mit 200 Rittern und Knappen sowie 200 Frauen und Jungfrauen in der St. Nikolaikirche zu Grabe tragen sollten.
Kontakt:
Hansestadt Stralsund,
Stadtarchiv,
Am Johanniskloster 35,
18439 Stralsund
Tel.: (0 38 31) 66 64 66
Fax: (0 38 31) 66 64 64
Quelle: Ostseezeitung, 10.9.2003
Der ARCHIVAR Beiband 8 erschienen
Pünktlich zum kommenden Deutschen Archivtag in Chemnitz erschien jetzt die Tagungsdokumentation des 73. Deutschen Archivtags in Trier 20
Inhaltsverzeichnis:
Eröffnung des 73. Deutschen Archivtags in Trier, Begrüßung
- Professor Dr. Volker Wahl, Vorsitzender des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (15)
Grußworte
- Professor Dr. E. Jürgen Zöllner, Staatsminister für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur Rheinland-Pfalz (21)
- Dr. Cornel Meder, Direktor des Nationalarchivs von Luxemburg (25)
- Grußwort und Einladung zum XV. Internationalen Archivkongress 2004 in Wien
Professor Dr. Lorenz Mikoletzky, Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs und Vizepräsident des ICA (27)
Eröffnungsvortrag
- Winfried Becker: Die postmoderne Geschichtstheorie und die Dokumente (31)
Sektion I: Archivwissenschaft und Historische Hilfswissenschaften
- Robert Kretzschmar: Einführung (55)
- Eckart Henning: Die aktuelle Lage der Historischen Hilfswissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland (59)
- Klaus Neitmann: Überlegungen zur archivischen Erschließung von spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Amtsbuchüberlieferungen (71)
- Wilfried Reininghaus: Quellenkunde und Quellenkritik aus der Sicht der Archive und der neueren Geschichte (91)
- Botho Brachmann: Zum Verhältnis von Archivwissenschaft und Aktenkunde im Rahmen des Workflow-Managements (99)
- Volker Schockenhoff: Useless Information? Archivwissenschaft und ihre Perspektiven in der Informationsgesellschaft (105)
- Benedikt Mauer: Zusammenfassung der Diskussion (115)
Sektion II: Die Rolle der Archive im Netzwerk der Forschung
- Günter Buchstab: Einführung (121)
- Michael Schneider: Von zentraler Bedeutung für die Zeitgeschichtsforschung: Die Archive der politischen Stiftungen (123)
- Elke Hauschildt: Das Forschungsprojekt „Geschichte der Sozialpolitik“ (131)
- Thomas Bardelle: „Historische Quellen frisch auf den Tisch“. Die Verzahnung archivischer und historischer Forschung am Beispiel des DFG-Projekts „Finanzverwaltung und Judenverfolgung“ (137)
- Ulrich Hussong: Historische Forschung als Aufgabe von Kommunalarchiven (143)
- Raymond Plache: Die Zusammenarbeit des Sächsischen Bergarchivs Freiberg und der Technischen Universität Bergakademie Freiberg (151)
- Alexandra Lutz: Zusammenfassung der Diskussion (161)
Sektion III: Archivrecht und Forschungsfreiheit
- Diether Degreif: Einführung (165)
- Rainer Polley: Die Schutzfristverkürzung – Dogmatische Bemerkungen zu einem Alltagsproblem (169)
- Udo Schäfer: Sackgasse – Zur Übermittlung personenbezogener Daten aus Archivgut vor Ablauf der Schutz- und Sperrfristen (181)
- Gerold Bönnen: Datenschutz im Archivwesen – Anmerkungen aus der Sicht eines Stadtarchivs (195)
- Matthias Rest: Die Zwischenarchive des Bundes im Spannungsfeld zwischen Sicherung und Nutzung (205)
- Georg Lilienthal: Die Doppelfunktion von Gedenkstätten als Archive und als Archivbenutzer (221)
- Gudrun Kling: Das historische Archiv der Post-, Telegraf- und Telefon-Unternehmen der Schweiz in Bern (229)
- Kathrin Borrmann: Zusammenfassung der Diskussion (235)
Sektion IV: Archive als Dienstleister der Forschung – Erwartungen und Möglichkeiten eines zeitgemäßen Angebots
- Norbert Reimann: Einführung (237)
- Reiner Nolden: Das Stadtarchiv und die Stadtbibliothek Trier als stadt- und landesgeschichtliche Forschungsstätte (239)
- Ulrich Nieß unter Mitarbeit von Hans-Joachim Hirsch: Findmittel multimedial – Eine Antwort auf die Internetgeneration? (247)
- Dieter Heckmann: Historische Hilfswissenschaften als Portale zu digitalisierten Beständen (259)
- Rolf-Ulrich Kunze: Das Projekt „Wanderungsbewegungen im Umfeld der Revolution 1848/49“ und die Massenauswanderung aus dem deutschen Südwesten, 1840-1866 (267)
- Peter Rückert, Alois Haidinger: Wasserzeichen im Internet: Zur Digitalisierung der Wasserzeichenkartei Piccard und der Wasserzeichen Klosterneuburger Handschriften (283)
- Thomas Aigner: „Um auch von Seite des hiesigen Stiftes zur Landeskunde Österreichs ein Schärflein beizutragen …“ – Strategien zur digitalen Bereitstellung historischer Quellen aus den Archiven der niederösterreichischen Ordensstifte (295)
- Helge Kleifeld: Zusammenfassung der Diskussion (307)
Gemeinsame Arbeitssitzung: Archive und Historische Forschung
- Hans Ammerich: Einführung (309)
- Theo Kölzer: Welche Erwartungen hat der Mittelalter-Historiker an die Archive und Archivare? (311)
- Gerhard Fouquet: Was erwartet die Stadtgeschichtsforschung von den Archiven? (327)
- Rainer Hudemann: Forschung und Archive. Überlegungen zur wissenschaftlichen Kooperation (347)
- Bettina Joergens: Zusammenfassung der Diskussion (359)
Arbeitskreis Archivpädagogik und historische Bildungsarbeit: Junge Forscher im Archiv. Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten als Herausforderung und Chance
- Erika Münster-Schröer: Einführung (363)
- Wolfgang Jacobmeyer: Schülererfahrungen bei der Spurensuche im Archiv (365)
- Franz-Josef Jakobi: Die Geschichtswettbewerbe und die städtische Erinnerungskultur. Das Beispiel Münster (377)
- Günter Heidt, Simone Arends, Holger Brittnacher, Sandra Prinz: Lange Wege – kurzer Draht. Grenz-Archiverfahrungen von Schülerinnen und Schülern eines Gymnasiums im äußersten Westen von Rheinland-Pfalz (387)
- Erika Münster-Schröer: Zusammenfassung der Diskussion (399)
Forum Diplomarchivarinnen und Diplomarchivare (FH)
- Gabriele Scholz: Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste. Ein Erfahrungsbericht über drei Jahre Ausbildung im Kreisarchiv des Erftkreises (401)
- Udo Herkert: Auch für Archivare. Der Aufstieg vom gehobenen in den höheren Dienst des Landes Baden-Württemberg (413)
Anhang
- Referentinnen und Referenten (421)
- Programm 73. Deutscher Archivtag 2002 in Trier (423)
Info:
Der Archivar. Mitteilungsblatt für deutsches Archivwesen
Herausgegeben vom Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchiv
Beiband 8: Archive und Forschung
Referate des 73. Deutschen Archivtags 2002 in Trier
Herausgegeben vom VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.
Redaktion: Robert Kretzschmar
Verlag Franz Schmitt Siegburg 2003
ISBN 3-87710-243-3
Wien: Ein Archiv kehrt zurück
Aus Anlass der Wiedereröffnung des sanierten Gebäudes des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien, einer Abteilung des Österreichischen Staatsarchivs, findet Ende September eine internationale Tagung statt, die sich mit den Beständen des Hauses und deren Bedeutung für die Geschichtswissenschaften beschäftigt.
„Die Bedeutung des Haus-, Hof- und Staatsarchivs für die Geschichtswissenschaft“
Österreichisches Staatsarchiv, Wien
24.09.2003-25.09.2003, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Minoritenplatz 1, 1010 Wien, Dachfoyer
P R O G R A M M: http://www.oesta.gv.at/deudiv/aktuelle.htm
Kontakt:
Thomas Just
Österreichisches Staatsarchiv, Abt. HHStA
Minoritenplatz 1, A-1010 Wien
+43-1-53115-2518
+43-1-53115-2501
thomas.just@oesta.gv.at
http://www.oesta.gv.at
Heiligenhauser Schulbilder 1920-1970
Ein beliebtes Wanderziel war für Heiligenhauser Lehrer und Pennäler stets das „Paradies“. So verwundert es nicht, dass auch das eine oder andere Klassenfoto in dem beschaulichen Vogelsangbachtal entstanden ist.
Eine dieser Aufnahmen ziert nun den Umschlag des Bildbandes „Heiligenhauser Schulbilder 1920-1970“, der von dem Wülfrather Stadtarchivar Hartmut Nolte und Heimatforscher Siegfried Hitzbleck zusammengestellt wurde. Das in den 1930er Jahren aufgenommene Coverfoto zeigt einen „gut gelaunten“ Lehrer Josef Rost mit einer Klasse der Katholischen Ortsschule. Die Kinder stehen wohlgeordnet, präsentieren sich aber immerhin lächelnd.
Was im Angesicht des zumeist vom Lehrer „einbestellten“ Fotografen beleibe nicht immer der Fall war. Ernst dreinblickend, die Hände züchtig an Rock- bzw. Hosennaht oder vom Fotografen „wie die Orgelpfeifen“ positioniert kamen häufig die anlässlich der Einschulung in die Lehranstalt oder Entlassung aus derselben abgelichteten Mädchen und Jungen daher. Nicht selten wurde das Schild „Zur Erinnerung an meine Schulzeit“ daneben gestellt, das Kind mit aufmunternden Worten zu einem Lächeln animiert.
Doch die Fotoauswahl ist breit gestreut, zeigt beileibe nicht nur ernst schauende Heranwachsende. Vielmehr gelingt hier auf 128 Seiten ein interessanter Streifzug durch die Heiligenhauser Bildungsinstitutionen. Neben den Schulen im Ort und den Landschulen in den zugehörigen Honnschaften finden sich die weiterführenden Einrichtungen, Szenen aus dem Unterricht, prägende Lehrerpersönlichkeiten (gerne hinterm Pult), Aufnahmen von Wandertagen und Klassenfahrten. Den Themen Schülerspeisung, Sport und Schüleraustausch ist darüber hinaus ein eigenes Kapitel mit eindrucksvollen Bildern gewidmet.
Hartmut Nolte trug gemeinsam mit Siegfried Hitzbleck die schulischen Fotoschätze zusammen. Hitzbleck, seit Jahren erklärter Sammler Heiligenhauser Fotografien, konnte neben den Bildern auch noch etliche Geschichten und Anekdoten beisteuern. „Es ist erstaunlich, wie viele Menschen ihre damaligen Mitschüler noch heute identifizieren können. Eine ältere Dame, sie war 82 Jahre, wusste darüber hinaus noch genau Nettes und auch weniger Nettes über ihre Klassenkameraden zu erzählen“, berichtet Hitzbleck über einen seiner vielen Hausbesuche. Historiker Nolte hingegen war beim Buchprojekt für die Fakten zuständig. „Insbesondere das Datieren der Fotos ist eine Sache für sich“, erklärt der Archivar, der viele Informationen den im Museum Abtsküche ausliegenden „Schulbüchern“ entnehmen konnte. „Wie hoffen natürlich auf weitere Hinweise der Leser“, ergänzt er.
Info:
Heiligenhauser Schulbilder 1920-1970
Reihe Archivbilder
128 Seiten , 200 Bilder , 300 g , 16,5 x 23,5 cm, Broschur
ISBN: 3-89702-604-X
Preis: 17,90 €
Kontakt:
Stadtarchiv Wülfrath
Herr Nolte
Wilhelmstraße 146
42489 Wülfrath
Telefon: 02058 895771
Email: u.nolte@stadt.wuelfrath.de
Quelle: WAZ, 8.9.2003
Sammlung ist Herzstück des Wiesbadener Archivs
Eine neue Serie über wichtige Nachlässe eröffnete das Wiesbadener Tagblatt heute mit einer Folge über das Vermächtnis Ludwig Gärtners. In seinem Testament vermachte der 1864 in Wiesbaden geborene Justizbeamte und Heimatforscher Ludwig Gärtner 1949 der Stadt seine umfangreiche Sammlung „Wiesbadener Erinnerungen, Bücher und Bilder“.
Unterlagen der Stadtverwaltung seien heute das „Hauptgeschäft“ des Wiesbadener Stadtarchivs, erklärt dessen Mitarbeiter Jochen Dollwet. In ihrer Archivsatzung verpflichtet die Landeshauptstadt Wiesbaden ihre Dezernate, Ämter und Betriebe, alles Schriftgut und alle sonstigen Informationsträger, die zur aktuellen Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt werden, „unverzüglich auszusondern und dem Archiv zur Übernahme anzubieten.“ Das bedeute nicht, dass man alles nehme, meint Dollwet. Es müsse schon historischen Wert haben.
Neben den städtischen Akten bewahrt das Archiv auch Nachlässe, Sammlungen und einzelne Schriftstücke aus dem Besitz von Privatpersonen, Verbänden und Parteien. Beim Blättern in der Bestandsübersicht trifft man auf bekannte Namen, etwa die der beiden ehemaligen Wiesbadener Oberbürgermeister Carl von Ibell (1847-1924) und Georg Buch (1903-1995).
Vermutlich weniger geläufig dürfte dagegen der Name des Justizbeamten und Heimatforschers Ludwig Gärtner (1864-1953) sein. Seine in den 1940er Jahren testamentarisch verfügte „Stiftung Ludwig Gärtner“ rangiert bis heute an erster Stelle der „Privata“ des Stadtarchivs.
Nicht allein wegen ihres Umfangs – immerhin 409 Mappen und sieben Regalmeter – handelt es sich um einen wichtigen Nachlass, dessen Bedeutung die Archivmitarbeitern noch heute zu würdigen wissen. Ohne Gärtners Stiftung, so heißt es, wäre in den vergangenen fünfzig Jahren das Wiesbadener Stadtarchiv als Institution sehr wahrscheinlich nicht lebensfähig gewesen. Gärtners umfangreiches und vielseitiges Material zur Vergangenheit Wiesbadens bildete den Grundstock für die öffentlich nutzbare Bibliothek des Stadtarchivs, dessen Foto-, Postkarten- und Plakatsammlung sowie die Sammlung der Stiche und Zeichnungen.
Vor allem aber die 1911 von Gärtner angelegte Kartei mit bibliographischen Nachweisen zur Stadtgeschichte ist noch heute „Herzstück“ der Auskunftstätigkeit des Stadtarchivs. Bis zu seinem Tod 1953 hat Gärtner über 10.000 Literaturstellen darin verzeichnet. Von der Aartalbahn und Adlerapotheke über Mundart, Neroberg, Prinzenraub, Rathaus oder Postkutsche bis „Zum schwarzen Rappen“ findet man zu fast jedem Stichwort, das einem so einfällt, mindestens einen Literaturhinweis.
Im Fall „Postkutsche“ beispielsweise kann man unmittelbar zu einem Band der von Gärtner seit 1926 gesammelten Zeitungsausschnitte greifen und erfährt beim Lesen eines Tagblatt-Artikels aus dem Jahre 1939, dass „wegen Eröffnung des Schienenweges Wiesbaden-Langenschwalbach“ am 15. November 1889 die letzte Stunde des hiesigen Postkutschenverkehrs nach Rüdesheim geschlagen hatte. Da wir gerade das Tagblatt erwähnten und das Staatstheater in Wiesbaden der Sanierung bedarf, sei auch noch die von Gärtner aufbewahrte Probenummer unserer Zeitung vom 16. September 1852 zitiert. Die nur vierseitige Ausgabe machte unter anderem bekannt, dass „bei Erneuerung des Oelfarbenanstrichs an der Blitzableitung des hiesigen Theaters vorkommende Dachdecker-, Schlosser und Tünchearbeiten … öffentlich wenigstnehmend auf dem Rathause dahier versteigert“ werden. Gemeint war damals allerdings das alte Theater.
Wie es sich Gärtner gewünscht hatte, konnte seine Kartei im Rahmen der personellen Möglichkeiten des Stadtarchivs bis 1997 fortgesetzt werden, zwar nur „rudimentär und unsystematisch“, aber immerhin. Eine elektronische Erfassung der inzwischen auf insgesamt 165.000 Datensätze angewachsenen Kartei erfolgte in den Jahren 1992 bis 1997. Zu Recht gilt die Gärtner-Kartei allgemein als Generalkatalog für eine „Auskunftei Stadtarchiv“ und hat auch dieser Serie über Nachlässe in Wiesbaden gute Dienste erwiesen.
Gärtners Sammlung war zwischen 1942 und 1945 im Wiesbadener, nach dem Krieg im Biebricher Rathaus untergebracht und öffentlich zugänglich, wie ein Besucherbuch der Jahre 1942 bis 1953 belegt. Aus dem reichen Bestand der Gärtnerschen Hinterlassenschaft veröffentlichte Jochen Dollwet 1994 das Tagebuch des Uffenheimer Stadtvogts Ludwig Friedrich Christoph Schmid über seinen Kuraufenthalt 1765 in Wiesbaden („Wer an seinem Schöpfer sündiget …“, Schriften des Stadtarchivs Wiesbaden, Band 3).
Kontakt:
Stadtarchiv Wiesbaden
Im Rad 20
65197 Wiesbaden
Telefon: 0611 / 31-3329, 31-3747, 31-5429
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Quelle: Wiesbadener Tagblatt, 9.9.2003
Sommerprogramm der Museen Göppingens sehr gut besucht
Das Interesse an der Stadtgeschichte Göppingens ist groß. Die Veranstaltungen im Sommerprogramm des Archivs und der Museen waren bestens besucht. Doch ausgerechnet zur 850-Jahr-Feier der Stadt wird das Budget für derlei Extras knapp.
Zum ersten Mal haben das städtische Archiv und die Museen in den Ferien ein „Sommerprogramm“ angeboten. Jeden Donnerstag um 18 Uhr wurden Veranstaltungen zur Stadtgeschichte durchgeführt. Mal eine Führung zu den Wurzeln der Staufern am Hohenstaufen, mal ein Blick ins Stadtarchiv, mal ein Abend über den verheerenden Stadtbrand und den Neuaufbau Ende des 18. Jahrhunderts.
„Die Veranstaltungen waren allesamt sehr gut besucht“, blickt der Stadtarchivar Karl-Heinz Rueß auf das Sommerprogramm zurück. Manche Führungen wie den Stadtspaziergang auf den Spuren des Baumeisters Heinrich Schickhardt hätte man gar dreimal anbieten können, so groß war der Andrang. „Wir hatten bestimmt 100 Interessenten, aber mit mehr als 30 Personen kann man nun mal nicht den Turm der Stadtkirche besteigen oder das Badhaus im Christophsbad besichtigen“, erklärt Rueß. Die Donnerstagsveranstaltungen waren aber längst nicht alles.
Trotz regnerischem Wetter waren am vorvergangenen Wochenende rund 2000 Besucher zum Museumsfest in den Garten des städtischen Museums gekommen. Zu Beginn der Ferien fand beim Naturkundemuseum in Jebenhausen das schon traditionelle Steinzeitwochenende statt, und erst am Samstag im jüdischen Museum zum europäischen Tag der jüdischen Kultur ein Vortragsabend.
Die Fülle der Angebote ist erstaunlich, denn immerhin mussten auch Stadtarchiv und Museen zu Beginn des Jahres eine Budgetkürzung hinnehmen. „Das waren zwar nur 20 000 Euro, doch wenn man bedenkt, dass wir insgesamt in unserem Budget nur etwa 90 000 Euro für Sachkosten, Werbung, Veröffentlichungen, Ausstellungen und Ähnliches frei zur Verfügung haben, dann macht das schon viel aus“, so Rueß.
Vor allem bei den Publikationen und im Archiv will er das Geld einsparen. „Dann wird halt die eine oder andere Restaurierung geschoben“, so Rueß. Am Veranstaltungsprogramm will er aber vorerst keine Abstriche machen. „Wir brauchen das Publikum. Wenn wir eine Ausstellung streichen, dann kommen keine Leute ins Museum, dann verkaufen wir auch weniger“, so der Stadtarchivar.
„Die ganzen Veranstaltungen wären aber ohne ehrenamtliche Helfer in der Form nicht machbar“, erklärt Karl-Heinz Rueß. Für das Museumsfest seien die Helfer das ganze Wochenende über auf den Beinen gewesen. Bestes Beispiel für die ehrenamtliche Mithilfe sei aber wohl der für das museumspädagogische Programm so wichtige Steinzeitgarten beim Naturkundemuseum, den Winfried Poltrack in ehrenamtlicher Arbeit nahezu im Alleingang aufgebaut habe.
Außerdem kann Karl-Heinz Rueß gleich auf die Unterstützung mehrerer Vereine zurückgreifen. „Wir arbeiten eng mit dem Geschichts- und Altertumsverein, der Gesellschaft für staufische Geschichte und dem Naturkundeverein zusammen“, sagt Rueß. Ein Ergebnis dieser Vernetzung ist das „GP“, das Göppinger Geschichtsprogramm.
In enger Absprache koordinieren die unterschiedlichen Akteure auf dem Terrain der Heimatgeschichte ihre Veranstaltungen. So entsteht ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Programm, das jetzt mit dem Vortrag im jüdischen Museum in das letzte Jahresdrittel gestartet ist und am kommenden Sonntag mit Führungen über den jüdischen Friedhof in Jebenhausen, den Hauptfriedhof und in der Oberhofenkirche fortgesetzt wird. „Mit diesem Programm erreichen wir mehr Leute, als wenn jeder Verein nur seine eigenen Mitglieder anschreibt“, so Rueß.
Auf diesen Rückhalt zählt Karl-Heinz Rueß auch im kommenden Jahr. Immerhin stehen die Feiern zum 850-Jahr-Jubiläum der Stadt an. Mehr Geld hat das Stadtarchiv im Jubiläumsjahr allerdings nicht zur Verfügung. „Wir hoffen auf das gleiche Budget wie in diesem Jahr. Allerdings haben wir jetzt noch von den Budgetresten von 2002 zehren können. Das ist nicht mehr möglich“, so Rueß. Beklagen will er sich aber nicht.
Stattdessen wird eifrig am Jubiläumsprogramm gebastelt. „Es gibt viele Ideen, und im Sommer werden wir im Storchen auf jeden Fall eine Ausstellung zur Stadtgeschichte im Zeitraffer machen, kündigt er an. „Dazu könnte man auch Filmdokumente aus Göppingen von 1909 bis heute zu einem kleinen Film zusammenstellen, aber ob wir das finanzieren können, ist noch offen“, so Rueß.
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Quelle: Stuttgarter Zeitung, 9.9.2003
Veröffentlichung von Scientology-Dokumenten bleibt legal
Die niederländische Journalistin Karin Spaink hat im jahrlangen juristischen Kampf gegen die Scientology-Sekte erneut einen Sieg errungen. Ein Berufungsgericht hat nach Angaben von Spaink am vergangenen Mittwoch ein Urteil bestätigt, nachdem Spaink das so genannte Fishman Affidavit auf ihrer Website veröffentlichen darf.
Steven Fishman, ein ehemaliges Scientology-Mitglied, stand 1993 wegen verschiedener Delikte in den USA vor Gericht. Im Rahmen seiner Verteidigung versuchte Fishman darzulegen, dass Scientology ihn einer Art Gehirnwäsche unterzogen habe. Um dies zu beweisen, legte er dem Gericht interne Schulungsmaterialien vor, die seitdem von diversen Anti-Scientology-Aktivisten zitiert und veröffentlicht wurden.
Scientology versucht die Veröffentlichung dieser und anderer interner Dokumente im Internet mit Hilfe juristischer Mittel zu unterbinden. So musste beispielsweise die News-Site Slashdot den Text im März 2001 entfernen. Außerdem hindert Scientology das Internet-Archiv archive.org daran, die Anti-Scientology-Site Operation Clambake zu archivieren. Auch die Suchmaschine Google bekam schon mit den Scientology-Anwälten zu tun.
Quelle: heise.de, 8.9.2003.