Zwangsarbeit in Herford

Am 18.9.2009 wird um 19 Uhr in der Gedenkstätte Zellentrakt im Herforder Rathaus die neue Ausstellung "Zwangsarbeit im Raum Herford" eröffnet. Die Ausstellung ist vom 19. September 2009 bis 17. Juli 2010 in der Gedenkstätte Zellentrakt zu den normalen Öffnungszeiten (Samstags 14 – 16 Uhr) und für Gruppen und Schulklassen nach Vereinbarung zu sehen.

Bereits vor 20 Jahren erarbeitete die Geschichtswerkstatt "Arbeit und Leben DGB/VHS Herford" als eine der ersten in der Bundesrepublik – eine Ausstellung zum Thema Zwangsarbeit im Raum Herford, die in den Jahren darauf durch den ganzen Kreis Herford wanderte. Seinerzeit war es das Anliegen, diese lange verdrängte Geschichte vor Ort ans Licht zu bringen und den betroffenen Menschen ein Gesicht zu geben.

Wenige Jahre später, 1994 waren frühere Zwangsarbeiterinnen aus der Ukraine zu Gast in Herford. Die 2000 gegründete (Bundes-)Stiftung für die Entschädigung von Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern des NS-Regimes "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" hat 2007 ihre Arbeit abgeschlossen.

Das Thema Zwangsarbeit ist damit aber keineswegs "erledigt". Beleuchtet es doch u.a. zwei zentrale Aspekte nationalsozialistischer Ideologie:

  • die Eroberung von Lebensraum in Osteuropa sowie
  • den Aufbau einer nach \’rassischen\‘ Kriterien gegliederten Gesellschaftsordnung.

Über zehn Millionen Verschleppte und Kriegsgefangene schufteten für die deutsche (Kriegs-)Wirtschaft und in der Landwirtschaft. Alte, Junge, Männer, Frauen, oft 12- bis 15jährige Kinder transportierten die Deutschen aus ihrer Heimat ab, weg von der Strasse, vom Feld, dem Zuhause ins Ungewisse. Tausende starben an Hunger oder Krankheit oder wurden ermordet.

Auch im Kreis Herford waren zwischen 1939 und 1945 tausende Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter sowie Kriegsgefangene verschiedener Nationalitäten zwangsverpflichtet. In überschaubarer räumlicher Nähe dokumentierte sich für jeden sichtbar ein Stück nationalsozialistischer Herrschaft und Rasseideologie.

Für viele war es eine Reise ohne Rückkehr. Der Umgang mit den Fremden war im Kreis Herford, weder in den Betrieben, in der Landwirtschaft noch in der Verwaltung besser oder anders als sonst im Deutschen Reich. Menschenfreundliches, mutiges oder gar christliches Verhalten gab es, war aber absolute Seltenheit.

Einzelschicksale zeigen einen Leidensweg, der von der Verschleppung zur Arbeit, dem Weg in Konzentrations- oder Arbeitserziehungslager bis hin zum Tod oder der Ermordung reichte.

Die Gedenkstätte Zellentrakt ist ein authentischer Ort zu diesem Thema. In das ehemalige Herforder Polizeigefängnis lieferte die Polizei Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter, wenn sie Widerstand übten oder flüchteten ein und vernahmen sie. Vor hier ging es für Viele in andere Lager. Einige hinterließen Spuren.

Die Ausstellung bewahrt das Erinnern, präsentiert neue Ergebnisse und Quellen zur örtlichen Zwangsarbeit und ist ein Beitrag zur Aussöhnung mit den Opfern. Vor allem jungen Menschen soll deutlich werden, dass es für die Geschichte des Nationalsozialismus niemals einen Schlussstrich geben darf.

Für Schüler und Lehrer gibt es zum Besuch der Ausstellung ein Arbeitsblatt, das im Zellentrakt oder über www.zellentrakt.de erhältlich ist.

Veranstalter der Ausstellung sind Arbeit und Leben DGB/VHS Herford, Kuratorium Erinnern Forschen Gedenken und Gedenkstätte Zellentrakt/Stadtarchiv Herford. Die Ausstellung, das pädagogische Material und die Begleitveranstaltungen wurden von Helga Kohne, Christoph Laue, Michael Oldemeier und Schülerinnen und Schülern des Ravensberger Gymnasiums erarbeitet, die Gestaltung der Ausstellung stammt von Elke Brunegraf und Christoph Laue.

Eröffnung:

18.9. 2009 19 Uhr Zellentrakt

Begrüßung: Jutta Heckmanns (Kuratorium), Hermann Bueren (Arbeit und Leben)
Grußworte: Bürgermeister Bruno Wollbrink, Landrätin Lieselore Curländer
Zur Ausstellung: Helga Kohne, Michael Oldemeier
"Zahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter – Eine Entschädigung und Wiedergutmachung?"
Martin Bock, Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft, evz, Berlin… EVZ
Balladen und Gedichte: Rüdiger Drallmeyer, Liedermacher aus Lüdenscheid.

Begleitprogramm:

8. Oktober 2009, 18 Uhr, MARTa-Forum, Goebenstraße, Herford

"Eine Liebe in Deutschland"
Deutsch-französischer Spielfilm des polnischen Regisseurs
Andrzej Warda aus dem Jahre 1983 nach dem gleichnamigen Roman
von Rolf Hochhuth.

Eintritt 4 EUR (inkl. Besuch der aktuellen Ausstellung im MARTa)

14. November 2009, 16 Uhr, Zellentrakt
"Unerwünscht und vergessen"
Zwangsarbeiterinnen und ihre Kinder.
Dokumentarfilm von Anne Roerkohl, WDR/2000

Eintritt frei

12. Dezember 2009, 16 Uhr, Zellentrakt
"Efim, Antonia, Klawdia…"
Einzelschicksale in Lyrik und Prosa.
Lesung mit Helga Kohne und Schülern

Eintritt frei

Kontakt:
Zellentrakt im Rathaus
Gedenk-, Dokumentations- und Begegnungsstätte
Rathausplatz 1
32052 Herford
Tel.: 0 52 21 / 18 92 57
Fax: 0 52 21 / 13 22 52
info@zellentrakt.de
www.zellentrakt.de

Quelle: Christoph Laue, Kreis Herford, Mailingliste Westfälische Geschichte, 15.9.2009

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