Bericht von der nestor-Spring School 2009 – Digitale Langzeitarchivierung

„Treffen sich Archivare, Bibliothekare, Museologen und Informatiker zu Weiterbildung und Erfahrungsaustausch…“ Noch vor nicht allzu langer Zeit hätte dies ein Kurzwitz gewesen sein können, denn die gegenseitige Abgrenzung wurde nicht selten gehegt und gepflegt. Und allzu oft wurde (und wird leider noch immer) die Meinung kolportiert, es sei geradezu unmöglich zwischen Kulturwissenschaftlern auf der einen und IT-Spezialisten auf der anderen Seite, vernünftig zu kommunizieren, da die gemeinsame Sprachbasis fehle. Die Wirklichkeit sieht anders aus, denn diese Berufsgruppen eint aufgrund des technologischen Wandels mittlerweile ein gemeinsamer Problemgegenstand: Der Umgang mit einer stetig wachsenden Zahl ausschließlich elektronisch vorliegender Informationen und der gesellschaftliche Auftrag, diese verlustfrei und authentisch in die nächsten Generationen zu transferieren. Unterschiede bestehen dabei im Zugang und in der Herangehensweise an dieses Problem, die jedoch sehr wohl kommunizierbar sind. Einerseits lassen sich natürlich Divergenzen im Verständnis nach wie vor ebenso wenig leugnen, wie es andererseits zunehmend deutlich wird, dass sich in der Praxis terminologische Gegensätze oftmals als Synonyma desselben Problemgegenstandes erweisen. Fachliche Grenzen sind im Begriff zu verschwimmen. Die Erkenntnis über die gegenseitige Abhängigkeit wächst. Man macht und muss – angesichts des sonst drohenden Informationsverlustes – Ernst machen mit der Vernetzung von Kulturgutbewahrern und IT-Spezialisten. Das komplexe Thema der Langzeitarchivierung elektronischer Daten ist aufgrund der gesellschaftsübergreifenden Brisanz längst nicht mehr die Spielwiese einiger weniger Spezialisten.

Dies ist der Ansatz und gleichzeitig das Verdienst des nun schon einige Jahre existierenden nestor-Kompetenznetzwerkes Langzeitarchivierung und der in diesem Rahmen stattfindenden und vom EU-Projekt DPE (DigitalPreservationEurope) unterstützten Schools, die sich in ihrem didaktischen Vorgehen am Vorbild der Delos Summer Schools orientieren [Neuroth, H.; Oßwald, A.: Curriculare Innovation im Spezialbereich: Qualifizierung im Themenbereich der Langzeitarchivierung digitaler Objekte. IN: ZfBB 55 (2008) 3-4 S. 190 – 197].

\"Gemeinsam

Abb.: Gemeinsam mit Vertretern verschiedener Hochschulen und dem europäischen Projekt DigitalPreservationEurope (DPE), hat nestor vom 16. – 20. März 2009 die nestor/DPE Spring School "Digitale Langzeitarchivierung: Von der Konzeption zur Umsetzung" in der BDB-Musikakademie Staufen/Breisgau durchgeführt (Foto: nestor).

Hauptschwerpunkt der einmal jährlich stattfindenden einwöchigen Veranstaltungen ist es, Vertreter der verschiedenen Gedächtnisorganisationen und der IT-Branche gemeinsam für die Probleme der digitalen Langzeitarchivierung zu sensibilisieren und existierende Lösungsansätze vorzustellen (gegenwärtig wird schon eine nestor Summer School 2010 für den 14. bis 18. Juni 2010 geplant). Die berufliche Herkunft der Teilnehmer ist entsprechend breit gestreut und reicht von National-, Landes- und Kommunalmuseen- und Bibliotheken über Staats-, Stadt- und Wirtschaftsarchive bis zu Forschungs- und Bildungsinstitutionen. Den Veranstaltern ist es bisher gelungen, führende Vertreter der „digitalen Langzeitarchivierungscommunity“ als Referenten zu gewinnen. Hoch ist damit der Mehrwert für die Teilnehmer. Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass die Vorträge durchweg von einer hohen Praxisorientierung gekennzeichnet sind. Die frühzeitige Ausbuchung und die Anzahl der Teilnehmer sprechen dabei eine deutliche Sprache.

Wer auf einen entspannten Bildungsurlaub gehofft hat, ist schnell eines Besseren belehrt. Die in der Regel täglich 9 Stunden umfassenden Workshops verdienen diese Bezeichnung in jeder Beziehung. Die straff organisierten Tage gliedern sich in ausführliche, ein Thema umfassende Vorträge und sich daran anschließenden Arbeitsgruppensitzungen, in denen das im Vortrag behandelte Problemfeld anhand von Praxisszenarien durchgespielt wird. Die Teilnehmer lernen hierbei, die Theorie verständnisvertiefend mit der eigenen Berufspraxis zu verbinden und auftretende Schwierigkeiten im Team zu diskutieren. Die Besonderheit liegt dabei in der deutlich werdenden unterschiedlichen Herangehensweise der Teilnehmer, die dem Einzelnen den Blick für benachbarte Disziplinen öffnet. Die in den Arbeitsgruppen erreichten Ergebnisse werden dann vor dem gesamten Auditorium vorgestellt und diskutiert, mitunter durchaus offensiv verteidigt. Die gesamte Schulungszeit ist von einer angenehmen, aber auch fordernden Atmosphäre konzentrierter Produktivität gekennzeichnet. Nicht zuletzt die gemeinsame Unterbringung, die auch außerhalb des eigentlichen Arbeitstages Möglichkeiten des weiterführenden Gesprächs und Kennenlernens eröffnet, ist verantwortlich für den Erfolg der Schools.

Die vom 16.-20. März 2009 in Staufen/Breisgau durchgeführte nestor-Spring School stand unter dem Leitthema „Digitale Langzeitarchivierung: Von der Konzeption zur Umsetzung“ [nestor Kompetenzwerk Langzeitarchivierung: Digitale Langzeitarchivierung: Von der Konzeption zur Umsetzung. Nestor/ DPE Spring School 2009]. Ziel dieser Spring School 2009 war es, den Teilnehmern neben den Grundlagen der Langzeitarchivierung die derzeitigen konzeptionellen Überlegungen zur Langzeitarchivierung zu vermitteln. Hier sind insbesondere zwei Schwerpunkte zu nennen: der Aufbau eines digitalen Archivs und die Langzeitarchivierung von Forschungsdaten.

Stefan Strathmann (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen), stellte am Anfang der Spring School Ziele, Aufgaben und Perspektiven des nestorprojektes vor. nestor (www.langzeitarchivierung.de) ist das deutsche Kompetenznetzwerk zur digitalen Langzeitarchivierung. Ziel von nestor ist der nachhaltige Aufbau einer kooperativen Infrastruktur, in der vielfältige Fachkompetenzen bei der Langzeitarchivierung in Deutschland und darüber hinaus zusammenwirken [Dobratz, S., Neuroth, H., Schoger, A.; Strathmann, S.: nestor – Entwicklungsstand des Kompetenzwerkes zur Langzeitarchivierung digitaler Ressourcen in Deutschland. In: ZfBB 52 (2005) 3-4 S.151-162]. nestor befasst sich hauptsächlich mit der dauerhaften Verfügbarkeit von digitalen Informationsobjekten, die in Archiven, Bibliotheken und Museen als Objekte von historischem und kulturellem Wert erhalten werden müssen [Huth, K.: Das Bundesarchiv und das Projekt nestor. Was bisher geschehen ist und was noch kommt. In: Mitteilungen aus dem Bundesarchiv H.2/2008].

Professor Regine Scheffel (Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig), gab als Einführungsvortrag einen Überblick über die Begrifflichkeit, die Strategien und die Modelle der Langzeitarchivierung. Wichtige Aspekte der Langzeitarchivierung machte sie anhand von aktuellen Modellen deutlich, insbesondere mithilfe des Modells von Thibodeau, bei dem drei Betrachtungsebenen, das heißt das konzeptionelle, das logische und das physische Objekt unterschieden werden. In ihrem Vortrag legte Frau Scheffel einen Schwerpunkt auf die Behandlung der Metadaten als strukturierte Daten über Objekte. Um die Beschreibung, die Suchbarkeit und das Auffinden der Objekte zu realisieren, müssen Metadaten mit dem jeweiligen digitalen Objekt verbunden werden. Als Ansatzpunkt dafür dient das Dublin Core Modell.

Als Referenzmodell für ein Archivsystem innerhalb des Produzenten-Konsumenten-Verhältnisses stellte sie das OAIS vor. OAIS steht für Open Archival Information System bzw. Offenes Archiv-Informations-System (ISO-Standard 14721:2003). Es beschreibt allgemein die notwendigen Organisationsstrukturen und Prozessabläufe eines Archivsystems, in dem Mensch und Technik zusammenwirken, um digitales Archivgut verfügbar zu halten. Der Teilnehmer erhielt mit diesem Vortrag einen Überblick über Umgang, Formate und Metadaten der digitalen Objekte.

Prof. Dr. Niklaus Stettler (Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur) stellte in seinem Vortrag den Lebenszyklus von Akten in den Fokus seiner Überlegungen. Indem er das bisher gewohnte Modell der Linearität der Datenexistenz, beginnend beim Datenproduzenten, der folgenden semiaktiven Phase in der Registratur bis zur stabilen Phase im Archiv mit den Abläufen der elektronischen Welt verglich, wurde die „Krise des traditionellen Lebenszyklus“ konstatiert. Im klassischen Modell dominiert die Sicht auf das Objekt, die Langzeitarchivierung wird meist ab der Ingest-Phase betrachtet. Das von ihm erläuterte The DCC Curation Lifecycle Model [http://www.dcc.ac.uk/docs/publications/DCCLifecycle.pdf] (Digital Curation Centre, UK) stellt den Wiedergebrauch und die Wiederbelebung der Objekte in den Vordergrund und fokussiert stärker auf die vor dem Ingest liegenden Prozesse der Bildung, Bewertung und Erschliessung von Informationsobjekten durch den Produzenten, der damit Aufgaben des Archivars übernimmt. Die traditionelle Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärzweck verliert an Bedeutung.

Karsten Huth (Bundesarchiv) beschrieb die praktische Umsetzung des OAIS-Modells beim Aufbau des digitalen Archivs im Bundesarchiv. Er sprach sehr praxisbezogen über die Erfahrungen der Konzeptionierungsphase. In ihr wurde zunächst die Basis für die Architektur des digitalen Archivs und dessen Implementierung in die technische Infrastruktur geschaffen. Neben der angestrebten OAIS-Konformität waren folgende Fragen zu klären: (1) Welche Dokumente sind abzuliefern?, (2) In welcher Form werden diese übermittelt? (Originale oder Exportdaten), (3) Welche Metadaten werden beigefügt?, (4) Wie sind rechtliche Belange geklärt?, (5) Welcher technische Standard ist notwendig?, (6) Wie viel Haushaltsmittel sind vorhanden und (7) welches Personal (mit Hintergrundwissen in Bezug auf archivarisches und technisches Wissen) steht zur Verfügung? – Der Vortrag und die dazugehörige Übung gaben eine Handlungsorientierung für den Aufbau eines digitalen Archivs [Nestor Kompetenzwerk Langzeitarchivierung: Digitale Langzeitarchivierung: Von der Konzeption zur Umsetzung. Nestor/ DPE Spring School 2009. S.50-57].

Prof. Dr. Achim Oßwald (Fachhochschule Köln/Institut für Informationswissenschaft) und Jens Ludwig (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) zeigten die Vorteile und Nachteile der einzelner Langzeitarchivierungsstrategien (Datensicherung, Computermuseum, Konversion, Emulation, Migration und Persistent Archives) auf. Als wichtigste Strategien der langfristigen Datensicherung sind Migration und Emulation zu nennen. Unter Migration versteht man die Änderung der Daten und ihre Anpassung an ein anderes, neueres Format. Dagegen wird bei der Emulation das digitale Objekt nicht verändert. Dessen Lesbarkeit wird durch Nachahmen der Ursprungsumgebung und Funktionalitäten gewährleistet. Dies erfolgt mittels spezieller Programme (Emulatoren) [Rauch, C.; Rauber, A.: Anwendung der Nutzwertanalyse zur Bewertung von Strategien zur langfristigen Erhaltung digitaler Objekte. In: ZfBB 52 (2005) 3-4, S. 172-180]. Bei der Konversion werden die Daten auf ein anderes Medium gebracht, bspw. auf einen Mikrofilm bzw. Fiche. Als einen kurz- bzw. mittelzeitigen Ansatz einer Speicherstrategie kann das Modell Computermuseum angesehen werden. Jedoch muss beachtet werden, dass trotz des Bereithaltens von Ersatzteilen und softwarespezifischem Knowhow die dauerhafte Funktionalität der verschiedenen Systemkomponenten nur sehr eingeschränkt gewährleistet werden kann.

Dr. Heike Neuroth (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) verdeutlichte in ihrem Vortrag, dass zukünftig die Frage der Langzeitverfügbarkeit und des Zugangs zu Forschungsdaten innerhalb der Langzeitarchivierung eine wesentliche Rolle spielen wird. Eindrucksvoll stellte sie den nestor-Ansatz dazu vor. Er besteht darin, Projekte der nachnutzbaren und vertrauenswürdigen Archivierung von Forschungsdaten zu entwickeln. Sie behandelte aus technischer Sicht Fragen der Datenmengen, ging aber auch auf die politische Brisanz bzw. die Konsequenzen für Wissenschaft, Wissenschaftsorganisationen, Service-Infrastruktureinrichtungen und auf die Aktivitäten der AG Forschungsdaten in der Allianz der Wissenschaftsorganisationen ein. Der im Herbst 2008 gegründeten Arbeitsgemeinschaft gehören Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz-Gesellschaft und der Hochschulrektorkonferenz an; die Leitgedanken der AG bestehen in Folgendem: „Qualitätsgesicherte Forschungsdaten bilden einen Grundpfeiler wissenschaftlicher Erkenntnis. Sie belegen wissenschaftliche Erkenntnisse und sind vielfach auch Grundlage weiterer Forschung. Der nachhaltige Umgang mit Forschungsdaten ist eine strategische Aufgabe, die von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsam zu leisten ist. Die Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisation ist sich des dringenden Handlungsbedarfs bewusst. Mit dem Ziel, die Qualität, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Wissenschaft zu fördern, verabschiedet sie Grundsätze für ein koordiniertes weiteres Vorgehen“ [Nestor Kompetenzwerk Langzeitarchivierung: Digitale Langzeitarchivierung: Von der Konzeption zur Umsetzung. Nestor/ DPE Spring School 2009. S.113].

Dr. Jens Klump (Deutsches GeoForschungsZentrum Potsdam) präsentierte praktische Beispiele für die Langzeitverfügbarkeit von Forschungsdaten aus Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft (Erdbeobachtungssystem, Endsystemmodellierung, Labordaten). In den Übungen standen bei der digitalen Langzeitarchivierung von Forschungsdaten die Beschreibung des Datensatzes, die Verknüpfung der Metadaten und das Datenformat zur Diskussion.

Jens Ludwig (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) stellte in seiner Lektion den von der nestor AG Standards entwickelten Leitfaden für die Informationsübernahme vor, der folgendermaßen aufgebaut ist: (1) Objekte, (2) Prozesse und (3) Management. Der Abschnitt „Objekte“ behandelt die Auswahl der zu archivierenden Informationen bzw. der Metadaten, und es werden die wesentlichen Eigenschaften der Objekte wie content, context, appearance, strukture und behaviour erläutert. Im Abschnitt „Prozesse“ werden die Transferpakete, die Validierung und der Transfer von Daten definiert. Im dritten Abschnitt sind Teilbereiche des Datenmanagements beschrieben, auch werden Fragen zum Vertrag, zur Übernahmevereinbarung und zur Dokumentation behandelt [Nestor-Arbeitsgruppe Standards für Metadaten, Transfer von Objekten in digitale Langzeitarchive und Objektzugriff: Wege ins Archiv. Ein Leitfaden für die Informationsübernahme in das digitale Langzeitarchiv. Nestor-Materialien 10].

Bei einer Weinprobe erläuterte Prof. Dr. Andreas Rauber (Technische Universität Wien) in origineller Weise die Strategien und Softwarewerkzeuge zur langfristigen Bewahrung digitaler Informationen. Anhand der Weinprobe stellte er ein auf der Nutzwertanalyse basierendes Vorgehensmodell zur Planung und Evaluierung von Erhaltungsstrategien vor. In dem Vortrag wurde deutlich, dass die Wahl der optimalen Speicherstrategie von den vom Anwender definierten Anforderungen abhängig ist [Rauch, C.; Rauber, A.: Anwendung der Nutzwertanalyse zur Bewertung von Strategien zur langfristigen Erhaltung digitaler Objekte. In: ZfBB 52 (2005) 3-4, S. 172-180]. Ausgehend von der Zieldefinition wurden die Methoden der Langzeitarchivierung, die Formate und die erforderlichen Metadaten dargelegt und anhand des Beispiels konkretisiert. Beim Wein wurde die Preservation Planning Strategie unter den Teilnehmern dann lebhaft weiter diskutiert.

Als Resümee kann gesagt werden: Die nestor- Spring School 2009 sprach als Fortbildungsreihe sowohl Auszubildende und Studenten als auch Praktiker und Forscher an. Sie bildete ein Forum, um Kontakte, Netzwerke auf- bzw. auszubauen und Synergien zu schaffen. Die Teilnehmer erhielten praktische Handlungsanweisungen mit theoretischem Hintergrund, um ein digitales Archiv aufbauen zu können. Dafür ist den Organisatoren, den Veranstaltern und den Referenten zu danken.

Dr. Frank Baumann, Hochschule Merseburg (FH), University of Applied Sciences, Hochschulbibliothek
Dipl.-Archivar (FH) Benny Dressel, Stadtarchiv Zwickau

Schramberg beruft neuen Stadtarchivar

Zum neuen hauptamtlichen Stadtarchivar von Schramberg wurde am 16. September 2009 vom Verwaltungsausschuss der Stadt in nicht öffentlicher Sitzung Carsten Kohlmann gewählt. Nach einem Intermezzo mit Michael Hensle (siehe Bericht vom 18.12.2008) ist nun eine Lösung gefunden, die auch der Museums- und Geschichtsverein Schramberg favorisiert.

Der Schramberger Kohlmann forscht seit seinem 15. Lebensjahr mit Leidenschaft in der Geschichte seiner Heimatstadt und sieht seine neue Funktion mehr als Berufung denn als Beruf. Nach Schule und Zivildienst im Schramberger Seniorenzentrum studierte Kohlmann in Tübingen. Die Archivausbildung absolvierte er im baden-württembergischen Landesarchiv, unter anderem in Sigmaringen. Er arbeitet derzeit noch im Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

Die zukünftige Arbeit werde sich an zentralen Aufgaben orientieren, insbesondere der elektronischen Archivierung. Auch solle ein digitales Bildarchiv geschaffen werden. Nicht zuletzt genieße die organisatorische und konzeptionelle Vorbereitung des Archivumzugs in das ehemalige Stadtwerke-Gebäude am Hammergraben Priorität. Schließlich erfordere die Erschließung der vorhandenen Bestände eine fast komplette Neuverzeichnung. Dies geschehe auch vor dem Hintergrund anstehender Jubiläen, wie dem 75. Geburtstag des Stadtarchivs Schramberg 2010 und dem 150-jährigen Stadtjubiläums Schrambergs 2017.

Kontakt:
Stadtarchiv Schramberg
Bahnhofstraße 1
(im Schloss an der B462)
78713 Schramberg
Tel.: 0 74 22 / 29 – 263
stadtarchiv@schramberg.de

Quelle: Peter Schönfelder, Schwarzwälder Bote, 17.9.2009

Eröffnung des neuen Stadtarchivs Saarbrücken Anfang 2010

Saarbrückens Baudezernentin Dr. Rena Wandel-Hoefer und Kulturdezernent Erik Schrader haben am 14. September 2009 im Rahmen eines Pressefrühstücks über den Stand der Bauarbeiten am neuen Stadtarchiv Saarbrücken in den Räumen der ehemaligen Deutscherrnschule in Alt-Saarbrücken informiert (siehe Bericht vom 20.8.2008). Der Gebäudemanagementbetrieb der Landeshauptstadt investiert in den Umbau rund 3,2 Millionen Euro.

Der Umzug vom jetzigen Standort in der Nauwieser Straße in das neue Gebäude ist für Ende 2009 vorgesehen. „Eröffnen wollen wir das neue Archiv Anfang 2010“, erklärte Schrader. Der Kulturdezernent weiter: „In dem neuen Gebäude werden die Defizite des jetzigen Archivs in der Nauwieser Straße behoben.“

Das aktuelle Archiv in der Nauwieser Straße mit einer Gesamtfläche von nur 500 Quadratmetern entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen. Das Archivmagazin ist mit einer Fläche von 300 Quadratmetern viel zu klein, platzt aus allen Nähten. Zudem ist das Klima für die Bedürfnisse eines Archivs unzureichend. Darüber hinaus gibt keine Werkstatt, die Arbeiten müssen im Vorraum des Leseraums erledigt werden. Auch der öffentliche Bereich ist unzureichend ausgestattet. Im Leseraum gibt es nur vier Benutzerarbeitsplätze ohne technische Ausstattung. Ein Ausstellungsraum ist gar nicht vorhanden, als Veranstaltungsraum kann derzeit der Vortragsraum der Musikschule genutzt werden – aber nur, wenn er frei ist.

Neues Gebäude bietet ausreichend Platz für Saarbrücker Archivschätze

„Am neuen Standort steht mit insgesamt 1400 Quadratmetern Fläche ausreichend Platz zur Verfügung, das Archiv erhält einen eigenen Ausstellungsraum und einen eigenen Veranstaltungsraum“, sagte Baudezernentin Dr. Rena Wandel-Hoefer. Kulturdezernent Schrader: „Im Untergeschoss und einem Erdgeschossflügel werden das Magazin für Karten und Pläne und die Handbibliothek untergebracht. Unter dem ehemaligen Schulhof wurde durch einen Stahlbeton-Anbau ein Tiefmagazin geschaffen, in dem Akten in Fahrregalen gelagert werden. Im Untergeschoss des Altbaus sind weitere Magazine unter anderem für Zeitungen und Fotos sowie die Werkstatt angeordnet.“

Im Erdgeschoss wird in einem Flügel der öffentliche Bereich eingerichtet, der aus dem Ausstellungsraum, dem Leseraum und dem Veranstaltungsraum besteht. Dr. Wandel-Hoefer: „Die Benutzer des Archivs können künftig an den Arbeitsplätzen im Leseraum moderne EDV-Technik einsetzen. Alle Arbeitsplätze sind mit Internetanschlüssen ausgestattet. An zwei Bildschirmen können Recherchen in den Online-Findmitteln des Archivs vorgenommen und Archivgut bestellt werden.“ Der Veranstaltungsraum wird mit moderner Technik ausgestattet. Das erste Obergeschoss ist den Verwaltungsräumen vorbehalten. In Teilen des Dachgeschosses befinden sich die haustechnischen Anlagen.

Kulturdezernent Schrader: „Im neuen Gebäude kann das gesamte Archivgut fachgerecht gelagert werden. Im Fotomagazin wird eine Klimabox integriert, in der Fotonegative mit speziellen klimatischen Anforderungen gelagert werden können. Im Magazin für Karten und Pläne wird neben der Lagerung in Planschränken eine Hängevorrichtung für großformatige Karten installiert. Alle Aktenmagazine werden mit Fahrregalanlagen ausgestattet. In der Werkstatt wird ein Reinraumabzug installiert, mit dem stark verschmutzte Archivalien ohne Gefährdung der Mitarbeiter gereinigt werden können.“ Auch dem Denkmalschutz sei durch möglichst geringfügige und moderate Änderungen an der bestehenden Substanz Rechnung getragen worden, sagten Schrader und Dr. Wandel-Hoefer.

Die Leiterin des Stadtarchivs, Dr. Irmgard Christa Becker, zeigte sich mit dem neuen Gebäude zufrieden: „Das Stadtarchiv Saarbrücken erhält erstmals ein eigenes Gebäude, das gleichzeitig das erste fachgerechte Archivgebäude im Saarland ist. Die Landeshauptstadt Saarbrücken ist damit der erste Archivträger im Saarland, der den bundesweit üblichen Standard erreicht.“

Innenausbau in vollem Gange

Derzeit ist der Innenausbau im vollen Gange, insbesondere Elektro-, Maler- und Bodenbelagsarbeiten werden durchgeführt. Parallel dazu laufen die Arbeiten an der Außenanlage, die bereits in den Schulferien unter erhöhtem Einsatz zu 70 Prozent fertig gestellt werden konnten.

Die Montage der Fahrregalanlagen im Untergeschoss als Herzstück des neuen Archivs ist Mitte September vorgesehen. Der Umzug der Verwaltung in das neue Gebäude wird im November und Dezember 2009 stattfinden. Wegen des Umzugs kann das Archivgut vom 2. November bis voraussichtlich 31. Dezember 2009 nicht genutzt werden.

Kontakt:
Dr. Irmgard Christa Becker
Stadtarchiv Saarbrücken
Nauwieser Straße 3
66111 Saarbrücken
Tel.: (0681) 905-1546
Fax: (0681) 905-1215
stadtarchiv@saarbruecken.de

Franz Glessner
Projektleiter GMS
Tel.: (0681) 905-1673
Fax.: (0681) 905-2050
lhs-gms@saarbruecken.de

Quelle: Landeshauptstadt Saarbrücken, Pressemitteilung, 14.9.2009

Virtuelles Archiv der bayerischen Urkunden

Das Bayerische Hauptstaatsarchiv ist eines der größten Urkundenarchive in Europa. Es ist insbesondere zuständig für die Überlieferung zahlreicher altbayerischer Bistümer und Klöster. Diese waren seit dem Mittelalter wichtige Träger des geistigkulturellen und politischen Lebens des Landes. Mit der Säkularisation gelangten die in ihren Archiven gehüteten Urkunden und Amtsbücher zum großen Teil in Staatsbesitz. Es handelt sich um Kulturgüter ersten Ranges.

\"Urkunde

Immer mehr Urkunden des Mittelalters und der Frühen Neuzeit können jetzt bequem online über das Internet eingesehen werden: Das „Virtuelle Urkundenarchiv Bayerns“ umfasst seit Mitte August 2009 über 13.000 Urkunden aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv. Die wertvollen Stücke werden mit Abbildungen der Vorder- und Rückseite sowie Beschreibungen („Regesten“) zur Verfügung gestellt. Insgesamt stehen über 27.500 Digitalisate online. Das virtuelle Archiv stellt das Ergebnis mehrerer laufender Projekte der staatlichen Archive Bayerns dar. Als gemeinsame Plattform dient „Monasterium“, das mit weit mehr als 100.000 Urkunden größte Online-Urkundenarchiv Europas. Hier sind die bayerischen Urkunden zusammen mit Dokumenten aus Österreich, der Schweiz, Italien, Tschechien und weiteren Nachbarstaaten (Slowakei, Slowenien, Ungarn u.a.) grenzüberschreitend erforschbar; das Bayerische Hauptstaatsarchiv ist mittlerweile der größte Content-Provider bei „Monasterium“.

Zu den im Internet abrufbaren bayerischen Beständen zählen die Dokumente so bekannter Klöster wie Aldersbach, Raitenhaslach und Windberg, aber auch die umfangreichen Urkundenfonds von Klöstern und Stiften der Stadt Passau (Niedernburg, St. Nikola). Sie werden ergänzt von den Bistümern Brixen, Chiemsee und Salzburg. Bald sollen die Bistümer Freising und Passau hinzukommen, ebenso zahlreiche weitere bekannte und weniger bekannte Klöster Altbayerns.

Mit dem „Virtuellen Urkundenarchiv Bayerns“ werden der Landesgeschichte, aber auch der Heimat- und Familienforschung grundlegende Quellen zur Verfügung gestellt. Die wertvollen Originale werden geschont und zugleich durch die Digitalisierung für die Zukunft gesichert – dies ist ein Aspekt, der angesichts der Katastrophe des Kölner Stadtarchivs nicht vergessen werden sollte.

Links:

Kontakt:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv
Schönfeldstraße 5-11
80539 München
(Postfach 221152, 80501 München)
Tel. 089/28638-2596
Fax 089/28638-2954
poststelle@bayhsta.bayern.de

Quelle: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, Pressemitteilung, 15.9.2009

Zwangsarbeit in Herford

Am 18.9.2009 wird um 19 Uhr in der Gedenkstätte Zellentrakt im Herforder Rathaus die neue Ausstellung "Zwangsarbeit im Raum Herford" eröffnet. Die Ausstellung ist vom 19. September 2009 bis 17. Juli 2010 in der Gedenkstätte Zellentrakt zu den normalen Öffnungszeiten (Samstags 14 – 16 Uhr) und für Gruppen und Schulklassen nach Vereinbarung zu sehen.

Bereits vor 20 Jahren erarbeitete die Geschichtswerkstatt "Arbeit und Leben DGB/VHS Herford" als eine der ersten in der Bundesrepublik – eine Ausstellung zum Thema Zwangsarbeit im Raum Herford, die in den Jahren darauf durch den ganzen Kreis Herford wanderte. Seinerzeit war es das Anliegen, diese lange verdrängte Geschichte vor Ort ans Licht zu bringen und den betroffenen Menschen ein Gesicht zu geben.

Wenige Jahre später, 1994 waren frühere Zwangsarbeiterinnen aus der Ukraine zu Gast in Herford. Die 2000 gegründete (Bundes-)Stiftung für die Entschädigung von Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern des NS-Regimes "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" hat 2007 ihre Arbeit abgeschlossen.

Das Thema Zwangsarbeit ist damit aber keineswegs "erledigt". Beleuchtet es doch u.a. zwei zentrale Aspekte nationalsozialistischer Ideologie:

  • die Eroberung von Lebensraum in Osteuropa sowie
  • den Aufbau einer nach \’rassischen\‘ Kriterien gegliederten Gesellschaftsordnung.

Über zehn Millionen Verschleppte und Kriegsgefangene schufteten für die deutsche (Kriegs-)Wirtschaft und in der Landwirtschaft. Alte, Junge, Männer, Frauen, oft 12- bis 15jährige Kinder transportierten die Deutschen aus ihrer Heimat ab, weg von der Strasse, vom Feld, dem Zuhause ins Ungewisse. Tausende starben an Hunger oder Krankheit oder wurden ermordet.

Auch im Kreis Herford waren zwischen 1939 und 1945 tausende Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter sowie Kriegsgefangene verschiedener Nationalitäten zwangsverpflichtet. In überschaubarer räumlicher Nähe dokumentierte sich für jeden sichtbar ein Stück nationalsozialistischer Herrschaft und Rasseideologie.

Für viele war es eine Reise ohne Rückkehr. Der Umgang mit den Fremden war im Kreis Herford, weder in den Betrieben, in der Landwirtschaft noch in der Verwaltung besser oder anders als sonst im Deutschen Reich. Menschenfreundliches, mutiges oder gar christliches Verhalten gab es, war aber absolute Seltenheit.

Einzelschicksale zeigen einen Leidensweg, der von der Verschleppung zur Arbeit, dem Weg in Konzentrations- oder Arbeitserziehungslager bis hin zum Tod oder der Ermordung reichte.

Die Gedenkstätte Zellentrakt ist ein authentischer Ort zu diesem Thema. In das ehemalige Herforder Polizeigefängnis lieferte die Polizei Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter, wenn sie Widerstand übten oder flüchteten ein und vernahmen sie. Vor hier ging es für Viele in andere Lager. Einige hinterließen Spuren.

Die Ausstellung bewahrt das Erinnern, präsentiert neue Ergebnisse und Quellen zur örtlichen Zwangsarbeit und ist ein Beitrag zur Aussöhnung mit den Opfern. Vor allem jungen Menschen soll deutlich werden, dass es für die Geschichte des Nationalsozialismus niemals einen Schlussstrich geben darf.

Für Schüler und Lehrer gibt es zum Besuch der Ausstellung ein Arbeitsblatt, das im Zellentrakt oder über www.zellentrakt.de erhältlich ist.

Veranstalter der Ausstellung sind Arbeit und Leben DGB/VHS Herford, Kuratorium Erinnern Forschen Gedenken und Gedenkstätte Zellentrakt/Stadtarchiv Herford. Die Ausstellung, das pädagogische Material und die Begleitveranstaltungen wurden von Helga Kohne, Christoph Laue, Michael Oldemeier und Schülerinnen und Schülern des Ravensberger Gymnasiums erarbeitet, die Gestaltung der Ausstellung stammt von Elke Brunegraf und Christoph Laue.

Eröffnung:

18.9. 2009 19 Uhr Zellentrakt

Begrüßung: Jutta Heckmanns (Kuratorium), Hermann Bueren (Arbeit und Leben)
Grußworte: Bürgermeister Bruno Wollbrink, Landrätin Lieselore Curländer
Zur Ausstellung: Helga Kohne, Michael Oldemeier
"Zahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter – Eine Entschädigung und Wiedergutmachung?"
Martin Bock, Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft, evz, Berlin… EVZ
Balladen und Gedichte: Rüdiger Drallmeyer, Liedermacher aus Lüdenscheid.

Begleitprogramm:

8. Oktober 2009, 18 Uhr, MARTa-Forum, Goebenstraße, Herford

"Eine Liebe in Deutschland"
Deutsch-französischer Spielfilm des polnischen Regisseurs
Andrzej Warda aus dem Jahre 1983 nach dem gleichnamigen Roman
von Rolf Hochhuth.

Eintritt 4 EUR (inkl. Besuch der aktuellen Ausstellung im MARTa)

14. November 2009, 16 Uhr, Zellentrakt
"Unerwünscht und vergessen"
Zwangsarbeiterinnen und ihre Kinder.
Dokumentarfilm von Anne Roerkohl, WDR/2000

Eintritt frei

12. Dezember 2009, 16 Uhr, Zellentrakt
"Efim, Antonia, Klawdia…"
Einzelschicksale in Lyrik und Prosa.
Lesung mit Helga Kohne und Schülern

Eintritt frei

Kontakt:
Zellentrakt im Rathaus
Gedenk-, Dokumentations- und Begegnungsstätte
Rathausplatz 1
32052 Herford
Tel.: 0 52 21 / 18 92 57
Fax: 0 52 21 / 13 22 52
info@zellentrakt.de
www.zellentrakt.de

Quelle: Christoph Laue, Kreis Herford, Mailingliste Westfälische Geschichte, 15.9.2009

Dokumentation zur Expertenanhörung zum Kölner Archiveinsturz erscheint

Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs hat weit über Nordrhein-Westfalen hinaus die Frage nach der Sicherheit archivischer Überlieferung aufgeworfen. Reichen die baulichen Standards für Archive aus? Sind die Archive fachlich und logistisch ausreichend für Notfälle gerüstet? Wie müssen Strategien zur Sicherung und zum Schutz von Archivgut durch Verfilmung und Digitalisierung aussehen? In einer Expertenanhörung, die am 24. Juni in Köln stattfand, haben Archivarinnen und Archivare, Restauratorinnen und Restauratoren sowie Vertreter der Archivträger und der historischen Forschung versucht, Antworten auf diese Fragen zu formulieren. Sie haben damit in einer ersten Bestandsaufnahme nach dem Unglück die "Lehren aus Köln" gezogen.

Zum Deutschen Archivtag in Regensburg (22.-25. September 2009) erscheint jetzt die Dokumentation zur Expertenanhörung. Sie enthält einen ausführlichen Bericht über die Referate und die Diskussionen in den Arbeitsgruppen sowie ausgewählte Vorträge im Volltext.

Die Publikation kann über das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen (Graf-Adolf-Str. 67, 40210 Düsseldorf, Mail: poststelle@lav.nrw.de) und über den Buchhandel bezogen werden.

Auf dem Deutschen Archivtag in Regensburg besteht die Möglichkeit zum Kauf der Publikation am Stand des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen (ARCHIVISTICA 2009 Regensburg Stand 40).

Info:
Lehren aus Köln. Dokumentation zur Expertenanhörung "Der Kölner Archiveinsturz und die Konsequenzen". Für das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen hg. v. Wilfried Reininghaus und Andreas Pilger. Düsseldorf 2009 (= Veröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 25). 96 Seiten. ISBN 978-3-9804317-0-5. Klappbroschur fadengeheftet, Verkaufspreis: 10,00 Euro.

Quelle: Landesarchiv NRW, Pressemitteilung, 15.9.2009

Kölner Perspektiven für die nächsten Jahrzehnte

Der Neubau des Historischen Archivs der Stadt Köln soll am Eifelwall entstehen. Die weiteren Planungen sehen vor, dass auch Kunst- und Museumsbibliothek sowie das Rheinische Bildarchiv mit in den Neubau einziehen. Zur Entscheidung des Rates der Stadt Köln, die dieser in seiner letzten Sitzung der Legislaturperiode am 10. September 2009 mit großer Mehrheit beschlossen hat, gibt es verschiedene Stellungnahmen.

\"Aufruf:

Oberbürgermeister Fritz Schramma begrüßt die Entscheidung: \“Ich freue mich, dass der Rat in meiner letzten Sitzung als Oberbürgermeister diese wegweisende Entscheidung getroffen hat und nach intensiven Beratungen dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt ist. Der Standort Eifelwall bietet dem Archiv gute Entwicklungsmöglichkeiten für die nächsten Jahrzehnte, ist innenstadtnah und hat eine sehr gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr – gute Voraussetzungen also für unser Ziel, wieder ein modernes Bürgerarchiv bereitzustellen.\“

Kulturdezernent Professor Georg Quander zeigt sich ebenfalls zufrieden: \“Ich bin sehr glücklich darüber, dass der Rat sich noch in dieser Legislaturperiode für den Neubau von drei Kultureinrichtungen der Stadt Köln entschlossen hat. Neben dem ohnehin fälligen Neubau für das Historische Archiv wird nun auch eine räumlich angemessene Unterbringung der Kunst- und Museumsbibliothek und des Rheinischen Bildarchivs möglich, wodurch sich auch gewisse Synergieeffekte verwirklichen lassen. Der Standort Eifelwall ist bürgernah, bietet aber auch eine hervorragende Anbindung an die Forschungsinstitute der Uni Köln. Also – eine gute Lösung für Köln!\“

Archivleiterin Dr. Bettina Schmidt-Czaia ergänzt: \“Ich bin froh, dass wir nun unsere Planungen konkret an einem Grundstück umsetzen können. Der Eifelwall ist gut geschützt vor Hochwasser und hat einen stabilen Untergrund, er ist gut erreichbar und bietet Platz für Erweiterungen, wenn wir sie brauchen. Jetzt können wir unsere Planungen, das sicherste und modernste Archiv Europas in Köln zu haben, mit Hochdruck umsetzen.\“

Der Neubau am Eifelwall soll in etwa fünf Jahren bezogen werden können. Die Verwaltung prüft nun, ob eine Ausschreibung erfolgt oder ein Wettbewerbsverfahren eingegangen wird. Dem neuen Rat wird voraussichtlich in der nächsten Sitzung am 29. Oktober ein entsprechender Vorschlag zur Genehmigung vorgelegt. Nach derzeitigem Stand ist für das Bauvorhaben des Historischen Archivs mit der Kunst- und Museumsbibliothek sowie dem Rheinischen Bildarchiv und einer Reservefläche für 30 Jahre mit Kosten für den Bau von rund 98 Millionen Euro zu rechnen.

Das Historische Archiv in der Severinstraße war 1971 mit einer Bruttogeschossfläche von 10.000 Quadratmetern für den zu erwartenden Zuwachs an Archivalien der nächsten 30 Jahre errichtet worden. Bei dem tragischen Einsturz des Archivs am 3. März 2009 starben zwei Menschen, 36 Anwohnerinnen und Anwohner verloren ihre Wohnung. Archivgüter aus 1.000 Jahren Kölner Geschichte wurden verschüttet. Mehr als 1.500 Einsatzkräfte und über 1.800 freiwillige Helfer aus dem In- und Ausland machten möglich, dass rund 85 Prozent der Archivalien bisher geborgen werden konnten. Das Ordnen und die Restaurierung der geschichtlichen Zeugnisse werden mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Unterdessen benötigt das Stadtarchiv Köln weitere solidarische Hilfe für die Ordnung der geretteten Archivalien. In einem aktuellen Aufruf (siehe Abbildung) heißt es: \“27.000 lfd. Meter erstversorgte Archivalien der Stadt Köln müssen nun nach der Bergung identifiziert und nach ihrem Schaden klassifiziert werden. Dafür brauchen wir vor Ort in den Asylarchiven in NRW, z.B. in Detmold, Münster, Bochum, Gelsenkirchen, IHRE Hilfe. Wenn Sie Interesse daran haben, zusammen mit erfahrenen Archivaren die historischen Dokumente der Stadt Köln zu erfassen, sprechen Sie uns an:

Historisches Archiv der Stadt Köln
Willy-Brandt-Platz 2
50679 Köln
Tel. 0221-221-20554
historischesarchiv@stadt-koeln.de
Ansprechpartnerin: Gabriele Görgens\“

Quelle: Stadt Köln, Pressemitteilung, 11.9.2009

Neues Kölner Stadtarchiv entsteht am Eifelwall

Der Neubau des Historischen Archivs der Stadt Köln entsteht am Eifelwall, Ecke Luxemburger Straße. Das beschloss der Rat der Stadt Köln am 10.9.2009 in seiner letzten Sitzung vor dem Machtwechsel an der Stadtspitze mit großer Mehrheit. Fast alle Parteien zeigten sich überzeugt vom Vorschlag der Stadtverwaltung, den Neubau an dieser Stelle zu errichten. Einzig die FDP sprach sich für einen Wiederaufbau am bisherigen Standort in der Severinstraße aus und stimmte dagegen. Einstimmig beschloss der Rat hingegen die Gründung einer Stiftung zu Gunsten des Archivs, in die die Stadt vorerst fünf Millionen Euro einbringen wird.

Die Investitionskosten wurden von der Verwaltung mit 98 Millionen Euro beziffert. Das Haus wird von der städtischen Gebäudewirtschaft für die Stadt gebaut, die dann für die Nutzung Miete zahlen wird. Mit in das neu errichtete Gebäude sollen auch die Kunst- und Museumsbibliothek und das Rheinische Bildarchiv einziehen.

Das Stadtarchiv Köln war am 3. März 2009 eingestürzt und hatte zwei angrenzende Wohnhäuser mitgerissen. Unter den Trümmern starben zwei Menschen, die Bergung der Archivalien ist noch immer nicht abgeschlossen. Die Unglücksursache ist bis heute nicht ermittelt, klar ist hingegen ein Zusammenhang mit dem Bau der neuen Nord-Süd-Stadtbahn, die unter der Severinstraße verlaufen soll.

Kontakt:
Historisches Archiv der Stadt Köln
Stadthaus Deutz – Westgebäude
Willy-Brandt-Platz 2
50679 Köln
Postfach 10 35 64,  50475 Köln
Telefon: 0221 / 221-22327
Telefax: 0221 / 221-22480
historischesarchiv@stadt-koeln.de

Quelle: Köln.de, 11.9.2009

Habermas überlässt sein Archiv der Goethe-Universität Frankfurt

Das umfangreiche Archiv eines der bedeutendsten deutschen Philosophen der Gegenwart wird langfristig in Frankfurt seinen Platz finden: Prof. Jürgen Habermas hat diese Absicht jetzt in einem Schreiben an den Präsidenten der Goethe-Universität zum Ausdruck gebracht. Damit hat Habermas erneut – wie bereits aus Anlass seines 80. Geburtstags im Juni – seine Verbundenheit mit Frankfurt als intellektuellem Zentrum und mit „seiner“ Universität bekräftigt. Bis zu seiner Emeritierung 1994 lehrte und forschte er in Frankfurt und war richtungsweisend für eine Generation von jungen Geisteswissenschaftlern, die heute die Inhalte des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ mitprägen.

Gemeinsam mit den Nachlässen anderer großer Autoren der Frankfurter Schule – wie Horkheimer, Adorno, Mitscherlich, Marcuse und Löwenthal – die sich in der Frankfurter Universitätsbibliothek und im Institut für Sozialforschung befinden, kann ein einzigartiges Ensemble Frankfurter Wissenschaftsgeschichte und bundesrepublikanischer Geistesgeschichte heranwachsen. Uni-Präsident Prof. Werner Müller-Esterl zeigte sich über Habermas’ Angebot hoch erfreut: „Ich bin froh und stolz, dass mit der in Aussicht gestellten Übernahme dieses Archivs die große Tradition der Frankfurter Schule auch auf diesem Weg in Stadt und Universität weiter wirken wird.“ Gleichzeitig sieht Müller-Esterl sich in seinen Bemühungen bestätigt, auch die Suhrkamp-Archive in Frankfurt zu erhalten. „Die Goethe-Universität hat die einmalige Chance, sich als der Ort deutscher Kulturgeschichte und ihrer von Frankfurt ausgehenden Weltgeltung in die Wissenschaftsgeschichte einzuschreiben.“ Durch die 2002 vertraglich vereinbarte, außerordentlich erfolgreiche Erschließung des Peter-Suhrkamp-Archives verfüge die Goethe-Universität über eine herausragende Expertise, um Habermas bedeutende Sammlung in verantwortungsvoller und zugleich öffentlichkeitswirksamer Weise zu betreuen.

Das Habermas-Archiv, das der Philosoph der Universität als ‚Vorlass‘ übergeben will und das sich zu großen Teilen in seinem Starnberger Haus befindet, umfasst unter anderem, soweit erhalten, Entwürfe und Manuskripte seiner mehr als 50 Bücher sowie Korrespondenzen mit Wissenschaftlern. Die Archivalien sollen in den kommenden Jahren systematisch wissenschaftlich aufbereitet werden. „Dies wird in enger Kooperation mit der Erschließung der bereits übernommenen Gelehrtennachlässe der Frankfurter Schule geschehen“, verweist Müller-Esterl auf die umfassenden wissenschaftlichen Erfahrungen, die die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg bereits in den vergangenen Jahren auf diesem Feld erworben hat.

Auch räumlich wird die Goethe-Universität optimale Unterbringungsmöglichkeiten für den Vorlass bieten. Das neue Archivzentrum, das unter anderem die Nachlässe der Autoren der Frankfurter Schule sowie das Schopenhauer-Archiv beherbergen wird und auch für das Suhrkamp- und Insel-Archiv vorgesehen ist, wird in Zukunft neue Akzente setzen: Es bildet einen wichtigen Baustein im Neubaukomplex der Universitätsbibliothek, der bis 2014 auf dem Campus Westend entstehen wird. „Damit bieten wir beste Voraussetzungen für eine lebendige interdisziplinäre Forschung und Lehre. Mit Ausstellungen, Lesungen und Symposien werden wir auch die Frankfurter Bürger ansprechen. Dass hier großes Interesse besteht, zeigen die enorme Resonanz auf die Werkschau zum 80. Geburtstag von Habermas in der Nationalbibliothek, aber auch auf die Hauslesungen, die das von der Goethe-Universität betriebene Suhrkamp-Archiv regelmäßig veranstaltet“, betont Müller-Esterl.

Kontakt:
Dr. Mathias Jehn
Leiter Archivzentrum + Frankfurt-Abteilung
Universitätsbibliothek J.C.Senckenberg
Bockenheimer Landstrasse 134-138
60325 Frankfurt am Main
Tel: 069-798-39007
Fax: 069-798-39062
m.jehn@ub.uni-frankfurt.de
www.ub.uni-frankfurt.de/archive

Quelle: Universität Frankfurt, Pressemitteilung, 11.9.2009

Magazin-Anbau für das Haus der Essener Geschichte ein Glücksfall

Das künftige "Haus der Geschichte" in Essen wird auch das Stadtarchiv Essen beherbergen. Der dafür vorgesehene Magazin-Anbau stellt einen Glücksfall dar. Denn der Bau ist funktional und trotzdem ästhetisch, die Wirkung seiner rostigen Fassade sei "betörend", so urteilt die WAZ.

Das „Haus der Geschichte” will Ende des Jahres 2009 den Betrieb aufnehmen. Das erklärte der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Klaus Wisotzky, auf Anfrage der WAZ. Das „Haus der Geschichte” wird nicht einfach nur das neue Domizil des Stadtarchivs, das von 1962 bis zuletzt im Rabbinerhaus beheimatet war, einem Seitenflügel der Alten Synagoge. Vielmehr ist ein öffentliches Zentrum zur Dokumentation der Essener Geschichte geplant.

Schauplatz ist die ehemalige Luisenschule am Bismarckplatz (Südviertel/Stadtmitte). Das Gymnasium schloss 2004. Über neun Klassenräume soll sich künftig eine Dauerausstellung der Essener Geschichte erstrecken. Ferner ziehen die Heimatkunde-Abteilung der Stadtbibliothek ein sowie der Historische Verein und die Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde. Die Gesamtprojektkosten sollen sich auf 6,3 Millionen Euro belaufen.

Derzeit sichtbarstes Zeichen des Baufortschritts ist die äußere Fertigstellung des Magazin-Gebäudes: Hinter der Luisenschule an der Bert-Brecht-Straße ist ein Anbau entstanden, der künftig rund zehn Regalkilometer mit alten Akten aufnimmt. Er kommt ohne Tageslicht aus, benötigt aber konstante 18 Grad Celsius Raumtemperatur und gleichbleibende Luftfeuchtigkeit. Deshalb sind in die Fassaden keine Fenster, sondern hochformatige Luken eingelassen. Die Fassade wurde mit korrodierendem Stahl verkleidet. „Die Fassade wird weiterrosten und so ihr Aussehen ändern”, erklärt der verantwortliche Architekt Frank Ahlbrecht. Eine Stahlfassade deute auf den „Tresor-Charakter” des Gebäudes hin und unterstreiche die Bedeutung Essens als frühere Stahl-Stadt.

Kontakt:
Stadtarchiv Essen
Steeler Str. 29
45121 Essen
Telefon: 0201-88-41300
Telefax: 0201-88-41313
stadtarchiv@essen.de
www.stadtarchiv.essen.de

Info: Der Lesesaal des Essener Stadtarchivs ist seit dem 1. Juli 2009 aufgrund der umfangreichen Umzugsvorbereitungen für die Benutzung geschlossen.

Quelle: Martin Spletter, WAZ Essen, 10.9.2009