Geschichte der Displaced Persons im Münsterland

Das Schicksal der Displaced Persons (DPs) im Landkreis und in der Stadt Münster untersucht Dr. Stefan Schröder in seiner jetzt veröffentlichten Studie. Mit dem Kürzel „DPs“ bezeichneten die Alliierten die von ihnen befreiten ausländischen NS-Opfer. 9,5 Millionen waren es reichsweit, 30.000 DPs befanden sich mit Kriegsende 1945 im Raum Münster. Das regionalgeschichtliche Werk, das von der Historischen Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) herausgegeben wurde, konkretisiert die allgemeinen Abläufe der DP-Geschichte bis 1951 im Umkreis der Westfalenmetropole und fördert dabei auch Neues zutage.

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„Die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter wurden nach ihrer Befreiung sofort als DPs bezeichnet und in Lagern gesammelt. Neben vielfältigen Schwierigkeiten überrascht das sehr schnell improvisierte kulturelle Leben in den Lagern. Dazu gehörte auch eine Tournee Menuhins durch die britische Besatzungszone, die der amerikanische Geiger mit dem britischen Komponisten Benjamin Britten absolvierte“, so Schröder bei der Präsentation seines Buches im Grevener Rathaus. Der von ihm rekonstruierte Lagerkosmos umfasste große Lager, die in Siedlungen wie in Greven und Reckenfeld und in Kasernen in Münster eingerichtet wurden, ebenso wie kleine bis kleinste Unterkünfte in Gaststätten, Klöstern oder Schulen. Nicht selten wurden auch die Barackenlager der Kriegszeit weiter verwendet.

Nach einer anfangs provisorischen fürsorgerischen Betreuung durch alliierte Truppen und internationale Hilfsorganisationen wurde die Mehrzahl der ehemaligen Zwangsarbeiter 1945/46 in ihre Heimatländer zurückgebracht („repatriiert“), teilweise unter Zwang. Zurück blieb eine unerwartet große Gruppe von ausländischen NS-Opfern, die überraschender Weise zunächst in Deutschland bleiben wollten: besonders Polen und Balten, die aus politischen und wirtschaftlichen Gründen nicht in das nun kommunistisch dominierte Osteuropa zurückkehren wollten. Mangels Alternativen mussten sich diese DPs längerfristig in ihren Lagern einrichten.

„Dabei wurden sie für ihre Befreier nach und nach von Opfern des Nationalsozialismus zum \’DP-Problem\‘, das immer weniger Betreuung als vielmehr strenge Maßnahmen nach sich zog – Arbeitsverpflichtung und Rationenkürzung, in Westfalen auch Überfüllung der Lager und damit einher gehende verschlechterte Lebensumstände“, verdeutlicht Schröder die Schwierigkeiten dieser Ausländer. Daher leerten sich die DP-Lager, als ab 1947 politische Lösungen in Form von Auswanderungsofferten angeboten wurden. Ihre Bewohner ließen sich zur Arbeit in Großbritannien anwerben oder wanderten aus: in die USA, nach Australien oder Kanada. Als 1950 die deutsche Verwaltung für die ehemaligen Zwangsarbeiter zuständig wurde, betreute sie unter der neuen Bezeichnung „Heimatlose Ausländer“ nur noch eine kleine Gruppe von DPs.

Bei dieser Entwicklung kommt nach den Erkenntnissen der Studie Münster besonderes Gewicht zu, denn ab 1947 übernahmen dortige DP-Lager Sonderaufgaben für die gesamte britische Besatzungszone. Am Behördenstandort Münster konzentrierte sich ab 1949 auch die landesweite Verwaltung für Displaced Persons. Und 1950 lebte dort ein Viertel aller DPs in Nordrhein-Westfalen. Daneben bestanden bis 1949/50 die DP-Lager in Greven und Reckenfeld in Siedlungen, die von ihren deutschen Bewohnern geräumt werden mussten. Für die DPs konnten diese Lager, die einer funktionierenden Kleinstadt ähnelten, schnell zu einer Art Ersatzheimat werden. Längerfristig erwuchsen daraus besondere Belastungen im Verhältnis zu den Deutschen, aber auch, weil eine dauerhafte Existenz der DP-Lager auch von den britischen Besatzungsbehörden nicht beabsichtigt war.

„Gerade in diesem Jahr, in dem das Kriegsende 1945 im Blickpunkt steht, ist das Buch eine wichtige Ergänzung und bietet eine gute Möglichkeit, an Vergessenes und Verdrängtes zu erinnern“, betont Prof. Dr. Wilfried Reininghaus, Vorsitzender der LWL-Kommission und Präsident des Landesarchivs NRW, der die Studie „mit Gewinn gelesen“ hat. Das ist nicht verwunderlich, hatten doch sowohl Schröder, Stadtarchivar in Greven, als auch Reininghaus beruflich in den letzten Jahren im Rahmen der vor allem von den Archiven getragenen Nachweisbeschaffung für NS-Zwangsarbeit den Brückenschlag zwischen historischer Forschung und aktuellen politischen Fragen zu bewältigen. Auch in der Stadt Greven, in deren Geschichte die beiden großen DP-Lager in Greven und im Ortsteil Reckenfeld markante Einschnitte bilden, weiß man die Forschungen zu schätzen: „Für die Stadt Greven handelt es sich nicht nur um eine Ergänzung der Ortsgeschichte, das Werk zeigt auch die Kompetenz des Stadtarchivs“, beglückwünschte Manfred Ellermann, Erster Beigeordneter der Emsstadt, seinen Mitarbeiter und Buchautor Schröder, der bereits als Student die historischen Dokumente über die DPs in Greven und Reckenfeld gesichtet hatte.

Info:
Stefan Schröder: Displaced Persons im Landkreis und in der Stadt Münster 1945-1951 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen XXII/22), Aschendorff-Verlag Münster, 2005, 464 Seiten, ISBN: 3-402-06784-6, 29,- Euro.

Archivpflege in Westfalen-Lippe 62/2005

Das 62. Heft der Zeitschrift "Archivpflege in Westfalen-Lippe" (April 2005) widmet sich schwerpunktmäßig dem 13. Deutsch-Niederländischen Archivsymposion, das im November 2004 in Bocholt stattfand. Die Veranstaltung stand unter dem Titel "Dokumentationsprofile – Informationssicherung der Archive als gesamtgesellschaftliche Aufgabe" und wollte deutlich machen, dass sich die Aufgabe der öffentlichen Archive nicht darauf beschränken kann und darf, das Wirken von Behörden und amtlichen Stellen zu dokumentieren. Vielmehr müsse es um die Sicherung der Zeugnisse aller gesellschaftlichen Gruppen gehen.

Inhalt:

13. Deutsch-Niederländisches Archivsymposion

  • Frank Keverling Buisman: Grußwort zur Eröffnung (2)
  • Hans-Ulrich Thamer: Die Bedeutung von nichtamtlichem Archivgut als Ergänzungs- und Parallelüberlieferung für die Forschung (3)
  • Alice van Diepen: Zur Entwicklung von Kriterien für den Erwerb privater Archive und Sammlungen (7)
  • Jelle Krol: Das ungewöhnliche Erwerbsprofil von Tresoar (12)
  • Hans-Holger Paul: Deutsche und Internationale Gewerkschaftsakten im Archiv der sozialen Demokratie: zentrale Quelle für die Sozial- und Zeitgeschichte (16)
  • Ingrid Elferink: Von Firmenarchiven zur ING (20)
  • Thorsten Wehber: Historische Archive von Banken und Sparkassen in Deutschland. Bestandsaufnahme und Perspektiven (24)
  • Charles Jeurgens: Archive und das ethische Gedächtnis. Die Sammlung des Kulturerbes der türkischen Immigranten in Dordrecht (31)
  • Johannes Beleites: Überflüssige Parallelüberlieferung oder sinnvolle Ergänzung? Der Zugang zu Unterlagen über Opposition und Widerstand in der DDR in der Stasi-Unterlagen-Behörde sowie in Archiven der DDR-Bürgerrechtsbewegung (34)
  • Maarten van Driel: Zusammenfassung der Tagungsergebnisse (40)

Weitere Beiträge

  • Eberhard Illner: Sammlungen und private Archive – eine Aufgabe für kommunale Archive? (41)
  • Positionspapier der Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag: Das historische Erbe sichern! Was ist aus kommunaler Sicht Überlieferungsbildung? (45)
  • Antje Scheiding: Das Unternehmensarchiv der Bertelsmann AG (46)

  • Tagung des nordrhein-westfälischen Arbeitskreises Archiv, Bibliothek, Dokumentation (ABD) (50)
  • "Schutz archivalischer Informationen" – Fortbildungsseminar der BKK in Bad Blankenburg (50)
  • "Die Überlieferung von Unterlagen der Bundes- und Landesfinanzverwaltung" – Workshop des Landesarchivs NRW (51)
  • Kulturnacht zum 50jährigen Jubiläum des Staats- und Personenstandsarchivs Detmold am 23. Juni 2005 (52)
  • Das Archiv der von Schenckinck zu Bevern verzeichnet (52)
  • Das Gutsarchiv Steinhausen (54)
  • Bestände des Stadtarchivs Werne im Internet (55)
  • Nachlassbestand des freiherrlichen Archivs Herringhausen-Overhagen erschlossen (56)
  • Internet-Datenbank für Schriftstellernachlässe freigeschaltet (57)
  • 20 Jahre Dokumentationsstelle der Gesellschaft für Leprakunde e.V., Münster-Kinderhaus (57)
  • Stadtarchiv Bad Oeynhausen in neuen Räumen (58)

Info:
Archivpflege in Westfalen-Lippe, Heft 62, April 2005
ISSN 0171-4058
im Auftrag des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe – Westfälisches Archivamt – hg. von Norbert Reimann und Wolfgang Bockhorst

Redaktion:
Westfälisches Archivamt
Redaktion Archivpflege in Westfalen-Lippe
Susanne Heil
48133 Münster
Tel. 0251/5915779 und 5913887
Fax. 0251/591269
westf.archivamt@lwl.org

Link: www.archivpflege.de

Ein Haus für die Geschichte

1971 erhielt Bielefeld mit Reinhard Vogelsang den ersten wissenschaftlich ausgebildeten Archivar zum Leiter des Stadtarchivs. Als der Ltd. Stadtarchivdirektor dann 2002 noch vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand verabschiedet wurde, glaubte die Stadt Bielefeld auf eine Wiederbesetzung der wissenschaftlicher Leiterstelle ihres Archivs verzichten zu können. Gegen diese Personaleinsparung erhoben verschiedene Stimmen, nicht zuletzt aus dem Kreis der Fachkollegenschaft anderer Archive der Stadt, öffentlich Protest. Das Stadtarchiv Bielefeld stelle mitsamt seiner Landesgeschichtlichen Bibliothek die zentrale Anlaufstelle für lokal- und regionalgeschichtliche Forschung sowie für private Recherchen dar und besitze eine besondere Bedeutung für den Geschichtsunterricht in den allgemeinbildenden Schulen, so die Argumente der Kritiker. Ihre Einwände verhallten ungehört.

Als Reinhard Vogelsang, seit 1988 auch Honorarprofessor an der Universität Bielefeld, im Mai 2004 zu seinem 65. Geburtstag offiziell pensioniert wurde, überreichten ihm Freunde und Wegbegleiter, Mitarbeiter und Nutzer des Stadtarchivs eine vom Historischen Verein für die Grafschaft Ravensberg verantwortete Festschrift. Ohne im Buch näher auf die denkbaren negativen Folgen der städtischen Personalpolitik für das Archiv und die Stadt einzugehen, macht Johannes Altenberend, Herausgeber der Festschrift und Vorsitzender des Historischen Vereins, in seiner Einleitung aber doch deutlich, dass nun der Verein in der Verpflichtung stehe, „Vogelsangs Ideen weiter auszugestalten, und das heißt vor allem die Selbständigkeit des Bielefelder Stadtarchivs und der Landesgeschichtlichen Bibliothek zu erhalten und das Ansehen dieser städtischen Institution zu erhöhen“ (S. 13f.).

Die Festschrift selbst erfüllt dieses lobenswerte Ansinnen trotz ihres programmatischen Titels („Ein Haus für die Geschichte“) nicht. Das liegt nicht an der Qualität der 27 versammelten Beiträge oder am Umfang des mit über 500 Seiten eindrucksvollen Geschenkes. Als 89. Jahresbericht des Historischen Vereins ordnet sich die Festschrift hingegen dem typischen Profil der Reihe unter, die ohne Oberthema auskommt und Aufsätze zur Geschichte der ehemaligen Grafschaft Ravensberg mit ganz unterschiedlicher inhaltlicher und zeitlicher Ausrichtung vereint. Das ist auch durchaus sinnvoll, um die breite Palette der Vereinsaktivitäten zu dokumentieren. Für die Festschrift Reinhard Vogelsang wäre man angesichts des oben zitierten Postulats jedoch besser vom üblichen Verfahren abgewichen – oder hätte sie außerhalb der Jahresberichte publiziert. In ihrer thematischen Vielfalt erweist sie zwar dem breiten, in einem Schriftenverzeichnis aufgeführten Œuvre des Jubilars (S. 515-518) ihre Referenz. Doch sieht man einmal von der Person Vogelsangs ab und sucht nach Impulsen, die er in seiner Funktion als wissenschaftlicher Leiter des Stadtarchivs nachweislich gegeben hat, wie Jürgen Kocka in seinem Geleitwort betont (S. 9f.), so können die Beiträge des Bandes in der Summe nicht zur Stützung der Selbständigkeit und des Ansehens des Stadtarchivs Bielefeld gleichsam instrumentalisiert werden. Nur die Hälfte der Aufsätze besitzt eine dezidiert auf Bielefeld bezogene stadtgeschichtliche Komponente, und erst nach mehr als 200 Seiten wird erstmals im Band aus Primärquellen des Stadtarchivs gearbeitet und zitiert.

Taugt die Festschrift trotz ihrer Dicke aus konzeptionellen Gründen insofern nicht als schlagender Beweis für die hohe wissenschaftliche Kompetenz und historische Auskunftsfähigkeit, die das Stadtarchiv Bielefeld unter Reinhard Vogelsang erworben hat – und ist der Ruheständler daher gehalten, den längst von ihm erhofften dritten Band seiner Stadtgeschichte bald vorzulegen –, so beinhaltet sie gleichwohl zahlreiche erhellende Abhandlungen. 

Inhalt:

  • Jürgen Kocka: Geleitwort 
  • Johannes Altenberend: Ein Haus für die Geschichte – Das Haus ist für jeden offen. 
  • Daniel Bérenger: Zur Vorgeschichte des heutigen Siedlungsbildes von Steinhagen 
  • Brigitte Brand: Vom blauen Saal zum Backsteinkeller. Zur Entwicklung städtischer Bauformen in Bielefeld 
  • Dieter Lammers: Mittelalterliche und neuzeitliche Spielzeugfunde von der Welle in Bielefeld 
  • Harald Grundmann, Brigitte Brand: Das Bielefelder Sonnenuhrfragment – ein rätselhafter Fund bei den archäologischen Grabungen an der Welle (2000–2002) 
  • Harald Wixforth: Die Gogerichtsbarkeit und die Darstellung von Problemen des bäuerlichen Lebens in Gogerichtsurteilen 
  • Heinrich Rüthing: Der Levitenstuhl von St. Jodokus in Bielefeld 
  • Uwe Standera: Die ravensbergischen Pfarrerfamilien Varenholz 
  • Helmut Hüffmann: Der dänische Überfall auf die Stadt Lübbecke im Jahre 1627 und die Grappendorfschen Forderungen 
  • Roland Köhne: Ein Gebet- und Liederbüchlein der Herforder Äbtissin Hedwig Sophie Auguste (1705–1764) in der Bibliothek des Ratsgymnasiums Bielefeld 
  • Bernd Hey: Schnapsbrennen in Steinhagen – Mäßigkeitspropaganda in Brockhagen 
  • Gertrud Angermann: An ihrem Äußeren sollt Ihr sie erkennen! Silhouetten einer Lippstadt-Bielefelder Kaufmannsfamilie von 1791 und einer
    Müllerfamilie des Kirchspiels Dornberg von 1805 
  • Bärbel Sunderbrink: Zwischen Tradition und bürgerlicher Rationalität. Friedhofsverlegungen im 19. Jahrhundert in Minden-Ravensberg
  • Johannes Altenberend: Die Säkularisation des Bielefelder Franziskanerklosters St. Jodokus. Von der Kloster- zur städtischen Pfarrgemeinde 
  • Frank Konersmann: Kooperation und Konfrontation zwischen protestantischem Unternehmer und katholischer Kirche in Ostwestfalen während des 19. Jahrhunderts 
  • Alfred Menzel: Johann Heinrich Scherr – Bielefelder Pfarrer und ravensbergischer Superintendent 
  • Martin Tabaczek: Ein unchristlicher Streit um das Christliche Gesangbuch 
  • Monika Minninger: Ostwestfälische Vormärz-Flüchtlinge und Forty-Eighters in Nordamerika 
  • Bernd J. Wagner: Armut und Krankheit. Ein Beitrag zur Finanzierung der Krankenhauspflege in Preußen 
  • Jürgen Büschenfeld: Stadt und Umwelt im Industrialisierungsprozeß – Ein Beitrag zur Bielefelder Umweltgeschichte 
  • Karl Ditt: Der „Minden-Ravensberger“ – Zum Wandel eines Sozialstereotyps im 19. und 20. Jahrhundert 
  • Gerhard Renda: Bauen für Bielefeld – der Stadtbaurat Friedrich Schultz
  • Norbert Sahrhage: Zur politischen Kultur in der Stadt Herford in den Anfangsjahren der Weimarer Republik 
  • Harald Propach: Theodor von Sicard (1885–1968). Pfarrer an der Altstädter Nicolaikirche in Bielefeld 
  • Hans-Jörg Kühne: Augenzeugenberichte: Der Großangriff auf Bielefeld am 30. September 1944 
  • Rolf Westheider: Zwei Kriege, ein Denkmal. Die Bielefelder Sondererinnerung des Kriegsgefangenenschicksals 
  • Karl Beckmann: Die Demontage der Firma Arntzen-Leichtbau KG in Brackwede nach dem Zweiten Weltkrieg 
  • Wolfgang Emer, Uwe Horst: Die Region im Geschichtsunterricht. Zur Theorie und Praxis eines didaktischen Konzepts 
  • Schriftenverzeichnis von Reinhard Vogelsang 
  • Autorinnen und Autoren 

Info:
Johannes Altenberend (Hg.): Ein Haus für die Geschichte. Festschrift für Reinhard Vogelsang, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2004 (89. Jahresbericht des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg, Jahrgang 2004), ISBN 3-89534-529-6, 520 S., geb., 29,00 €.

Jens Murken (Bielefeld)

Drei Räume Heimatvereins-Archiv in Rüsselsheim

Der Heimatverein Rüsselsheim, der heute rund 180 Mitglieder hat, wurde im Jahr 1905 gegründet. 1909 eröffnete er in der mittelalterlichen Rüsselsheimer Festung erstmals ein Museum der Stadt. Das europaweit als Modell bekannt gewordene heutige Museum in der Festung wurde 1976 eröffnet. Aufgrund seiner neuartigen Ausstellungskonzeption, die erstmals Technik-, Industrie- und Sozialgeschichte im Zusammenhang darstellt, erhielt das Museum 1980 als \“gegenwärtig eines der bedeutendsten und einflußreichsten Museen Europas\“ den Museumspreis des Europarates.

Heute haben in der in Hessen einmaligen historischen Festungsanlage das städtische Museum, das Stadtarchiv Rüsselheim und der jetzt hundert Jahre alte Heimatverein ihr Domizil. Das Archiv des Rüsselsheimer Heimatvereins in der Festung ist jeden Nachmittag geöffnet. Das Interesse der Bevölkerung an der Geschichte Rüsselsheims förderte der Verein mit der Publikationsreihe \“Rucilin\“, die seit 1978 18 Mal erschienen ist.

Heute, da das Museum ganz in den Händen der Stadt und in der Festung zu finden ist, ist der Verein stolz auf seinen Beitrag zur Dokumentation der lokalen Zeitgeschichte. \“Viele Bürger, aber auch andere Vereine werden in unserem Archiv fündig und durch Ausstellung mit alten Bildern ist es möglich, bei den Rüsselsheimern viele Erinnerungen zu wecken\“, beschreibt Vorsitzender Manfred Powalka seine Arbeit. Gut drei Räume sind mittlerweile mit Zeitungsartikeln, Tonträgern und Fotos angefüllt, was den Wunsch des Vorsitzenden nach weiteren Räumlichkeiten erklärt. 

Kontakt:
Heimatverein Rüsselsheim 1905 e.V.
Manfred Powalka
Postfach 1734
65407 Rüsselsheim
Telefon 06142/81709
Fax 06142/738688
manfred.powalka@t-online.de

Quelle: Main-Spitze, 22.6.2005

Porz hat eine neue Archivarin

1960 hatte die damalige Stadt Porz ein Archiv eingerichtet, das im Gebietsänderungsvertrag von 1975 bei der Eingemeindung von Porz nach Köln garantiert worden war. Die neue für das alte Porzer Archiv zuständige Archivarin, Claudia Tiggemann-Klein, hat sich jetzt der Bezirksvertretung erfolgreich vorgestellt. Die Historikerin und Archivarin ist seit dem 1. April 2005 eingestellt und nur für das Porzer Archiv, das jetzt im Historischen Archiv der Stadt Köln weitergeführt wird, zuständig. 

Mittlerweile sind alle Kartons sowie Akten in Köln angekommen und stehen weitgehend wieder für die historische Arbeit zur Verfügung. Die Porzer Archivleiterin kündigte an, sie plane Dauerausstellungen im Porzer Rathaus und wolle dazu auch zu bestimmten Themen Archivalien zeigen. Natürlich werde das Porzer Archiv, zu dem jetzt auch Poll gehört, weiter entwickelt. Ungeklärt ist derzeit noch die Frage, ob Porzer Politiker für das Ausleihen Gebühren bezahlen müssen, wie unlängst geschehen. Ungeklärt ist auch noch, wenngleich es sich nur um eine Formsache zu handeln scheint, ob und wer das Gehalt von Frau Tiggemann-Klein bezahlt.

Kontakt:
Historisches Archiv der Stadt Köln
Severinstr. 222-228
D-50676 Köln
Tel.: 0221-221-22329
Fax: 0221-221-22480
hastk@netcologne.de

Quelle: Kölner Wochenspiegel, 21.6.2005

Suche nach zuverlässigen digitalen Archiven

Wer Daten aufbewahren muss, sorgt sich nicht nur um die Dauerhaftigkeit der Träger und die Gewährleistung, dass diese auch in Zukunft gelesen werden können. Auch Fälschungen bereiten den Archivaren zunehmend Sorgen. Bei digitalen Daten, etwa Datenbanken, Internet-Seiten oder Dokumenten, Fälschungen zu entlarven, wäre nicht möglich. Warum erklärt Archivrat Dr. Christian Keitel vom Landesarchiv Baden-Württemberg im Deutschlandfunk:

Streng genommen gibt es gar keine digitalen Originale. Es gibt nur Kopien, die man für glaubwürdig hält. Bei Urkunden können wir gucken, was ist das Wasserzeichen, wann wurde das Wasserzeichen verwendet, wer hat das Siegel damals verwendet, wie ist die Schrift? Diese Merkmale dienen ja klassischer Weise dem Historiker zur Authentifizierung. Und die fallen alle weg. Das müssen wir anders herum lösen.

Der Historiker befasst sich im Staatsarchiv Ludwigsburg mit elektronischer Langzeitarchivierung. Was die Sache noch schwieriger macht, ist, dass es keinen Datenträger gibt, auf dem man die Daten einerseits sehr lang und andererseits jederzeit verfügbar halten kann. Deshalb müssen die Daten alle paar Jahre von einem Datenträger zum nächsten kopiert werden, also etwa von der Diskette auf CD, von der CD auf DVD und so weiter.

Wir müssen also einerseits die Daten verändern, aber andererseits doch glaubwürdig bleiben, für die Benutzer dann auch glaubwürdig sein, dass die wirklich unveränderte Informationen bekommen haben, obwohl die Formate sich geändert haben.

Damit Historiker in Zukunft heutigen elektronischen Daten in einem Archiv trauen können, müssen also Spielregeln für die Behandlung der Daten verabredet werden. Und ideal wäre dann eine Art Siegel oder Stempel, der das sicherstellt:

Digitales Wasserzeichen, digitale Signatur, elektronische Verschlüsselung, das alles gibt es ja schon, wurde vom Gesetzgeber zum Teil auch schon vorgeschrieben für bestimmte, rechtlich verbindliche Dokumente. Aber sie gelten jeweils nur für einen sehr kurzen Zeitraum von wenigen Jahren. Danach ist damit zu rechnen, dass die Computergenerationen, die dann auf dem Markt sind, die Schutzmechanismen knacken können und der Ausweis der Authentizität wieder weg ist.

Gelingt es nicht, die Daten vertrauenswürdig zu speichern, kann man sich die Archivierung sparen, weil die Glaubwürdigkeit dann das schwächste Glied in der Kette wäre. Deshalb wird im In- und Ausland an diesem Problem gearbeitet, das die Computer-Branche bisher nicht gelöst hat. Die weltweite Verfügbarkeit der Daten ist nur nützlich, wenn ihre Vertrauenswürdigkeit überall erkannt werden kann. In München trafen sich am Dienstag deshalb rund 70 Archivare, Bibliothekare und Museumsleute zu einem Workshop des Kompetenznetzwerkes Nestor, um zu klären, wie man elektronische Archive genau so verlässlich machen kann wie herkömmliche Archive. Und vor allem, wie man das durch ein Zertifikat belegen könnte. – Noch dieses Jahr will man eine Lösung finden, damit nächstes Jahr die ersten Archive als \“vertrauenswürdig\“ zertifiziert werden könnten. Weil es bisher noch recht wenige digitale Archive gibt, käme das gerade noch rechtzeitig. Diese Standards werden auch Klarheit über den Personalbedarf und die Kosten bringen. Da aber in vielen Archiven – trotz dieser zusätzlichen Arbeit – ein Personalabbau von 20 bis 30 Prozent geplant ist, könnten viele digitale Unterlagen verloren gehen, ehe sie überhaupt archiviert werden konnten.

Quelle: Carl-Josef Kutzbach, Deutschlandfunk (Forschung Aktuell), 21.6.2005

Wiener Hofkammerarchiv soll erhalten bleiben

Nach Gesprächen über die Zukunft des 1578 erstmals urkundlich erwähnten Wiener Hofkammerarchivs, die jetzt zwischen dem österreichischen Bundesdenkmalamt und der zuständigen Sektion im Kanzleramt erfolgten, scheint eine vollständige Absiedelung des historischen Archivs vom Tisch. Nach bisherigen Plänen hatte das gesamte Archiv in den 3. Bezirk Wiens übersiedeln sollen. 

Das Denkmalamt hatte dagegen protestiert und betont, dass das Gebäude inklusive Inventar unter Schutz stehe. Klares Ziel des Denkmalamtes sei weiterhin, das Ensemble unverändert zu erhalten, was aber eine zusätzliche Nutzung nicht ausschließe. Eine Kompromiss wäre etwa, Teile der Bestände wegzuschaffen, die nicht von Beginn an zum Archiv gehörten. So könne man zusätzliche Freiräume schaffen. – Bei kommenden Beratungen soll eine Einigung erzielt werden, zeitlicher Druck herrsche jedoch nicht.

Kontakt:
Hofkammerarchiv
Johannesgasse 6
A-1010 Wien 
Telefon: (01) [0043 1] 512 54 34, 513 78 00
Telefax: (01) [0043 1] 512 54 34 14

Quelle: Der Standard, 15.6.2005

Bayerischer Archivtag in Amberg

Rund 220 Teilnehmer waren am Wochenende zu Gast beim 4. Bayerischen Archivtag in Amberg. Seit 1999 führt der Archivtag im Zwei-Jahres-Rhythmus Vertreter staatlicher, kommunaler, kirchlicher und wissenschaftlicher Archive zum Informationsaustausch zusammen und ist damit laut Prof. Dr. Hermann Rumschöttel, dem Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns, das einzige übergreifende Forum dieser Art für Archivare. Der Archivtag in Amberg stand unter dem Motto \“Geschichte und Identität: Der Beitrag der Archive". Das umfangreiche Programm begann am Freitag mit Sitzungen der Fachgruppen (Kirchen-, Kommunal- und Hochschularchivare), denen sich eine Führung durchs Staatsarchiv Amberg und ein Empfang beim Oberbürgermeister Dandorfer im Rathaus anschlossen. Am Samstag tagte das Plenum: Mit der Frage nach der Identität des Menschen in Zusammenhang mit der Geschichte und nach der Rolle, die die Archive dabei spielen, befassten sich die Tagungsteilnehmer in zwei Arbeitssitzungen.

Seit 2001 wird im Rahmen des Bayerischen Archivtags auch der Archivpreis \“Janus\“ vergeben. Dr. Thomas Goppel, Bayerns Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, überreichte im Rahmen einer Feierstunde im Großen Rathaussaal den "Bayerischen Janus" an Dr. Martin Geiger, den ehemaligen 1. Bürgermeister der Stadt Wasserburg am Inn – eine Auszeichnung, mit der der Archivtag besondere Verdienste um das Archivwesen würdigt. Minister Goppel würdigte die bayerischen Archive als einen \“ganz wesentlichen Bestandteil unseres kulturellen Gedächtnisses\“. Dr. Geiger habe sich in vielfältiger Weise um das historische Erbe seiner Stadt verdient gemacht.

Gerade die kommunalen Archive seien nicht nur Sammelstelle für Verwaltungsunterlagen, sondern ermöglichten \“kommunale Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit mit geschichtlicher Tiefenschärfe\“. Ein Mensch brauche \“intakte historische Wurzeln\“, nur so könne er wachsen und gedeihen. Das Wasserburger Stadtarchiv, das Dr. Martin Geiger in seiner 30-jährigen Amtszeit als Bürgermeister stets ein besonderes Anliegen gewesen sei, erfülle die Vorstellungen des Gesetzgebers in vorbildlicher Weise.

Kontakt:
Stadtarchiv Amberg
Zeughausstraße 1 
92224 Amberg 
Tel. 09621/10-266 
oder 09621/10-268 
Fax: 09621/10-828
stadtarchiv@amberg.de

Quelle: Oberpfalznet, 20.6.2005

Privatsammlung zum Berufsleben ins Wirtschaftsarchiv

Das Ergebnis seiner jahrzehntelangen Sammelleidenschaft konnte Klaus Theyßen aus Somborn jetzt dem Westfälischen Wirtschaftsarchiv Dortmund übergeben. Das private Archiv umfasst rund 50 Ordner, vollbepackt mit Unterlagen, Dokumenten und Unikaten aus dem Berufsleben, aber auch aus unterschiedlichsten Ämtern, die Theyßen inne hatte und hat. So ist er u.a. Fraktionschef der SPD in der Lütgendortmunder Bezirksvertretung.

Bei der Dortmunder Ritter Brauerei, später Dortmunder Union-Ritter Brauerei und schließlich Dortmunder Brau Union war der 60-Jährige von 1959 bis 2002 beschäftigt. Hinzu kamen Mandate- und Funktionen im Betriebsrat, bei der BKK und in der Gewerkschaft NGG. Auch saß Theyßen im IHK-Prüfungsausschuss \“Brauer und Mälzer\“. Im Laufe der Zeit hat er alles akribisch gesammelt und katalogisiert. Die angelegten Ordner sind lückenlose Nachschlagewerke, für die er längere Zeit nach dem richtigen Aufbewahrungsort suchte, bis er bei einer Veranstaltung auf die Stiftung Westfälisches Wirtschaftsarchiv Dortmund stieß und nach einem ausführlichen Gespräch wusste, dass seine Unterlagen hierher gehören. Jetzt holte Diplom-Archivar Klaus Pradler die Ordner ab und zeigte sich beeindruckt von deren Ordnungszustand.

Kontakt:
Stiftung Westfälisches Wirtschaftsarchiv Dortmund
Märkische Str. 120
44141 Dortmund
Tel.: 0231 / 54 17 296/297
Fax : 0231 / 54 17 117
wwado@dortmund.ihk.de

Quelle: Norbert Jacobs, Westfälische Rundschau, 20.6.2005

Auswertung der OVG-Umfrage

Die offene Umfrage diente der Eruierung von Bekanntheit und Verbreitung der OVG sowie des Bedarfs nach einem aktualisierten Regelwerk in ähnlicher Form. Sie wurde vom 14.05.2005-17.06.20051 durchgeführt (Umfrage). Den Teilnehmern wurde eine anonyme Auswertung garantiert.

Zunächst wurde ein dynamisches pdf-Formular nebst einem einleitenden Text auf der archivischen Informationsseite www.augias.net hinterlegt, das eine Online-Beantwortung sowie eine automatisierte Auswertung der Daten ermöglichen sollte. Da sich vielfach Probleme bei der Anzeige ergaben (resultierend aus lokal installierten älteren Acrobat-Reader-Versionen), wurde am 17.05. ein inhaltlich identisches statisches Formular hinzugefügt. Als Antwortmöglichkeiten waren Datenversendung per Mail, Faxen oder Postversand des ausgefüllten Formulars vorgesehen.2

Prinzipiell war keine Beschränkung auf öffentliche oder private Archive oder in geografischer Hinsicht vorgesehen. Um eine größere Teilnehmerzahl zu erreichen, wurden aber in den folgenden Wochen verschiedene Archive gezielt per Mail oder per Telefon auf die Umfrage hingewiesen. Dies waren insbesondere (aber nicht ausschließlich) die Archive der Länder, die Kreisarchive des Landes Brandenburg, die Subskribenten der Mailingliste der Archivschule Marburg und der Mailingliste der Kirchenarchive sowie sonstige Archive mit Bezug zur Region Berlin-Brandenburg. In der Folge wurden zwei Umfragen in Papierform verschickt und eine telefonisch durchgeführt. Unter diesen Voraussetzungen muss eingeräumt werden, dass ein relatives Übergewicht von Archiven zu erwarten wäre, in denen die OVG bekannt sind und angewandt wurden. Diesem Umstand wird Rechnung getragen, indem bei der Auswertung punktuell zwischen Archiven der alten und neuen Länder differenziert wird. Die Anlage des Fragebogens hätte im Übrigen auch die Beteiligung mehrerer Mitarbeiter desselben Archivs zugelassen, doch ist dieser Fall nicht eingetreten. Lediglich von einem Archiv gingen Antworten sowohl in papier- als auch in elektronischer Form ein. Da sie inhaltlich vollkommen identisch waren, werden sie nur einfach gezählt. Antworten von Archiven außerhalb Deutschlands waren nicht zu verzeichnen; allerdings wurden diese auch nicht gezielt angesprochen.

Insgesamt gingen Antworten von 31 Archiven ein. Darunter waren

  • 12 Archive von Kommunen, Kreisen oder Regionalverbänden (hierbei sind die sieben Kreisarchive des Landes Brandenburg hervorzuheben),
  • 7 Landes- und Staatsarchive,
  • 4 kirchliche Archive,
  • 3 Archive von Hochschulen u. ä. Einrichtungen („Universitätsarchive“),
  • 2 Archive politischer Stiftungen („Parteiarchive“)
  • sowie 2 Archive der Wirtschaft (ein regionales Wirtschaftsarchiv sowie ein Konzernarchiv).

Ein Fragebogen konnte nicht ausgewertet werden, da er unvollständig ausgefüllt und die betroffene Einrichtung nicht zu identifizieren war. – In Anbetracht der überschaubaren Zahlen wird sich die folgende Auswertung zumeist auf die absoluten Angaben beschränken und nur in begründeten Fällen mit Prozentwerten arbeiten.

Mit Blick auf die Verteilung auf alte und neue Bundesländer fällt auf, dass sich bedauerlicherweise ausschließlich Staats- und Landesarchive aus der Altbundesrepublik3 beteiligt haben. Dem gegenüber dominieren bei den kommunalen Archiven die ostdeutschen mit acht von zwölf (sieben davon, wie erwähnt, aus Brandenburg).

Bezogen auf das „hauptamtliche“ Personal ergeben die Angaben folgendes Bild:

  • 1-2 Mitarbeiter: 3
  • 3-5 Mitarbeiter: 12
  • 6-10 Mitarbeiter: 6
  • 11-20 Mitarbeiter: 4
  • über 20 Mitarbeiter: 5

Probleme bereitete offensichtlich, dass die Frage nicht zwischen Archivaren und Hilfskräften sowie ganzen und halben Stellen differenzierte; dies kommt auch in einigen handschriftlichen Anmerkungen zum Ausdruck. Gemeint waren tatsächlich alle in der jeweiligen Einrichtung beruflich mit archivischen Tätigkeiten befassten Personen. Dieser Umstand sowie die relativ geringe Gesamtteilnehmerzahl relativieren die Auswertbarkeit dieses Punktes. Im Folgenden wird daher eher auf die einzelnen Archivtypen Bezug genommen als auf Archive einer bestimmten „Größenordnung“.

Die erste Frage, „Sind Ihnen die OVG bekannt?“, wurde wie folgt beantwortet:

  • Ja: 25
  • Vom Begriff her, aber nicht näher: 6
  • Nein: 0

Dass sich ausschließlich Personen von der Umfrage angesprochen fühlten, denen die OVG zumindest ein Begriff sind, überrascht nicht. Bemerkenswert ist eher, dass das Regelwerk immerhin in vier von sieben Staatsarchiven sowie in allen teilnehmenden Kirchenarchiven bekannt ist, auch wenn es für diese nie verbindlich war.

Die Frage, ob die OVG im eigenen Archiv, ggf. mit Anpassungen, angewandt wurden oder werden, wurde folgendermaßen beantwortet:

  • Ja, in der Vergangenheit: 3
  • Ja, bis heute: 14
  • Nein: 134

Als erstes fällt auf, dass die OVG sich an den allermeisten Orten, an denen sie eingeführt wurden, trotz einiger offensichtlichen Anachronismen bis zum heutigen Tag behaupten konnten. Bemerkenswert ist außerdem die Zuordnung der aktuellen OVG-Anwender: Es sind dies sechs ostdeutsche kommunale Archive und ein Landesarchiv, aber auch ein Parteiarchiv sowie je zwei Wirtschafts-, Universitäts- und kirchliche Archive. Die ehemaligen Anwender sind zwei kommunale Archive und ein weiteres kirchliches Archiv. Darin zeigt sich, dass die OVG auch außerhalb des ehemaligen „staatlichen Archivfonds“ der DDR Anwendung fanden und finden, obwohl sie nur für diesen verbindlich waren.

Auf die Frage: „Würden Sie ein aktualisiertes Regelwerk in ähnlicher Gestalt wie die OVG begrüßen?“ antworteten die Teilnehmer:

  • Ja: 25
  • Nein: 1
  • Kann ich nicht sagen: 4

Der Teilnehmer, der die Frage verneinte (übrigens bis heute Anwender der OVG), erläuterte seine Motive in einer ausführlichen Mail. Darin verwies er auf die grundsätzlich andere Situation zur Entstehungszeit der OVG mit einer zentralen staatlichen Archivverwaltung. Heute dagegen sei die Einführung einer verbindlichen Richtlinie nur über die Kultusministerkonferenz und den Archivarsverband möglich, wofür er nur geringe Erfolgsaussichten sehe.

Eine positive Antwort kam dagegen von den anderen 13 OVG-Anwendern, sowie auch von den drei Stellen, bei denen früher nach den OVG gearbeitet worden war, und von neun weiteren. Ein Teilnehmer machte seine Zustimmung explizit von der ISAD(G)-Konformität dieser Regeln abhängig. Nicht unbedingt zu erwarten war, dass sich auch fünf der sieben Vertreter der staatlichen Archive für eine derartige Richtlinie aussprachen. Drei der vier Teilnehmer, die kein Urteil wagten, kannten die OVG nur vom Begriff her; der verbleibende gab die Begründung, die OVG seien auf Kirchenarchive nicht anwendbar (was mit dieser Umfrage widerlegt wurde).

Aus den Ergebnissen lassen sich die folgenden Thesen ableiten:

  • Die OVG sind in Archivarskreisen allgemein bekannt.
  • Die OVG sind weit verbreitet und vielfach bis heute in Gebrauch.
  • Es besteht der Wunsch nach einem ISAD(G)-konformen modernen Regelwerk in ähnlicher Gestalt.

Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern herzlichen Dank!

Potsdam, den 17.06.2005
Felix Roth <froth@unimx.de>

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Anmerkungen:

1) Der ursprüngliche Endtermin wurde um eine Woche nach hinten verschoben.

2) Es ist schwer abzuschätzen, wie viele potenzielle Teilnehmer sich durch die technologische Hemmschwelle abschrecken ließen. Im Nachhinein würde d. Verf. die Papierform vorziehen. Der manuelle Postversand von Fragebögen hätte kaum mehr Zeit in Anspruch genommen als die vorgenommenen Telefon- und Mailaktionen. Die Auswertung musste ohnehin manuell erfolgen, da der ganz überwiegende Teil der Antworten als Fax oder Brief eintraf.

3) Allerdings unter Einschluss Berlins.

4) In einem Fall wurde diese Aussage relativiert durch den handschriftlichen Vermerk „aber in Anlehnung daran“.