Tagung zum Ersten Weltkrieg im Alpenraum

Vom 28. bis zum 30. April widmet sich an der Freien Universität Bozen eine internationale Tagung den Auswirkungen des Ersten Weltkriegs in den Alpenländern. Auf der Tagung, die vom Südtiroler Landesarchiv gemeinsam mit der im Landesarchiv angesiedelten Arbeitsgruppe Regionalgeschichte organisiert wird, werden 28 Historiker aus sechs Staaten zu neuen alltags- und mentalitätsgeschichtlichen Themenbereichen referieren.

Lange war die Erforschung des Ersten Weltkrieges eine Domäne der Militär- und Politikgeschichte. Die meisten zeitgenössischen Historiker waren gleichzeitig auch Offiziere und interessierten sich von daher vor allem für die großen militärischen Schlachten an der West- und Ostfront. Auch in Tirol dominierte die traditionelle Militärgeschichte. Über den so genannten \“Dolomitenkrieg\“ sind zahlreiche Publikationen erschienen. Andere Aspekte der Kriegsgeschichte wurden hingegen vernachlässigt, beispielsweise die Situation der Frauen und Kinder an der \“Heimatfront\“, die der Kriegsflüchtlinge und Kriegsgefangenen oder die Auswirkungen des Krieges auf die psychische und körperliche Verfassung des Menschen und die Entstehung und Entwicklung der Kriegserinnerung nach 1918.

Die Tagung \“Der Erste Weltkrieg im Alpenraum\“ wird am Donnerstag, 28. April, um 14 Uhr eröffnet. Im Eröffnungsvortrag spricht Holger Afflerbach, der derzeit an den Universitäten Düsseldorf und Atlanta lehrt, zum Thema \“Vom Bündnispartner zum Kriegsgegner – Ursachen und Folgen des italienischen Kriegseintrittes im Mai 1915\“.

Kontakt:
Landesarchiv Südtirol
Armando-Diaz-Straße 8
I-39100 Bozen
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Fax: 0471 / 411959
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Quelle: ÖJ Österreich Woche, 19.-25.4.2005

Dokumente des Komponisten Arnold Mendelssohn (1855-1933) entdeckt

Die Sensation im Pappkarton: Auf dem Dachboden der Bonner Familie Spitta lagen jahrelang unsortiert Partituren und Dokumente des bedeutenden Komponisten Arnold Mendelssohn (1855-1933). Nur: Kaum jemand wusste von dem Schatz, der im Hause des ehemaligen Hilfspredigers der Kreuzkirche aufbewahrt wurde. Später kaufte der Kirchenmusiker Johannes Geffert die Sammlung und lagerte sie im Archiv der Kreuzkirche. Da blieb sie, noch immer unsortiert und ungesehen. Erst jetzt kommen die Dokumente wieder ans Licht.

Zum 150. Geburtstag von Arnold Mendelssohn, eines Großneffen von Felix Mendelssohn-Bartholdy, haben Karin Freist-Wissing, Kantorin an der Kreuzkirche, und ihr Kollege, der Organist Stefan Horz, bisher verschollene oder unbekannte Kompositionen Mendelssohns ausgegraben. Sie werden am 18. Juni in der \“Großen Mendelssohn-Nacht\“ in der Kreuzkirche aufgeführt, zusammen mit Werken seines Großonkels und seiner Großtante Fanny Hensel. Arnold Mendelssohn war von 1880 bis 1883 Musiker an der Kreuzkirche und Akademischer Lehrer an der Universität.

Unter den Raritäten, die am 18. Juni erklingen, ist seine \“2. Sinfonie in C\“, die er 1922 in Darmstadt komponierte und 1924 in Hamburg uraufführte. Seitdem war sie nie mehr zu hören. Grund: Mendelssohns Werke wurden nach seinem Tod 1933 von den Nazis verboten und gerieten dadurch in Vergessenheit. Freist-Wissing will sie nun erstmals wieder präsentieren.

Das bedeutet viel Arbeit. Die Originalpartitur der \“Sinfonie in C\“ liegt im Staatsarchiv in Berlin, die Kreuzkirche besitzt die einzige handgeschriebene Kopie. Sie war vor Jahren einem Musikliebhaber in Duisburg geliehen worden, bei dem sie achtlos im Bücherschrank stand und jetzt hervorgekramt wurde. Nun werden die Noten von Mitgliedern des Sinfonieorchesters der Kreuzkirche für die einzelnen Stimmen abgeschrieben und in einen PC übertragen. Ungenauigkeiten, die der Kopist einfügte (\“Dur- oder Moll-Akkord?\“), werden mit – per Fax aus Berlin geschickten – Seiten der Originalpartitur verglichen. Am Mittwochabend probte das Orchester erstmals die Sinfonie, die Karin Freist-Wissing \“spätromantisch\“ nennt, die manchmal aber auch an \“unheimlich dramatische Filmmusik\“ erinnere. Die Rechte an dem Werk hält die Kreuzkirche, da keine Nachkommen Mendelssohns bekannt sind.

Zu den Sonderheiten, die Karin Freist-Wissing und Stefan Horz präsentierten, gehören auch Skizzen zu Mendelssohns Oper \“Der Bärenhäuter\“, die er in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts nach einem Märchen der Gebrüder Grimm verfasste. Durch eine Indiskretion seines Freundes Engelbert Humperdinck (\“Hänsel und Gretel\“) wurde Siegfried Wagner auf den Stoff aufmerksam und vertonte ihn 1897 ebenfalls. Mendelssohns Oper wurde erst 1900 uraufgeführt. Nur als Fragment vorhanden ist die Ouvertüre zu einer Oper namens \“Schneewittchen\“. Sie wartet auf kongeniale Ergänzung.

Quelle: Dietrich Brockschnieder, Kölnische Rundschau, 22.4.2005

50 Jahre Stadtarchiv Lünen

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestand das Archiv der Stadt Lünen aus einer Holztruhe, in der Schriften und Urkunden eher schlecht als recht aufbewahrt wurden. Seit mindestens 50 Jahren aber ist Ordnung in die historischen Dokumente eingekehrt. So lange gibt es mittlerweile das Stadtarchiv.

Im Rahmen des Jubiläums lud Stadtarchivar Fredy Niklowitz Donnerstag zu einem Vortragsabend ins Museum am Schwansbeller Schloss ein. Dort erwartete die Zuhörer unter anderem ein Resümee zum Thema \“50 Jahre Stadtarchiv\“ (AUGIAS.Net berichtete).

\“Dietrich Hermann Bremer, Pfarrer der Stadtkirche, machte sich 1821 erstmals daran, das städtische Schriftgut zu sichten und zu ordnen\“, erzählte Niklowitz aus der Vorgeschichte des Archives. Zweidrittel der Unterlagen schienen \“des Aufbewahrens nicht wert\“, wie der Schriftwechsel mit dem damaligen Bürgermeister auch heute noch belegt. Ein Großteil wurde vernichtet. \“Heute wären die Dokumente für uns von großem Wert\“, sagt Niklowitz. \“Manchmal können wir uns einfach nicht vorstellen, welche Bedeutung Unterlagen für die Zukunft haben können\“, mahnt der Archivar.

Nach dem Tode Bremers habe das Archiv über Jahrzehnte ein unbeachtetes Dasein gefristet. \“Zwischen 1922 und 1928 hütete der für die Registratur zuständige Verwaltungsbeamte Tappe auch das Archiv, das jetzt in eine neue Holzkiste mit Verschlägen umgebettet wurde\“, so Niklowitz. Tappe sei vor allem um den Ausbau der Fotosammlung bemüht gewesen und habe vielen seiner Zeitgenossen Bilder abkungeln können.

Ab 1928 habe sich schließlich der Studienrat und Historiker Josef Lappe um das Archiv gekümmert, es in einen feuerfesten Schrank verlagert. Aus politischen Gründen sei Tappe 1937 in den Ruhestand versetzt worden. Die historischen Unterlagen standen jetzt unter der Obhut von Kulturamt und Stadtbücherei. \“Im Sommer 1943 lagerte man das Archiv wegen zunehmender Bombenangriffe in den Untertagebetrieb der Zeche Minister Achenbach aus\“, weiß Niklowitz.

Zwischen 1946 und 1951 nahm sich Professor Alfons Perlick von der Pädagogischen Akademie Dortmund, die zwischenzeitlich auf Grund von Bombenschäden in Lünen untergebracht war, des Archivs an und ordnete es neu. In der Berufsschule fand sich ein geeigneter Raum. 1951 übernahm Dr. Gerhard Stephan, Studienrat am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, die ehrenamtliche Leitung.

\“Der 1. April 1955 war der Geburtstag des Stadtarchivs, wie wir es heute kennen\“, sagt Niklowitz. \“Hermann Wember wurde der erste hauptamtliche Archivar der Stadt Lünen.\“ Der habe sich um die fachgerechte Unterbringung des Bestandes bemüht und den Umzug in das Untergeschoss des 1960 fertiggestellten Rathauses befürwortet. Nach dessen Tode folgte erst Dr. Wingolf Lehnemann, später dann Adolf Reiß als Archivar. 1985 übernahm Fredy Niklowitz das Amt.

Im Rahmen des Vortragabends, zu dessen Gäste Bürgermeister Hans Wilhelm Stodollick und Professor Dr. Norbert Reimann vom Westfälischen Archivamt Münster zählten, folgten zwei weitere Vorträge: Zum einen referierte Museumsleiter Lehnemann über \“Georg Spormecker und seine Cronica Lunensis\“, zum anderen gab Dr. Wolfgang Bockhorst vom Westfälischen Archivamt Einblick ins Thema \“Lünen und Cappenberg – Aspekte einer Symbiose im Mittelalter\“.

Quelle: WAZ Lünen, 22.4.2005

Neues Internet-Angebot des Düsseldorfer Stadtarchivs

Seit seiner Gründung im Jahre 1912 verwahrt das Stadtarchiv Düsseldorf als städtische Dienststelle die Unterlagen und Dokumente, die aus rechtlichen oder historischen Gründen auf Dauer aufgehoben werden müssen. Außerdem hat es, wie es in der ersten Dienstanweisung vom 12.6.1912 heißt, \“das Material für die geschichtliche Entwicklung unserer Stadt, soweit es für die Verfassung und Verwaltung, das geistige und namentlich das wirtschaftliche Leben und den Kulturstand in ihr von Bedeutung ist, zu sammeln und aufzubewahren.\“

Soeben freigeschaltet wurde die Homepage des Düsseldorfer Stadtarchivs. Das Netz-Angebot des Stadtarchivs Düsseldorf ist in zwei Bereiche unterteilt:

Die Bestände der Dienstbibliothek des Stadtarchivs sind weitgehend im Online-Katalog – Gesamtkatalog Düsseldorfer Kulturinstitute (GDK) erfasst. Die Bibliothek ist eine Präsenzbibliothek.

Aktuell ist in Düsseldorf die Ausstellung zu sehen: \“Als der Krieg zu Ende ging – Düsseldorf am 17.04.1945\“. Die Ausstellung zum 60. Jahrestag des Kriegsendes in der Stadt Düsseldorf, im Rathaus, Marktplatz, läuft noch bis zum 29. April 2005.

Kontakt:
Landeshauptstadt Düsseldorf
Stadtarchiv (Amt 41/203)
Heinrich-Ehrhardt-Straße 61
40468 Düsseldorf
Tel. +49-(0)211-89-95742
Fax +49-(0)211-89-29155
stadtarchiv@stadt.duesseldorf.de

Öffnungszeiten des Lesesaals:
Di.-Do. 8.30 bis 15.30 Uhr, Fr. 8.30 bis 12.30 Uhr

60 Jahre nach der Stunde Null

Aus dem vielfältigen Veranstaltungsangebot, das in diesen Wochen zum Thema Kriegsende 1945 besteht, stellt die WAZ einige für das Ruhrgebiet vor:

Bochum: Eine ganze Veranstaltungsreihe plant die \“Initiative 8. Mai\“. 30 Bochumer Organisationen bewerben gemeinsam 30 Veranstaltungen. Das Gesamtprogramm steht im Internet unter www.bo-alternativ.de/achter-mai. Am 8. Mai gibt es in der Evangelischen Christuskirche ein \“Konzert zum Tag der Befreiung von Europa\“. Dort erklingen Arthur Honeggers \“Symphonie Nr. 3 Liturgique\“ (1945/46) und Frank Martins \“In Terra Pax\“ (1945).

Bottrop: In der Stadt ist bis zum 13. Mai die Ausstellung \“Bottrop im Mai 1945 – Stunde Null?\“ zu sehen. Für diese Präsentation haben Bottroper Schüler in Archiven recherchiert und Zeitzeugen befragt. Für den 8. Mai ruft die \“8. Mai-Initiative-Bottrop\“ zu einer Menschenkette gegen das Vergessen auf.

Dorsten: Dauerausstellungen zu jüdischem Leben und jüdischer Kultur in Westfalen gibt es im \“Jüdischen Museum Westfalen". Der Trägerverein \“Altes Rathaus\“ lädt am 8. Mai um 17 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung ins Alte Rathaus am Markt ein. Dort referiert Klaus Naumann vom Hamburger Institut für Sozialforschung zum Thema: \“Kronzeugen der Opfergesellschaft? Die Kriegskinder zwischen Klage und Anklage\“.

Dortmund: Am Sonntag, 1. Mai, um 11 Uhr erklären Mitarbeiter des Stadtarchivs die Ausstellung \“Widerstand und Verfolgung 1933-1945\“ in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache.

Duisburg: Zu einer Gedenkfeier auf dem Waldfriedhof lädt die Stadt Duisburg am 12. Mai ein. Auf dem Friedhof liegen über 3.500 Gefallene, Bombenopfer, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und KZ-Opfer begraben.

Essen: Den Nazi-Terror der Pogromnacht 1938 und die Bombennächte der letzten Kriegsjahre hat die Alte Synagoge äußerlich überstanden. 60 Jahre danach gibt es in der Gedenkstätte zwei Dauerausstellungen, die sich mit jüdischem Leben und Widerstand gegen das Nazi-Regime beschäftigen. Im Essener Rathaus-Foyer ist ab dem 9. Mai die Fotoausstellung \“Barrieren brechen\“ zum deutsch-polnischen Verhältnis seit 1945 zusehen.

Gelsenkirchen: Die \“Demokratische Initiative gegen Diskriminierung und Gewalt für Menschenrechte und Demokratie\“ plant am 8. Mai gleich elf Veranstaltungen. Unter anderem gibt es Informationen zu kirchlichen Widerstandskämpfern und Führungen durch die Dokumentationsstätte \“Gelsenkirchen im Nationalsozialismus\“ und das jüdische Gemeindezentrum. Das genaue Programm hat das Institut für Stadtgeschichte

Haltern: Am 8. Mai wird im Marienhof eine Gedenktafel enthüllt, die an Zwangsarbeiter erinnert. Mit dabei sind ehemalige Zwangsarbeiter aus den Niederlanden, unter ihnen auch Peter Versteyne, der das Schicksal niederländischer Zwangsarbeiter in Haltern als Buch aufgearbeitet hat.

Hamm: Die Stadt Hamm zeigt bis 29. Mai in Zusammenarbeit mit der polnischen Partnerstadt Kalisz im Gustav-Lübcke-Museum eine deutsch-polnische Ausstellung. 50 Fotografen aus beiden Städten illustrieren den Kriegsalltag im Deutschen Reich und im besetzten Kalisz.

Herne: An jüdisches Leben in Herne vor dem Holocaust sollen Gedenktafeln erinnern. Die erste Tafel wurde im März aufgestellt.

Recklinghausen: Das Kriegsgeschehen steht im Mittelpunkt einer Ausstellung im Vestischen Museum. Dort sind Bilder und Dokumente aus den letzten Kriegswochen im Vest Recklinghausen ausgestellt.

Wattenscheid: Im Familienbildungszentrum Gertrudenhof bietet die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands ein Gesprächscafé für die Kriegs- und Nachkriegsgeneration an.

Quelle: David Mache, WAZ, 21.4.2005

Dokumentensammlung zum Völkermord an den Armeniern

Die türkische Politik versucht krampfhaft, den Völkermord an den Armeniern unter dem Tuch des Vergessens zu halten. Deutsche Dokumente heben es an. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Potsdamer Pfarrer Johannes Lepsius (1858-1925) zu. Er hatte die Deutsche Orient-Mission und das Armenische Hilfswerk gegründet. In mehreren Büchern und weiteren Sammlungen dokumentierte er die armenische Tragödie. Im Februar dieses Jahres ist das Lepsius-Archiv an der Hallenser Luther-Universität erstmals umfassend veröffentlicht worden. 

Orginalschreiben von Lepsius finden sich auch im gerade erschienenen Band "Der Völkermord an den Armeniern 1915/16 Dokumente aus dem Politischen Archiv des deutschen Auswärtigen Amtes" (zu Klampen Verlag). Herausgeber Wolfgang Gust, früher beim "Spiegel" tätig, vermittelt durch bislang häufig unbekannte Quellen ein erschütterndes Bild vom Leiden und dem Tod der Armenier im untergehenden Osmanischen Reich. 

Das wurde 1915 von der ursprünglich reformorientierten Bewegung der Jungtürken regiert. Diese zettelten in den Nächten zum 24. und 25. April 1915, ausgehend von Konstantinopel (Istanbul), landesweite Verhaftungen der armenischen Elite an. Ausgenutzt wurden dabei die schwelenden Spannungen zwischen muslimischer türkischer Mehrheit und christlicher armenischer Minderheit, die bereits 1894/96 in offene Gewalt umgeschlagen waren. Als Vorwand diente eine armenische Erhebung in der mehrheitlich von ihnen bewohnten Stadt Van nach türkischen Drangsalierungen. 

Was sich anschloss, zielte auf die systematische Ausrottung der Armenier. Deren Siedlungsgebiete verteilten sich über das gesamte Land, mit besonderer Konzentration im Osten. Die Armenier wurden – wenn nicht sofort getötet – vielfach gefoltert und zu Tausenden aus ihren Dörfern und Städte meist zu Fuß auf irrsinnige Märsche bis in die Wüste Syriens getrieben. Ohne ausreichende Versorgung mit Nahrung und Wasser in unwirtlicher Umgebung war es nur eine Frage der Zeit, bis die Menschen erschöpft zusammenbrachen. Wer diese Torturen doch überlebt hatte, wurde in Lager zusammengepfercht, erschossen oder anderweitig zu Tode befördert. 

Deutschland, mit den Türken im Ersten Weltkrieg gegen Russland verbündet, ließ die Schlächter gewähren. Dabei war die kaiserliche Reichsregierung bestens über die Vorgänge informiert. Konsuln und Botschafter kabelten ständig neue Schreckensmeldungen nach Berlin durch, hinzu kamen Berichte von Offizieren, Beamten, Lehrern und Missionaren. Zwar kämpften auch Armenier auf russischer Seite gegen die Türken. Doch die Massaker richteten sich gegen Zivilisten. Von etwa zwei Millionen Armenier im damaligen Osmanischen Reich verloren rund 1,5 Millionen ihr Leben. Eine genaue Zahl wird nie zu ermitteln sein.

Info:
Wolfgang Gust (Hg.): Der Völkermord an den Armeniern 1915/16. Dokumente aus dem Politischen Archiv des deutschen Auswärtigen Amts,
Springe 2005, 704 S., ISBN: 3934920594, 39.80 EUR(D)

Quelle: Steffen Honig, Volksstimme (Magdeburg), 20.4.2005

Jüdischer Alltag nach 1945 in Celle

Wie gestaltete sich der Alltag für Juden in Celle nach dem Zweiten Weltkrieg? Eine Antwort auf diese Frage gibt die Ausstellung „Jüdisches Leben in Celle nach 1945“, die jetzt in der Synagoge eröffnet wurde. Tafeln, Fotos und Zeitzeugenberichte dokumentieren den Neuanfang.

Die Materialien für die Ausstellung stammen zum Teil aus Privatbesitz und geben als eindrucksvolle Zeitzeugnisse wieder, dass jüdisches Leben auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges existierte. Über die Anfänge einer neuen jüdischen Gemeinde in Celle nach 1945, die, so Thomas Rahe, wissenschaftlicher Leiter der Gedenkstätte Bergen-Belsen, eine „Gemeinde auf Zeit”, eine „Transitgemeinde” war und auf ein Leben in einem eigenen jüdischen Staat hoffte, sprach Dorit Schleinitz bei der Ausstellungseröffnung im Namen der bestehenden liberalen jüdischen Gemeinde. Beim Anblick der zwar zerstörten, aber noch vorhandenen Synagoge habe man erkannt, dass die alte jüdische Tradition fortleben müsse. Einer der „Pioniere” neuen jüdischen Lebens in Celle, der sich auch für die Wiederinstandsetzung der alten Synagoge einsetzte, war Israel Mojsze Olewski, bald erster Rabbiner. Arie Olewski, der Sohn des Bruders von Mojsze, Rafael Olewski, war aus Israel gekommen, um anlässlich der aktuellen Gedenktage in Celle (vom 8. April, dem Tag des Bombenangriffs auf den Celler Güterbahnhof bis zur Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen am 15. April) seine persönliche Geschichte zu erzählen. Als Zeichen seines Verbundenseins bereicherte er die Ausstellung um eine Leihgabe, den Tallit (Gebetsschal), den sein Onkel einst bei der Trauung seiner Eltern trug.

Finanziell unterstützt wurde die Ausstellung von der Regionalstiftung der Niedersächsischen Sparkassen. Zahlreiche Zeitzeugen, Berater und Helfer trugen zur Verwirklichung des Projektes bei, so Sabine Maehnert vom Celler Stadtarchiv, das die Dokumentation zusammen mit verschiedenen Partnern organisierte: Darunter die Gedenkstätte Bergen-Belsen, das Kreisarchiv und die Jüdische Gemeinde. Zu sehen ist die Ausstellung in der Synagoge noch bis zum 30. Dezember, dienstags bis donnerstags 15 bis 17 Uhr, freitags 9 bis 11 Uhr und sonntags 11 bis 13 Uhr.

Quelle: Aneka Schult, Cellesche Zeitung, 19.4.2005

Unbefristete Anstellung für Brucker Archivarin

Im Jahr 1074 wurde Bruck an der Leitha als Ort \“Aschirichesprucca\“ erstmals urkundlich erwähnt und 1239 zur Stadt erhoben. Die Bezirkshauptstadt hat derzeit über 7.300 Einwohner

Seit vergangener Woche steht fest, dass das Stadtarchiv Bruck a.d. Leitha weiterhin von Dr. Petra Weiß betreut werden wird. Mit den Stimmen von SPÖ und Grünen wurde im Gemeinderat ein unbefristetes Dienstverhältnis für die Historikerin abgesegnet. Zuvor soll Weiß für ein Jahr beim Verein „Netzwerk Geschichte“ angestellt werden.

Für den künftigen Arbeitsbereich der Archivarin soll nun eine Arbeitsplatzbeschreibung erstellt werden. Vorrangig sei dabei die Archivarbeit, für die SPÖ ist jedoch klar, dass das Archiv „in weiterer Folge ein höheres Potenzial haben soll, als nur Achivgut aufzuarbeiten“. In erster Linie wichtig, dass das Archiv wissenschaftlich und von der Bevölkerung genutzt werden kann. „Das Archiv soll keine Verwaltungseinheit werden, wo nur einmal im Monat die Akten abgestaubt werden“, so Kulturstadtrat Norbert Payr. „Auch die Vernetzung mit anderen Einrichtungen ist wichtig“, so Stadtchefin Christa Vladyka.

Von Seiten der ÖVP gab es für die unbefristete Anstellung keine Zustimmung. „Wir verkennen nicht die Bedeutung des Archivs“, betont Stadtrat Klaus Köpplinger, aber: „Hier wurde ohne große Not eine Vollanstellung konstruiert“. Er habe jedoch Bedenken, ob die Auslastung für eine derart lange Zeit gegeben sei. Immerhin koste das die Stadt einige hunderttausend Euro.

Link: Bruck a.d. Leitha

Quelle: Susanne Müller, NÖN Niederösterreichische Nachrichten (Bruck a.d. Leitha), 20.4.2005

Schweizer uneins über Schutzmaßnahmen bei Firmenarchiven

Die in den neunziger Jahren geführte Debatte um die Geschichte der Schweiz im Zweiten Weltkrieg machte deutlich, dass Firmenarchive nicht nur für die Dokumentation der Geschäftstätigkeit der Unternehmen sehr wichtig sein können, sondern auch für die gesamte Gesellschaft. Der Verein Schweizerischer Archivarinnen und Archivare (VSA) will nun die Diskussion über den Wert der Unternehmensarchive verstärken und konnte aus diesem Anlass 125 Wissenschaftler, Unternehmer und Archivare in Bern zu einer Arbeitstagung begrüßen (Programm). 

Einigkeit herrschte in der Auffassung, dass die Firmenarchive ein wichtiger Teil des nationalen Kulturguts und deshalb schützenswert seien. Umstrittener war hingegen die Frage, wie diese privaten Archive erhalten und der Forschung zugänglich gemacht werden können. Immer wieder werden Akten in den Unternehmen vernichtet oder können bei einem Konkurs oder einer Fusion nirgends untergebracht werden. 

Zudem erhalten Wissenschaftler oft nur sehr beschränkten Zugang zu den Akten. Dem Basler Historiker Mario König, der 1998 im Auftrag der "Bergier-Kommission" die so genannte "Interhandel-Affäre" aufgearbeitet hatte, wurden beispielsweise bei seinen Recherchen in der ehemaligen Schweizerischen Bankgesellschaft zentrale Akten bewusst vorenthalten. Die auf der Tagung anwesenden Firmenarchivare und Unternehmer entgegneten verblüffend offenherzig, dass eine Firma eben wenig Interesse daran habe, dass in der Öffentlichkeit über die "dunklen Seiten" ihrer Vergangenheit berichtet wird.

Akute Probleme entstehen, wenn eine Firma ihr Archiv nicht (mehr) pflegen kann oder will. Die Akten werden dann oftmals den öffentlichen Archiven, den Staats- und Gemeindearchiven, angeboten. Doch diese können aus Mangel an Geld und Lagerraum nur geringe Mengen übernehmen. Dabei stellt sich für die Archivare auch die Frage, welche Dokumente überhaupt erhaltenswert sind. Ein von Peter Witschi, Staatsarchivar Appenzell Ausserrhoden, präsentiertes Bewertungsmodell wurde deshalb allseits dankbar aufgenommen. Zudem widmen sich private Organisationen der Pflege und Rettung von Unternehmensarchiven.

In der Podiumsdiskussion sprach sich Ernst Willi, Konzernleitungsmitglied bei Georg Fischer, gegen staatliche Vorschriften darüber aus, was und wie lange aufbewahrt werden muss. Auch Hans Schüpbach vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz lehnte gesetzliche Vorschriften ab. Die Frage, wie und wo die Firmenarchive als Kulturgüter von öffentlichem Interesse gesichert werden können, blieb in der Diskussion auf der Tagung entsprechend weitgehend unbeantwortet.

Quelle: Stefan Frech, ZT online / Mittelland Zeitung, 18.4.2005 

Wille wird nicht erfüllt

Eine kurfürstliche Entscheidung sorgte in Oer im 18. Jahrhundert für Unruhe. Wie Heimatforscher Gerhard Clarenbach im Rahmen seiner Archivstudien herausfand, hat der Kurfürst von Köln in einem Prozess eine Anordnung getroffen, die dem letzten Willen der wohlhabenden Witwe Merten widersprach. Eine Vorgehensweise, die dem in Oer tätigen Pfarrer Schmitz (1760 bis 1796) nach eigenem Bekunden \“spanisch vorkam\“. 

Was war geschehen? Im Stadtarchiv Oer-Erkenschwick – in der Abteilung des Kirchenarchivs Oer – gibt es einen Stapel Akten, die sich mit der so genannten Merten-Fundation beschäftigen. In ihrem Testament von 1745 setze die wohlhabende Witwe Merten, geb. Overbeck, ihren Verwandten Kemper aus Herten zwar als Universalerben ein, verfügte aber, dass ihr Vermögen Kempers Sohn als angehenden Priester als geistliche Stiftung zugute kommen sollte. Der Sohn heiratete aber, und so kam die Fundation nicht zustande, und der letzte Wille der Witwe wurde nicht erfüllt … – Die ganze Geschichte in der Stimberg Zeitung (Oer-Erkenschwick) vom 14.4.2005

Kontakt:
Stadtarchiv Oer-Erkenschwick
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Postfach 1340
D-45739 Oer-Erkenschwick
Telefon: 02368-2572