TLZ-Rätsel (3): Kammerdiener ließen ihn nicht zu Liszt vor

Das dritte Rätsel der Thüringischen Landeszeitung (TLZ) „Das redende Blatt“ wird von Irina Lucke-Kaminiarz, der Leiterin des Hochschularchivs/Thüringischen Landesmusikarchivs an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar, gestellt:

Das heute weitestgehend unbekannte Lied „Sommernacht“ widmete der Komponist seiner Schwägerin im Jahre 1862 zum Geburtstag, er war zu dieser Zeit Kantor und Seminarlehrer in Eisenach.

Geboren wurde der Komponist vor 170 Jahren in Bad Sulza. Die Eltern widersetzten sich lange dem Wunsch des Sohnes, Musiker zu werden; er sollte Theologie studieren. Das Gymnasium besuchte er in Nordhausen. Da er dort schon bald den Gymnasialgesangverein leitete, kam er 1852 auf das Gymnasium nach Weimar, wo er nach Meinung des Vaters musikalisch keine Rolle spielen könnte.

In der Residenzstadt erlebte er die Aufführungen der Werke Liszts, Berlioz' und Wagners unter der Leitung Franz Liszts; an einigen wirkte er als Chorist mit. Seine Versuche, Liszt in der „Villa Altenburg“ seine Kompositionen vorzulegen, scheiterten an den Kammerdienern, die ihn abwiesen. 1854 legte er das Abitur mit Auszeichnung ab, dann durfte er endlich bei Friedrich Kühmstedt (1809-1858) in Eisenach seine Ausbildung in Harmonielehre/Kontrapunkt, Partiturspiel, Dirigieren, Klavier und Orgel antreten.

Über diese Zeit schrieb er in seiner Autobiographie: „Besonders schön wurde die Eisenacher Zeit durch den Umgang mit Moritz Schwind, der in den Jahren 1854 bis 1857 seine Fresken in der neurestaurierten Wartburg malte. Schwind war ein leidenschaftlicher Musikenthusiast, fast täglich spielten wir Streichquartett.“

In den folgenden Jahren war der junge Musiker u.a. Musikdirektor in Dresden, dann trat er die Nachfolge seines Lehrers Kühmstedt in Eisenach an, wo er 1863 zum Professor ernannt wurde. Zwei Jahre später berief ihn Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach nach Weimar, wo er neben seiner Tätigkeit an Stadtkirche, Seminar und Gymnasium schließlich auch als 3. Hofkapellmeister wirkte. Hier gründete er 1872 die erste Orchesterschule Deutschlands, deren Direktor er 30 Jahre lang war.

Sein Haus, die „Villa Agathe“, in der Belvederer Allee 20, wurde nach der „Altenburg“ zu einem musikalischen Mittelpunkt. Er verstarb 1908. Die Hochschule für Musik „Franz Liszt“ sieht in ihm ihren Gründervater.

Die heutige Frage: Wer war der Komponist des Liedes „Sommernacht“? Für das Lösungswort ist der erste Buchstabe seines Vornamens zu notieren.

Das komplette Lösungswort ist bis zum 30.9.2004 an die TLZ-Kulturredaktion, Marienstraße 14, in 99423 Weimar zu senden.

(Siehe Rätsel 1 und Rätsel 2 der Serie „Das redende Blatt“)

Quelle: TLZ, 14.8.2004, 4.

Schatzkammer Stadtarchiv Bochum

Über den Wandel im „Gedächtnis“ der Stadt Bochum liegt nun ein überaus informativer und umfangreicher Band vor. Darin wird das Stadtarchiv Bochum als Schatzkammer, Forschungsstätte und Erlebnisort gleichermaßen betrachtet.

Den äußeren Anlass für das voluminöse Buch bildete der Abschied von Johannes Volker Wagner nach 30-jähriger Tätigkeit als Stadtarchivar. Die Textanthologie indessen geht weit über die Würdigung einer Einzelperson hinaus, sie beleuchtet in immer neuen Ansätzen und Themenstellungen das Kaleidoskop, das aufgefächert werden muss, um die Geschichte einer Kommune hinreichend und auch anschaulich dokumentieren zu können.

Das Buch spiegelt die archivinterne Arbeit wider, die historische Quellen bewertet und sichert. Nicht nur ferne Jahrhunderte stehen im Fokus: Mit der „Filmerkundung im Stadtarchiv“ wird auch jüngere Historie beschrieben. Dem Theater gilt eine eigene Abteilung des Stadtarchivs. Die NS-Zeit in Bochum nimmt in den Aufsätzen prägnanten Raum ein: So wird an die beeindruckende Filmtrilogie „Nationalsozialismus im Alltag“ von J. V. Wagner erinnert. Großes Plus des Buches, so das Urteil von Werner Streletz in der WAZ: Jede Art von Fachchinesisch sei von den Autoren vermieden worden, neben Wagner selbst u.a. seine Nachfolgerin Ingrid Wölk und Kustos Enno Neumann.

Info:
Johannes Volker Wagner (Hg.): Das Stadtarchiv, Klartext Verlag, Essen 2004, 19,90 Euro.

Kontakt:
Stadtarchiv Bochum
Kronenstraße 47
44789 Bochum
Telefon: (0234) 9 36 47 10
Telefax: (0234) 9 36 47 77
stadtarchiv@bochum.de

Quelle: Werner Streletz, WAZ Bochum, 18.8.2004

Hainburger Archive geordnet

Als Gemeinde existiert Hainburg seit 1977. Die ältesten Urkunden zur Geschichte der bis 1803 bestehenden Kurmainzer Stadt- und Amtsvogtei Seligenstadt mit dem Dorf Klein-Krotzenburg sowie der Stadt- und Amtsvogtei Steinheim mit dem Dorf Hainstadt befinden sich im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt; kirchliche Akten im Dom- und Diözesanarchiv Mainz; Bestände des ehemaligen Mainzer Regierungsarchivs im Bayerischen Staatsarchiv Würzburg; Klein-Krotzenburg betreffende Protokolle und Hospitalrechnungen im Stadtarchiv Seligenstadt.

Vorbei ist nun die Zeit, da wichtige Quellen zur Ortsgeschichte Hainburgs unsachgemäß gelagert, auf den Dachböden und in den Kellern der beiden Rathäuser verstaubten. Vor fast fünf Jahren hatte der Gemeindevorstand beschlossen, die kaum benutzbaren Akten und Urkunden vor dem Zerfall zu bewahren. Das vorläufige Ergebnis: In zwei neuen Ortsarchiven (in Klein-Krotzenburg und in Hainstadt) sind Räume eingerichtet, in denen sich die Bestände übersichtlich präsentieren.

In Zusammenarbeit mit dem Hessischen Staatsarchiv Darmstadt und nach wichtiger Vorarbeit des rührigen Klein-Krotzenburger Heimatforschers Edmund Daus hatte die Gemeinde die in Rodgau lebende Historikerin Ingrid Firner mit der Sichtung und Inventarisierung des Materials und mit der Erstellung eines Findbuchs – zuerst für die Klein-Krotzenburger, dann für die Hainstädter Archivalien – beauftragt. Die frühere Diplombibliothekarin schlug gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Schrieb sie doch an einer Dissertation über das historisch eng mit Klein-Krotzenburg verbundene Seligenstadt, die sie jetzt abgeschlossen hat. Ihr Doktorvater Professor Dr. Friedrich Battenberg, Leiter des Staatsarchivs in Darmstadt, hatte sie für die Mammut-Aufgabe vorgeschlagen.

Auf Honorarbasis ging Firner einmal die Woche acht Stunden lang ans Werk. Urkunden, Amtsbücher und Akten von 1621 bis zur Gemeindereform 1976/77 ordnete sie vor, packte sie in säurefreie Pappkartons und erfasste die Kurztitelaufnahmen der Konvolute gemäß der Systematik des Hessischen Aktenplans in einer Computerdatei. Bislang sind die Nummern nur mit Bleistift eingetragen, später sollen Klebe-Etiketten folgen. In der Summe sind 2 650 Verzeichnungseinheiten entstanden, darunter sehr alte, aus Klein-Krotzenburg sowie 2.150 Konvolute, meist jüngere, aus Hainstadt.

Zwischen 20.000 und 25.000 Euro steckte die Gemeinde nach Schätzung von Bürgermeister Bernhard Bessel in die Herrichtung der Räume und die Anschaffung der Regale für die Archivalien. Auf lange Sicht, wenn es ein neues Rathaus gibt, soll darin ein neues Archiv Platz finden!

Kontakt:
Ortsarchiv Klein-Krotzenburg
Europahaus
Krotzenburger Straße 7
63512 Hainburg

Ortsarchiv Hainstadt
Kinderhaus
Liebfrauenheidestraße 15
63512 Hainburg

Gemeinde Hainburg
Tel. 06182/7809-60
gemeinde@hainburg.de

Quelle: Offenbach-Post online, 19.8.2004

Westfalenweite Datenbank für Museumsbestände

Die Besucher sehen immer nur die eine Seite des Museums: die Ausstellung. Doch damit die Museen überhaupt etwas zeigen können, müssen sie zuerst einmal sammeln. Dabei ist es nicht nur wichtig, möglichst viele hochkarätige Ausstellungsstücke zusammenzutragen und sie richtig aufzubewahren, sie müssen auch erfasst werden. Denn was nützen die schönsten Museumsschätze, wenn niemand weiß, wo sie liegen und welche Geschichte sie zu erzählen haben?

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) unterstützt die Museen dabei, ihre Bestände systematisch zu inventarisieren und zu dokumentieren. Dafür stellt der LWL den Museen in diesem Jahr 62.000 Euro zur Verfügung. Außerdem baut das LWL-Museumsamt eine westfalenweite Datenbank auf, in der Interessierte in Zukunft recherchieren können. Bei der Inventarisierung geht es nicht nur darum, auf jedes Objekt einfach eine Inventarnummer zu kleben, sondern zukünftige Exponate müssen nach wissenschaftlichen Kriterien erfasst werden.

Deshalb hat das Westfälische Museumsamt ein Regelwerk entwickelt, das es als spiralgebundenes Handbuch „Inventarisierung, Dokumentation, Bestandswahrung“ herausgegeben hat. Größere Museen arbeiten bei der Dokumentation meist mit EDV-gestützten Datenbanken. Auch diese Museen fördert und unterstützt der LWL bei der Dokumentation. So haben die Museumsfachleute zum Beispiel bei der Entwicklung einer speziellen Erfassungssoftware mitgearbeitet, die die Museen bei der Dokumentation einsetzen. Derzeit unterstützt das Westfälische Museumsamt mehrere größere Museumsdokumentationen.

Dazu gehört mit dem Lippischen Landesmuseum Detmold das älteste Museum Ostwestfalen-Lippes, das vom LWL 33.250 Euro als Zuschuss erhält. Das 1933 von Josef Spiegel gegründete Ruhrtalmuseum in Schwerte (Kreis Unna) bekommt 6.600 Euro. Die Volkskundlerin Dr. Christine Schönebeck wird in zweieinhalb Jahren unter anderem die vielen Funde erfassen, die Spiegel an der Ruhr gemacht hat. Dazu gehören eine Maulwurffalle ebenso wie Feldpostbriefe. Das Töpfereimuseum in Ochtrup (Kreis Steinfurt) erhält 5.200 Euro.

Von der digitalen Dokumentation profitiert nicht nur das jeweilige Museum, das künftig per Tastendruck schnell herausfinden kann, wo sich ein Museumsstück im Magazin befindet, ob es ausgeliehen ist oder gerade in der eigenen Ausstellung zu sehen ist. „Westfalenweit arbeiten immer mehr Museen mit der elektronischen Dokumentation. Sobald sie ihre Bestände erfasst haben, schicken sie uns die Daten zu. Mittlerweile haben wir schon einen sehr guten Überblick über die Sammlungen in Westfalen. So können wir Museen schnell helfen, die für eine Ausstellung ein bestimmtes Ausstellungsstück suchen“, erklärt Manfred Hartmann, der im LWL-Museumsamt Ansprechpartner für die Museumsdokumentation ist. So kann man selbst die unscheinbare Maulwurfsfalle aus Schwerte schnell finden, wenn sie in das Konzept einer Ausstellung passt.

Kontakt:
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)
Westfälisches Museumsamt
Schwelingstr. 5
48133 Münster
Tel. 0251 – 591/4690
Fax 0251 – 591/3335
wma.info@lwl.org

Gymnasien im DFG-Vergleich

Drei Schulgebäude im Renaissance-Stil – das Gymnasium Arnoldinum in Burgsteinfurt, das Kollegiengebäude des Gymnasium Paulinum in Münster und das Alte Soester Archi-Gymnasium – überlagern eine historische Karte Westfalens, einem dekorativen Plakat im Stadtarchiv Soest.

Die reformierte Schulgründung des Steinfurter Grafen Arnold, die von den Jesuiten 1588 übernommene Domschule in Münster und die städtische protestantische Gelehrtenschule in Soest reizen die Deutsche Forschungsgemeinschaft zu einem Projekt: Die Wiederkehr der epistéme in den studia superiora an Gymnasien des 17. Jahrhunderts. Forscher der Universitäten Münster und Bielefeld untersuchen die Lehrinhalte und Lehrmethoden der drei Gymnasien im konfessionsspezifischen und konfessionsübergreifenden Vergleich.

Zur Bewältigung dieses Vergleichs im Rahmen der Historischen Bildungsforschung kann das Soester Archigymnasium mit einem besonderen Quellenschatz aufwarten. Vier Bände Disputationen, beginnend mit dem Jahr 1605, haben sich erhalten, neben den damaligen Lehrbüchern eine Fundgrube für die Forschung. Die kostbaren Quellenbände gehörten früher zum Ambiente des Direktorenzimmers im Archigymnasium, heute bewahren sie die sicheren Magazine des Stadtarchivs.

Einen Einblick in das Lernen am Ende der Schulzeit gewähren die gedruckten Disputationen. Rektor oder Konrektor der Schule formulieren Thesen, Themen oder Fragen, die von einzelnen Schülern in begrenztem Zeitraum bearbeitet und dann im Frühjahr und Herbst zur öffentlichen Disputation gestellt werden. – Aus dem 17. Jahrhundert liegen 177 solcher Disputationen vor, seit 1991 bibliographisch im Archivinventar des Stadtarchivs erschlossen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gerät das Disputationswesen in eine gewisse Erstarrung. Die Rektoren und Schullehrer des Archi-Gymnasiums ergreifen jetzt selbst das Wort. Sie legen zum Schuljahrsende und seit 1788 erstmalig auch zum Abitur wissenschaftliche Abhandlungen aus ihren Fachgebieten vor.

Kontakt:
Stadtarchiv Soest
Jakobistr.13
D-59494 Soest
Telefon: 02921-103-1202
Telefax: 02921-103-1299
stadtarchiv@soest.de

Quelle: Westfalenpost, 16.8.2004

480 Jahre Reformation in Nordhausen

Nordhausen war eine der ersten deutschen Städte, die sich der Reformation anschloss. Ein entsprechendes Ratsdekret datiert auf den 26. September 1524. Dem 480-jährigen Jubiläum der Reformation in Nordhausen widmet sich jetzt eine Ausstellung des städtischen Kulturamtes im Museum „Flohburg“ mit dem Titel „Spuren und Schätze – die Reformation in Nordhausen“.

Über neun Stationen werden die Besucher durch die Ausstellung und die Geschehnisse der Reformation geführt – beginnend beim Thema „Die Reichsstadt Nordhausen um 1500“ über „Nordhausen im Spannungsfeld von Kaiser und Reich“, „Nordhäuser Stätten der Reformation“ und „Verlauf und Festigung der Reformation“ bis hin zum Thema „Die Reformatoren“. Hier werden unter anderem Leben und Wirken Martin Luthers und Melanchthons sowie der Nordhäuser Reformations-Protagonisten Johannes Spangenberg, Michael Meyenburg, Justus Jonas, Lorenz Süße und Michael Neander erläutert. Ergänzt werden die Ausstellungsangebote um eine Chronologie der Reformation im Kontext ihres Verlaufes in Europa.

Zu jedem Ausstellungskapitel werde es eine kurze schriftliche Erläuterung geben – im Mittelpunkt steht aber die Dokumentation anhand von Zeitzeugnissen. Bei der Umsetzung der Ausstellung habe man sich auf Zuarbeiten des Nordhäuser Stadtarchives gestützt und bei der Suche nach geeigneten Exponaten habe die Mitarbeiterin des Museums-Depots große Unterstützung geleistet, erklärte der Ausstellungsmacher und Nordhäuser Künstler Jürgen Rennebach.

Info:
„Spuren und Schätze – die Reformation in Nordhausen“ (20.8.-26.9.2004)
Eröffnung: Freitag, 20.8.2004, 18 Uhr durch Oberbürgermeisterin Barbara Rinke.
Das Museum Flohburg hat täglich – außer montags – von 10 bis 17 Uhr geöffnet, donnerstags bis 19 Uhr. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

Kontakt:
Museum Flohburg
Barfüßerstraße 6
Tel. 0 36 31 / 98 42 15

Quelle: Patrick Grabe, Thüringer Allgemeine, 17.8.2004

Halle-Stammbuch von 1720 bei ebay ersteigert

Das Stammbuch des Studenten Immanuel Petrus Geier mit handschriftlichen Sprüchen von Thomasius, Christian Wolff, vom Erfinder der Hoffmanns-Tropfen und August Hermann Francke ist nun heimgekehrt in die Franckeschen Stiftungen. Es handelt sich dabei um eine Sammlung wertvoller Original-Handschriften aller wichtigen Protagonisten aus Halles Glanzzeit um 1720.

Jürgen Gröschl, der Archivar der Franckeschen Stiftungen in Halle/Saale, hat die Kostbarkeit im Internet bei ebay für ganze 1.320 Euro ersteigert. Sein ursprünglicher Besitzer, der sich 1718 an Halles theologischer Fakultät immatrikulierte, dokumentiert darin eine Studenten-Karriere, die als mustergültige Umsetzung des Universitäts-Ideals gelten könnte. Nach den Einträgen, Unterschriften und Kupferstich-Porträts der Professoren zu urteilen, hat er alle halleschen Gelehrten gehört, die damals europaweit Rang und Namen hatten. Doch natürlich – schränkt Gröschl ein – könne man auch nicht ausschließen, dass der Student Geier eine Art Autogramm-Jäger war. Schließlich seien die Stammbücher, die über 100 Jahre später von der aufkommenden Mode der Poesie-Alben weitgehend verdrängt wurden, damals fast so etwas wie Pflicht gewesen.

Im Gepäck einer französischen Jüdin, die auf der Flucht vor dem Holocaust war, ist das Stammbuch nach Amerika gelangt. Der Mann, der das Büchlein in Virginia gekauft und nun zur Auktion bei ebay angeboten hatte, ist pensionierter Beamter des US-Außenministeriums, der einst in Westberlin tätig und vorher als Soldat in Deutschland stationiert war. Er habe sich gefreut, dass das Buch nun dort sei, wo es hingehört.

Kontakt:
Franckesche Stiftungen zu Halle
Franckeplatz 1, Haus 37
Geschäftsstelle
06110 Halle
www.franckesche-stiftungen.uni-halle.de

Quelle: Detlef Färber, Mitteldeutsche Zeitung, 14.8.2004

Perlen aus dem Stadtarchiv Rotenburg

Die Hessisch Niedersächsische Allgemeine (HNA) stellt zum Start ihrer neuen Serie „Perlen aus dem Stadtarchiv“ das Stadtarchiv Rotenburg an der Fulda vor, das sich im Kellergewölbe des neuen Rotenburger Rathauses befindet. Dort hinein führte Angela Pooch, die zuständige Mitarbeiterin der Stadtverwaltung, die HNA und präsentiert u.a. die von ihr angelegten Repertorienbände zur Stadt und zum ehemaligen Amt Rotenburg.

Diese Findbücher seien „die Seele des Archivs“, sagt Angela Pooch. In ihnen ist der Bestand des Rotenburger Archivs, das inzwischen zu großen Teilen ins Staatsarchiv Marburg ausgelagert wurde, aufgelistet. Bis ins 13. Jahrhundert reichen die Dokumente zurück. Die Unterlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus mussten ins Bundesarchiv nach Berlin und nach Wiesbaden abgegeben werden.

Wer also in die Geschichte der Stadt oder ihrer Bewohner eintauchen will, meldet sich bei der Archivmitarbeiterin in ihrem kleinem Büro im neuen Rathaus. Hier stehen die Findbücher, hier sind Archivpläne und viele Veröffentlichungen über die Stadt gesammelt. Außerdem kann man hier eine Reihe von Büchern und Broschüren über liebenswerte Details der Stadtgeschichte kaufen.

Leidenschaftliche Besucher des Archivs sind Schüler, die sich oft die Mühen der Stadtrallye zu ersparen versuchen und über Angela Pooch die richtigen Antworten für das beliebte Quiz erfahren wollen. Doch gibt sie zwar Tipps, erspart den Kindern aber nicht den Marsch durch die historischen Gassen. Auf die richtigen Antworten müssen sie schon selber kommen.

Kontakt:
Stadt Rotenburg a. d. Fulda
Marktplatz 15
36199 Rotenburg a. d. Fulda
Telefon: (06623) 933-128 (Archiv)
Telefax: (06623) 933-163
stadtverwaltung@rotenburg.de

Quelle: Hessisch Niedersächsische Allgemeine (HNA), 16.8.2004

Dokumente fanden ihren Weg zurück ins Stadtarchiv Nürtingen

Einige Dokumente aus der hintersten Ecke des Archivs der Nürtinger Johannesgemeinde, die lange Zeit niemand beachtet hatte, spannen nunmehr einen Bogen in Nürtingens vorreformatorische Zeit. Nach der Reformationszeit waren die Katholiken fast 400 Jahre lang eine Minderheit in Nürtingen. Erst 1906 wurde wieder eine Katholische Kirchengemeinde in der Stadt am Neckar ins Leben gerufen.

Horst Gammel und Walter Nuber zählen zu dem kleinen Team aus geschichtsinteressierten Menschen der Nürtinger Johannesgemeinde, die sich auf die Spuren der Wieder-Gründung der katholischen Gemeinschaft in der Stadt begeben haben. Da stöbert man in alten Archivbeständen, schaut mal bei Gemeinden in der Nachbarschaft, ob sich Quer-Verbindungen erschließen lassen, die einem weiterhelfen, taucht in die Tiefen der Akten in den Beständen der Diözese in Rottenburg, die die „katholische Renaissance“ in Nürtingen natürlich mitbegleitet hatte. Kürzlich stießen Nuber und Gammel auf einen wahren Schatz der Nürtinger Kirchengeschichte.

Sie stießen auf ein umfangreiches Verzeichnis von Gerätschaften, Ornaten und Bildern aus der Nürtinger Laurentiuskirche vom 7. Juli 1515. Dieses Verzeichnis ist eine penible „Momentaufnahme“ davon, wie es kurz vor der Reformation in der Kirche brodelte und wie in Sankt Laurentius aussah. Das Inventarbuch belegt, dass viele Nürtinger, um das ewige Seelenheil zu erlangen, fromme Stiftungen machten. 25 doppelte Seiten aus einem Stiftungsbuch fielen den Hobby-Historikern dabei in die Hände. Sie regelten insgesamt 32 Stiftungen – aus den Jahren 1465 bis 1518! Besonders begeistert ist Horst Gammel von einem „wunderschönen Pergament mit rot unterlegten Anfangsbuchstaben“ aus dem Jahr 1465.

Das „Johannes-Geschichtsteam“ nahm Kontakt zu Reinhard Tietzen auf, und in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchivar ließ sich noch etwas mehr Licht ins historische Dunkel bringen, ja entwickelte sich die Geschichte sogar zum „kleinen Krimi“. In einem Verzeichnis des Nürtinger Stadtarchivars fand sich zum Beispiel die Inventarliste von 1515, die im Bestand allerdings fehlte. Irgendjemand musste sie also irgendwann auf die Seite geschafft haben: Zum damaligen Stadtpfarrer Bernhard Kah sei Ende der 1960er Jahre ein Mann gekommen und habe ihm „gegen ein geringes Entgelt ältere Papiere aus seinem Besitz“ angeboten. Etwas dubios mutete das schon an, aber da sich dadurch ja die Frühzeit der Kirche dokumentieren ließ, fragte man offenkundig nicht zu genau nach.

In den Tiefen des Archivs verschwanden so auch diese wertvollen Zeugnisse der Nürtinger Kirchen- und Stadtgeschichte. Im Einvernehmen mit Dekan Wolfgang Sedlmeier übereignete man sie die Unterlagen jetzt aber im Tausch gegen beglaubigte Kopien an Reinhard Tietzen, der sie wieder ins Stadtarchiv stellte.

Kontakt:
Stadt Nürtingen
Marktstr. 7
Rathaus, Zi. U 202
Tel.: 07022/75-387
Fax: 07022/75-380
archiv.stadt@nuertingen.de

Quelle: Jürgen Gerrmann, Nürtinger Zeitung, 14.8.2004

Historical Blade Tour durch Kiel

Die Inline Skates sind geschnürt, die Schützer festgezurrt. So ausgerüstet ging es unter der Leitung von Stadtarchivarin Jutta Briel auf die dritte „Historical Blade Tour“ durch Kiel. Stadtgeschichte einmal anders, versprach das Stadtmuseum und lud ein zur sportlichen Tour auf dem Hindenburgufer, der Flaniermeile Kiels. Ende des 18. Jahrhunderts, so erfährt die kleine Gruppe der interessierten Tourteilnehmer, war das nur ein einfacher Weg außerhalb der Stadt, um im Wald Holz zu holen. Später wurde er als Ausflugsstraße mit Lokalen ausgebaut. „Irgendwann bemerkten die Menschen, dass man hier auch gut wohnen kann und ein Villenviertel am Wasser entstand“, so Jutta Briel vom Stadtarchiv.

Alle paar Meter stoppt die Archivarin den flotten Lauf, um historische Hintergrundinformationen zum Streckenverlauf geben zu können: Von Hindenburg, der im Institut für Meereskunde (früher ein Admiralsgebäude, dann ein Hotel) ein und ausgegangen war, vom Arzt „Fiete Eisbüttel“ Esmarch, der die Pianistin Clara Schumann behandelte und vom Seebad, das früher dort lag, wo heute das Landeshaus steht.

Kontakt:
Kieler Stadtmuseum Warleberger Hof
Dänische Straße 19
24103 Kiel
Telefon 0431/901 34 25,
Fax 0431/970 97 28

Stadtarchiv Kiel
Rathaus,
Fleethörn 9, Zimmer 515 (Rathausturm)
Telefon: 0431/901-3424
Fax: 0431/901-63423
stadtarchiv@LHStadt.kiel.de

Quelle: Jennifer Ruske, nordClick/Kieler Nachrichten, 12.8.2004