Elektronische Dokumente rechtssicher

Wem glaubt ein Richter, wenn ihm elektronische Dokumente als Beweis vorgelegt werden? Seine Entscheidung kann er jetzt mit „ArchiSig“ treffen, einem neuartigen System zur rechtssicheren Aufbewahrung elektronisch signierter Dokumente, das jetzt unter Federführung der Universität Kassel entwickelt und in einer Simulationsstudie erfolgreich getestet wurde.

Viele Jahre nach der Einführung elektronischer Aktenführung klagt Herr Teron gegen die Berufsgenossenschaft wegen seiner Berufsunfähigkeitsrente. Er macht eine unheilbare Lungenschädigung geltend, weil er vor 30 Jahren asbesthaltige Materialien habe verarbeiten müssen. Zu dem Prozess kam es, weil die Berufsgenossenschaft sich ihrerseits auf archivierte elektronische Ergebnisberichte der damaligen Routineuntersuchungen stützte, nach denen seinerzeit keine Auffälligkeiten festgestellt worden waren. Herr Teron dagegen legt für seinen Anspruch den elektronischen Bericht einer privatärztlichen Untersuchung vor, die damals schon einschlägige Anfangsschädigungen feststellte. Die Berufsgenossenschaft zweifelt an der Echtheit dieses Berichts und schließt sogar eine Fälschung durch Herrn Teron nicht aus. Wem kann der Richter glauben? Seine Entscheidung traf er mit „ArchiSig“, einem neuartigen System zur rechtssicheren Aufbewahrung elektronisch signierter Dokumente, das jetzt unter Federführung der Universität Kassel entwickelt und in einer Simulationsstudie erfolgreich getestet wurde.

Dokumente mit rechtsrelevanten Erklärungen oder Feststellungen sollen in Konfliktfällen Beweissicherheit schaffen und eigentlich solche Streitigkeiten vermeiden. Dokumente über Forderungen werden deshalb aufbewahrt, solange sie geltend gemacht werden können – bis über 30 Jahre lang. Dokumente über die Rechtsstellung eines Menschen müssen unter Umständen ein ganzes Menschenleben aufbewahrt werden, Dokumente über Rechte an einem Grundstück oder Gebäude unter Umständen sogar weit mehr als ein Jahrhundert. Will man der Nachwelt ein Dokument aus historischen Gründen aufbewahren, ist dieser Zeitraum noch länger. Bisher bestanden solche Dokumente aus Papier und waren eigenhändig unterschrieben. Für die Aufbewahrung unterschriebener Papierurkunden bestehen Jahrhunderte lange Erfahrungen. Die Aufbewahrung elektronisch signierter Dokumente hingegen ist weitgehend Neuland, zumal wenn sie rechtsverbindlich sein soll. Erste Erfahrungen mit elektronischen Signaturen, die eigenhändige Unterschriften ersetzen, gibt es schon. Doch die langfristige Aufbewahrung elektronisch signierter Dokumente war bisher ein völlig ungelöstes Problem.

Die Schwierigkeiten bestehen zum einen darin, dass elektronische Signaturen auf kryptographischen Verfahren beruhen, die mit dem Fortschritt der Rechnertechnologie nach und nach an Sicherheit verlieren. Elektronische Signaturen müssen daher immer wieder mit besseren Algorithmen neu „versiegelt“ werden. Auch muss schon heute entschieden werden, welche Daten für die Überprüfung der Urheberschaft einer Signatur im vielen Jahren erforderlich sein könnten. Diese Verifikationsdaten werden nämlich nach Jahren oder Jahrzehnten nicht mehr zur Verfügung stehen und müssen daher von Beginn an mit dem Dokument archiviert werden.

Zwar bieten elektronische Signaturen Rechtssicherheit. Doch gab es bisher noch keine Gerichtsentscheidung zu deren Beweiswert. Und was nützt elektronische Kommunikation, wenn am Ende alle elektronischen Dokumente auf Papier gedruckt werden müssen, um rechtsgemäß aufbewahrt werden zu können? Die verbleibende Unsicherheit wird noch verschärft, wenn es um langfristig aufbewahrte signierte Dokumente geht. Ein Archivsystem, dem auch noch nach Jahrzehnten beweistaugliche elektronische Dokumente entnommen werden können, erwies sich deshalb als ein Grundproblem des elektronischen Geschäfts- und Verwaltungsverkehrs.

In dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit geförderten Konsortialprojekt „Beweiskräftige und sichere Langzeitarchivierung digital signierter Dokumente (ArchiSig)“ (Partner: Fraunhofer-Institut SIT, Universität Heidelberg, PERGIS, Secude, IXOS, IZN, Archivverwaltung Niedersachsen, DATEV, T-Systems, s. www.archisig.de) wurde nun unter Mitwirkung der Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet) an der Universität Kassel (http://www.uni-kassel.de/fb10/oeff_recht/projekte/provet.ghk) unter Leitung von Prof. Dr. Alexander Roßnagel ein Konzept für die rechtssichere Langzeitaufbewahrung elektronisch signierter Dokumente entwickelt, das auch für große elektronische Archive geeignet ist. Ein Prototyp des ArchiSig-Systems wird derzeit im Universitätsklinikum Heidelberg real erprobt. Automatisiert werden durch ArchiSig die notwendigen Verifikationsdaten erhoben und zusammen mit dem Dokument gespeichert, die auslaufende Sicherheitseignung von Signaturen erkannt und alle Dokumente, für die dies zutrifft, erneut signiert.

Um zu testen, inwieweit dieses Konzept geeignet ist, mit den archivierten elektronisch signierten Dokumenten auch noch nach vielen Jahren Beweis zu erbringen, haben die Forschergruppen provet und FhG-SIT eine Simulationsstudie entwickelt, die im September und Oktober 2003 durchgeführt wurde. Richter, Rechtsanwälte und Gutachter überprüften in zwölf gerichtlichen Verfahren, deren Streitgegenstand realistischen Streitfällen nachgestellt war, die entwickelten Konzepte und prototypischen Lösungen auf ihre Beweistauglichkeit. Hierfür wurde für die beweiserheblichen elektronisch signierten Dokumente ein Archivierungsverfahren für einen Zeitraum von über 40 Jahren im „Zeitraffer“ durchgeführt. Am 15. und 16. Oktober 2003 fanden in Heidelberg die mündlichen Verhandlungen im Rahmen des Simulationsprojekts statt.

Durch die Prozesse konnte eine erheblich größere Einschätzungssicherheit für die Beweistauglichkeit archivierter signierter Dokumente gewonnen werden. Dabei haben die mit ArchiSig aufbewahrten Dokumente durchweg ihre Beweistauglichkeit erwiesen. Dokumente, bei denen Neusignierungen oder Verifikationsdaten fehlten, konnten meist keinen Beweis erbringen. Für Richter und Rechtsanwälte war die Fragestellung zwar ungewohnt, aber in allen Fällen – oft mit Hilfe von Sachverständigen – zu bewältigen.

Herr Teron hat seinen Prozess übrigens verloren. Während die Berufsgenossenschaft ihre Dokumente mit ArchiSig aufbewahrt hatte, konnte er nur vortragen, seine Dokumente 30 Jahre auf seinen Festplatten gespeichert zu haben. Dies war für einen Echtheitsbeweis trotz Signatur dem Richter zu wenig. Herr Teron sieht nun einem Strafprozess entgegen.

Kontakt: 
Universität Kassel
Prof. Dr. Alexander Roßnagel
FB Berufsbildungs-, Sozial- und Rechtswissenschaft
tel (0561) 804-3130 oder -2442

Info:
http://www.archisig.de
http://www.uni-kassel.de/fb10/oeff_recht/projekte/provet.ghk

Quelle: idw-online, 29.10.2003

Totenbuch von Buchenwald vorgestellt

Der Name Buchenwald wird normalerweise mit NS-Terror in Verbindung gebracht. Doch auch nach 1945 waren hier tausende Menschen inhaftiert, von denen viele starben. 7.113 Menschen sind zwischen 1945 und 1950 in dem sowjetischen Inhaftierungslager ums Leben gekommen, das auf dem Gelände des Konzentrationslagers Buchenwald errichtet worden war. Dies geht aus dem ersten wissenschaftlichen Totenbuch hervor, das am Mittwoch in Weimar vorgestellt wurde.

Die Dokumentation lege Zeugnis ab von einem lange verschwiegenen Kapitel deutscher Geschichte, sagte die Wissenschaftsministerin Dagmar Schipanski. Erst nach der Wende habe man begonnen, die Geschichte dieses Ortes neu zu schreiben.

Mittlerweile gibt es eine Computerdatei mit Protokollen von Gesprächen mit hunderten Häftlingen, die die Forscher führten. Auch eine Fotothek wurde aufgebaut. Die umfassende Aufarbeitung der Geschichte der sowjetischen Internierungspraxis in Ostdeutschland war erst nach der Öffnung der Moskauer Archive Anfang der 90er Jahre möglich geworden.

Insgesamt gab es in Ostdeutschland zehn solcher Lager, in denen 120.000 Menschen inhaftiert waren. In Weimar waren es 28.000 Menschen, von denen die nun namentlich aufgelisteten 7113 Menschen starben. Die meisten von ihnen an Unterernährung oder Krankheiten.

Kontakt:
Gedenkstätte Buchenwald
99427 Weimar-Buchenwald
Tel. 03643/4300
Fax 03643/430100
Internet: http://www.buchenwald.de
e-mail: buchenwald@buchenwald.de

Quelle: Netzeitung, 29.10.2003

Archivalische Zeitschrift 85 (2003)

Badn 85 (2003) der Archivalischen Zeitschrift ist mit folgendem Inhalt erschienen:

Archivalische Zeitschrift: Archivwesen
85. Band, 2003

  • Michael Silagi,
    Staatenfolge und Archive mit besonderer Berücksichtigung der archivbezogenen Regelungen der Wiener Konvention vom 8. April 1983 über Staatennachfolge in Vermögen, Archive und Schulden von Staaten
    S. 9
  • Gerhard Leidel,
    Die Anfänge der archivischen Kartographie im deutschsprachigen Raum. Acht handgezeichnete Karten des 15. Jahrhunderts im Bayerischen Hauptstaatsarchiv
    S. 85
  • Rodrigo Readi Nasser und Karl-Ernst Luprian,
    Ein Modell für die elektronische Darstellung hybrider Verwaltungsakten in Archiven
    S. 147
  • Gerhard Hetzer,
    Das Russische Staatliche Kriegsgeschichtliche Archiv in Moskau – Geschichte und Bestände: Ein Blick aus Bayern
    S. 175
  • Hans-Bernd Spies,
    Das Schicksal des von Mainz nach Aschaffenburg geflüchteten Kurfürstlichen Landesregierungsarchivs während der Jahre 1794-1800
    S. 193
  • Josef Anker,
    Das bayerische Staatsministerium für Soziale Fürsorge, seine Geschäftsbereiche in der Ministerialstruktur seit 1918 und seine archivalische Überlieferung im Hauptstaatsarchiv
    S. 221
  • Martin Luchterhandt,
    Metamorphose eines Baudenkmals. Der lange Weg zum neuen Standort des Landesarchivs Berlin
    S. 259
  • Jürgen Rainer Wolf,
    Schriftgut – Archivgut – Kulturgut: Eine vorläufige Schadensbilanz der August-Flut 2002 in Sachsen
    S. 299
  • Stefan Matysiak,
    Traditionsbildung und Traditionsverweigerung im Tageszeitungswesen
    S. 313
  • Georg Kreuzer,
    Ein später Nachtrag zu den Urkunden des Benediktinerklosters St. Mang in Füssen
    S. 339
  • Zusammenfassungen S. 343
  • Summaries S. 349
  • Résumés S. 355

Info:
Archivalische Zeitschrift. Köln ; Weimar ; Wien: Böhlau Verlag/Köln.
ISSN 0003–9497

Böhlau Verlag GmbH & Cie.
Ursulaplatz 1
D-50668 Köln
Telefon (0 22 1) 91 39 0-0
Telefax (0 22 1) 91 39 0-32

FDP unterstützt HH-Geschichtswerkstätten

Das letzte Wort über die drastische Einsparung bei Hamburgs Geschichtswerkstätten, die von der Kulturbehörde für den Haushalt 2004 angekündigt wurde, ist noch nicht gesprochen. Auch im Regierungslager gibt es Widerstand gegen die umstrittene Kürzung der jährlichen Förderung der 14 Archive von 539.000 auf 133.000 Euro. Die FDP will den Ansatz korrigieren. „Wir können uns eine Einsparung von zehn bis 20 Prozent vorstellen, aber die jetzige Kürzung ist nicht zumutbar“, sagt Martin Woestmeyer, kulturpolitischer Sprecher der FDP. „133.000 Euro wären der Tod bei Konservierung – die Sammlungen blieben erhalten, aber das ehrenamtliche Engagement würde wegbrechen, weil es ohne fest angestelltes Personal nicht verwaltet werden könnte.“

Schon am 5. September hat die FDP auf ihrem Landesparteitag beschlossen, dass nachgebessert werden müsse. „Danach haben wir der Behörde klar gemacht, wie ernst es uns ist, und um alternative Sparvorschläge zu Gunsten der Stadtteilarchive gebeten“, erzählt Woestmeyer. Gegenwärtig versucht die FDP über die Fraktionsvorstände auf eine Nachbesserung hinzuarbeiten.

Kein Zufall, so sagt Woestmeyer, dass 1991 mit Ingo von Münch ein FDP-Kultursenator die Archive in die institutionelle Förderung aufnahm: „Das Gedächtnis der Stadt lebt vom ehrenamtlichen Engagement, ist also bestes Beispiel für Bürgersinn – und ein liberales Ideal. Um das Ehrenamt zu stabilisieren, bedarf es der Förderung.“ Bestätigt in ihrer Wertschätzung sieht sich die FDP durch die Bezirke, wo parteiübergreifend, in Altona gar einstimmig, für den Erhalt der Geschichtswerkstätten votiert wurde.

Woestmeyer schlägt der Kulturbehörde vor, Fördergelder aus Töpfen zu nehmen, die nicht ausgeschöpft würden: „Förderung besonderer Theateraktivitäten“ etwa oder die „kulturelle Zielgruppenarbeit“. „Niemandem würde direkt etwas weggenommen“, sagt Woestmeyer. „Das wäre schmerzfreies Sparen.“ Kulturbehördensprecher Andreas Ernst akzeptiert dies nicht: „Das ist keine Lösung für eine dauerhafte Finanzierung. Wir haben zudem Alternativen geprüft. Die FDP ist in der Pflicht, uns mit brauchbaren Vorschlägen zu unterfüttern.“

Die FDP wird insistieren, betont Woestmeyer: „Wir brauchen eine Vorlage der Behörde, der alle Regierungsfraktionen zustimmen können. Es sollte nicht so weit kommen, dass wir in dieser Sache nicht mit einer Stimme sprechen.“

Link: http://www.hamburger-geschichtswerkstaetten.de/

Quelle: Hamburger Abendblatt, 28.10.2003

Archiv der Jugendbewegung gesichert

Das Archiv der Deutschen Jugendbewegung in Witzenhausen wird mit dem Einstieg des Landes Hessen dauerhaft gesichert. Die Sammlung auf der nordhessischen Burg Ludwigstein werde künftig als Landeseinrichtung dem Staatsarchiv in Marburg unterstellt, teilte das Kunstministerium am Montag in Wiesbaden mit. Das Archiv bleibe aber weiterhin Eigentum der Stiftung Jugendburg Ludwigstein. Das Staatsarchiv solle dem Bestand der Jugendbewegung bei einer besseren Präsentation in der Öffentlichkeit helfen.

Das renommierte Archiv der Deutschen Jugendbewegung wurde 1922 gegründet und sammelt Material zur deutschen Jugendbewegung und ihren Nachfolgeorganisationen seit 1890 bis heute. Es dokumentiert zudem historische und zeitgenössische Jugendverbände, die Jugendarbeit an sich und ihre Erforschung. Das Land Hessen gibt dem Archiv seit Mitte der achtziger Jahre einen freiwilligen jährlichen Zuschuss von 170.000 Euro. Als Landeseinrichtung komme dem Archiv diese Förderung künftig fest zu Gute, so das Ministerium.

Kontakt:
Jugendburg Ludwigstein
Burg Ludwigstein
D-37214 Witzenhausen
Telefon: 05542/5017-10
Telefax: 05542/5017-12
info@burgludwigstein.de
www.burgludwigstein.de

Quelle: Frankfurter Neue Presse, 27.10.2003

Bibliotheken und Archive der neuen sozialen Bewegungen

Neu erschienen ist ein Führer durch die Bestände der Bibliotheken und Archive der neuen sozialen Bewegungen. Das Buch listet 18 größere Archive, 51 feministische Archive und 37 thematische Facharchive sowie die Adressen von 170 weiteren Archiven aus dem deutschsprachigen Raum auf (www.leibi.de/archive). Die einzelnen Archive und Bibliotheken werden mit Post- und Internetadressen aufgelistet, die Bestände der grösseren Einrichtungen näher beschrieben. Teil des Buches ist die Auswertung einer Befragung von 44 größeren Archiven. Ihre Resultate lassen Rückschlüsse über das Selbstverständnis und die Probleme der Bewegungsarchive als Einrichtungen der historischen Bildung zu.

Info:
Bernd Hüttner: Archive von unten. Bibliotheken und Archive der neuen sozialen Bewegungen und ihre Bestände,
Verlag AG SPAK,
Neu-Ulm 2003,
ISBN 3-930830-40-X,
180 S., 15 Euro

Kontakt:
Bernd Hüttner
Archiv der sozialen Bewegungen
St.Pauli-Str. 10/12
28203 Bremen
Fax 0421-75682
www.archivbremen.de
Bremer Archive im Internet: www.bremer-archive.de

Digitale Beweise für Melde-Eifer der Volkspolizei

Die Stadt Dresden und Stadtarchiv wollen ein Stück böse Vergangenheit digitalisieren, von dem viele gar nicht wissen, dass es noch existiert und sogar genutzt wird: Die alten Kreis-Meldekarteien der Volkspolizei (VP). Diese Karteien gingen weit über die kargen Daten hinaus, welche die Kommunen heutzutage in den Melderegistern verwalten: In ihrer Sammelwut vermerkte der DDR-Staat zu jedem Bürger nicht nur Name und Wohnsitz, sondern auch die Zugehörigkeit zu Organisationen und Parteien, Westverwandte und -besuche, Haftstrafen, Probleme auf der Arbeitsstelle, die Beflaggung am 1. Mai und vieles mehr.

„Aus heutiger Sicht sind diese Daten unrechtmäßig“, erklärte Ute Klöden, Abteilungsleiterin Meldewesen in der Stadtverwaltung. „Aber nach der Wende fiel die Entscheidung, sie nicht zu vernichten.“ Hintergrund war damals der Wunsch, auf solche Daten bei Rehabilitierungsverfahren zuzugreifen. Dafür werden sie auch heute unter gesetzlich streng geregelten Bedingungen genutzt. Zudem können sie in Prozessen oder für Rentenanträge hilfreich sein. Jährlich gebe es mehrere Tausend Anfragen zu diesen Karteien, so Klöden.

Per Gesetz ist vorgesehen, dass sie nicht in den Melderegistern, sondern von Archiven verwahrt werden, der Zugriff ist nur Wenigen erlaubt. Die restriktive Regelung hat gute Gründe: „Für bestimmte Leute wäre solch eine Datei eine wertvolle Fundgrube“. meint Sachsens Datenschutzbeauftragter Thomas Giesen. „Polizei und Verfassungsschutz dürfen aber normalerweise nicht darauf zugreifen und ich gehe auch davon aus, dass sie sich daran halten“.

Dass der Zugriff auf diese brisanten Meldekarteien nun zumindest technisch gesehen erleichtern wird, ist indirekt eine Flutfolge: In Dresden ist das Stadtarchiv für dieses Melderegister zuständig, physisch lagerten die Karteien aber im Stadthaus an der Theaterstraße. Durch das Augusthochwasser wurde dieser Bestand schwer beschädigt und inzwischen – mit großem persönlichen Aufwand der Mitarbeiter des Melderegisters – saniert. „Wir konnten etwa 99 Prozent des Bestandes retten“, sagt Klöden. Im Zuge dieser Sanierung sollen die Karteien nun auch gleich elektronisch erfasst werden, da eine weitere manuelle Nutzung den Bestand gefährden würde, erklärte die Abteilungsleiterin.

Kontakt:
Stadtarchiv Dresden
Elisabeth-Boer-Straße 1
01099 Dresden

Quelle: Dresdner Neueste Nachrichten, 27.10.2003

Neue Bleibe für Hilchenbacher Stadtarchiv

Wenn man wächst, braucht man mehr Raum. Das gilt auch, oder vielmehr gerade für ein Stadtarchiv wie das in Hilchenbach mit der Fülle seiner vielen Besonderheiten von Kultur und Geschichte, seinen unschätzbaren Werten.

Wer 2.840 Bücher, Fachliteratur und wissenswert Gedrucktes übersichtlich für den schnellen Zugriff neu einzuordnen hat, in Regalen von immerhin 53 laufende Metern, der hat immens viel zu tun, zu überlegen was, wo und wie alles in der städtischen Archivbibliothek chronologisch einzureihen ist.

Archiviert werden die inhaltsreichen Buchwerke von Landeskunde und Heimatkunde, Wirtschafts- und Kirchengeschichte, Biographien, Natur- und Familiengeschichten, Reisebeschreibungen, Vereinsgeschichten und natürlich Literatur zu den Städten und Gemeinden im Siegerland und Nachbargebieten sowie Fachliteratur für den Museumsbereich. Außerdem lagern noch über 800 Meter Archivwerke aller Art in den Kellerräumen der Wilhelmsburg, übersichtlich für den schnellen Zugriff.

Das alles hat in mühevoller Fleißarbeit, oftmals vor und nach seiner Dienstzeit, Reinhard Gämlich in Monaten durch EDV erschlossen. Der 48-jährige Stadtarchivar, seit Mai 1985 allein verantwortlich für dieses Amt, hat gerade in diesen Tagen alle Hände voll zu tun. Seine Dienstzeit würde nicht ausreichen, um das alles umzuräumen, einzurichten und nach den Sachgebieten auszurichten. Reinhard Gämlich ist zusätzlich seit 18 Jahren Museumsleiter und von 1991 an stellvertretender Amtsleiter für Personal-, Schul-, und Sport und Kulturangelehenheiten sowie Liegenschaften, Stadtkernsanierung und Forstwesen.

Bis Mai dieses Jahres hatte die gemeinnützige Wohnungsbau-Genossenschaft im Erdgeschoss der Wilhelmsburg ihre Diensträume, in Nachbarschaft von Stadtarchiv und Stadtbibliothek. Die Genossenschaft zog vor fünf Monaten in die Dammstraße 19. Stadtarchivar Gämlichs Bemühen, in dieser freiwerdende weitaus größeren Raumeinheit sein Archiv aufzubauen, hatte Erfolg. Denn sein umfangreiches Archivmaterial hatte in den bisherigen beiden bescheidenen Räumen kaum noch Platz, zumal die Bevölkerung der heimischen Region es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hat, wertvoll Vergangenes dem Stadtarchiv laufend anzuvertrauen.

Die vier neuen Diensträume des Stadtarchivs im Erdgeschoss sind künftig durch eine Trenntür erreichbar, linker Hand das Dienstzimmer des Archivars. Große Fenster garantieren großen Lichteinfluss, mit Blick zum Parkplatz und zum dahinterliegenden Rathaus. Der alte Schreibtisch und Bücherschrank der früheren Stadt- und Amtsdirektoren Walter Groos und Dr. Hans Christhard Mahrenholz werden auch in seinem neuen Dienstraum Platz finden.

Ebenso der schon „historisch“ große Tresor, die kleine Schatzkammer des Archivs. Auf der anderen Seite des Flures die Archiv-Bibliothek, mit Blick auf die Rothenberger Straße. Zu seinen 1.000 Fachbüchern, die in seiner früheren Bibliothek lagerten, kommen weitere 1.850 Buchwerke hinzu, die bislang notdürftig in den Kellerräumen eine Bleibe fanden, zuzüglich bedeutende diverse Archivordner.

Im neuen Bibliotheksraum werden demnächst 17 Regale, jeweils 2,5 m hoch, die Mehrzahl der Fachliteratur beherbergen. Hinter der Bibliothek ein zusätzlicher Archiv-Raum für spezielle Archiv-Akten. Großzügig vorgesehen, das künftige große Lesezimmer für Besucher, das bisher vermisst wurde. Nebenan in guter Nachbarschaft, im früheren Gerichtssaal des Amtes Hilchenbach, die Seiffener Stube der Partnergemeinde der Stadt Hilchenbach.

Zwar ist die Renovierung in den vier neuen Archiv-Zimmern fast abgeschlossen, der gesamte Umzug des Archivs wird erst in einigen Wochen abgeschlossen sein, denn erst Mitte Dezember werden die in Auftrag gegebenen Stahlregale lieferbar sein.

Die Vorteile der neuen Diensträume liegen klar auf der Hand: Weitaus mehr Platz, auch für die Besucher, denen künftig ein Leseraum zur Verfügung steht, wie auch der unmittelbare Zugang für Reinhard Gämlich zu den großen Archivräumen des Kellers. Auch die Stadt-Bibliothek, die wegen der Fülle der Leihbücher aus allen Nähten platzt, profitiert von dem Umzug. Sie erhält die zwei Räume des bisherigen Stadtarchivars. Aber auch sie muss warten bis Mitte Dezember.

Kontakt:
Stadtarchiv Hilchenbach
Markt 13
57271 Hilchenbach
Reinhard Gämlich
r_gaemlich@hilchenbach.de
Telefon 02733/288-260
Telefax 02733/288 288

Quelle: Westfalenpost, 27.10.2003

125 Jahre Wertheimer Sammlungen

Unter dem Titel „125 Jahre Wertheimer Sammlungen“ wird im Grafschaftsmuseum am Mittwoch, 12. November, um 18 Uhr durch Oberbürgermeister Stefan Mikulicz eine Jubiläumsausstellung eröffnet, die bis 18. April 2004 zu sehen sein wird.

Am 8. November 1878 waren Wertheimer Bürgerinnen und Bürger öffentlich aufgefordert worden, „Schriften, Drucksachen oder bildliche Darstellungen, die sich auf Wertheimer Verhältnisse beziehen, für die anzulegende städtische Sammlung zu stiften“. Der damalige Gemeinderat stellte einen Schrank zur Verfügung, um die ersten Schriftstücke, Bücher und Bilder aus gräflichen und fürstlichen Zeiten aufzunehmen.

Die neue Jubiläumsausstellung „125 Jahre Wertheimer Sammlungen“ im Grafschaftsmuseum erinnert an diese musealen Anfänge in Wertheim. Gezeigt werden neben den Archivalien, die Beginn und Aufbau der Städtischen Sammlung dokumentieren, die frühesten Museumsobjekte selbst und ihre Präsentation zwischen 1904 und 1922, ergänzt durch alte Fotografien aus dem Besitz des Historischen Vereins.

Zur Geschichte der Sammlungen: Als erster Zugang wird am 29. November 1878 die farbige Zeichnung einer Disputation des Dichters Johannes v. Wetzlar mit dem Wertheimer Grafen Johann II. und dessen Sohn aus der Zeit um 1420/1430 aufgeführt, die Prinz Franz zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg schenkte. Bereits im folgenden Jahre verzeichnen Ratsprotokolle und Presse erste Sachobjekte, darunter eine „irdene Schüssel vom Jahre 1763“ und ein „Holzmodell der alten Tauberbrücke, geschaffen und gestiftet von Wilhelm Weimar“. Als der fürstlich löwensteinische Archivar Karl Wagner (1833 bis 1889), der die Sammlungen förderte, im Jahre 1889 sein „Erstes Inventar“ aufstellte, führte er unter 173 Katalognummern diese beiden Gegenstände auf. Seit 1886 konnte die Sammlung im obersten Teil der Kilianskapelle, dem alten Gymnasiumsgebäude, regelmäßig besichtigt werden. 1895 wurden alle Gegenstände in 13 Kisten verstaut und die Kapelle nach jahrelangem Umbau wieder in den alten Zustand versetzt, um nach fachmännischer Beratung am 22. März 1904 als „Städtische Altertumshalle“ der Öffentlichkeit übergeben zu werden.

Im gleichen Jahr, am 25. April 1904, trat der „Historische Verein Alt-Wertheim“ ins Leben, dessen Gründungsmitglied, Kaufmann Otto Langguth, vom Gemeinderat am 9. Oktober 1905 mit der Leitung und Oberaufsicht der Städtischen Altertumssammlung betraut wurde. Als Konservator wurde er 1906 ermächtigt, pro Jahr bis zum Betrag von 50 Mark Gegenstände für die Altertumshalle zu erwerben.

Unter seiner Leitung, die er bis 1925 inne hatte, gelang es dem Historischen Verein, durch Beiträge und Spenden nicht nur die Sammlungen wesentlich zu vermehren, sondern auch das „Haus zu den vier Gekrönten“ als Vereinshaus und weiteres Museumsgebäude zu erwerben. In diesem Gebäude wurden im Sinne damaliger Museumsarbeit unter anderem eine altdeutsche Küche, die kleidungsgeschichtliche Sammlung und bürgerliches Kunstgewerbe gezeigt. In der Kilianskapelle blieben die sakralen Gegenstände, Waffen und Objekte der Wertheimer Zünfte und Handwerker.

1922 wurden hier nach dem wissenschaftlichen Konzept des Direktors des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe, Karl Rott, die Bestände neu geordnet.

Heute sind beide Sammlungen, vermehrt um neue Erwerbungen, unter dem Dach des Grafschaftsmuseums zusammengeführt. Das Vereinshaus „Zu den Vier Gekrönten“ wurde 1999 mit dem Alten Rathaus der Stadt zu einem Museumskomplex in der Rathausgasse 6 bis 10 verbunden. Um diese Nahtstelle gruppiert sich die neue Ausstellung.

Kontakt:
GrafschaftsMuseum
Rathausgasse 6-10
97877 Wertheim
Tel. / Fax: 09342 / 301 511
Grafschaftsmuseum@t-online.de
http://www.grafschaftsmuseum.de/

Quelle: Fränkische Nachrichten, 24.10.2003

Vereinsarchiv TV Schmie

Ein für ganz Baden-Württemberg musterhaftes Vereinsarchiv ist der Lohn für eine kontinuierliche Beschäftigung mit vorhandenen Archivalien beim TV Schmie. Die große Mithilfe von Jürgen Lotterer vom Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg diente als Anleitung für diese Vereinsarbeit. Am Mittwochabend wurde in einem Anbau der Turn- und Festhalle von Schmie der Archivraum eingeweiht. Das für keinen bestimmten Zweck vom Verein vorgesehene Zimmer wurde für die Aufbewahrung aller vorhandenen Schriftstücke und Fotos eingerichtet. Maulbronns Stadtarchivar Martin Ehlers, der auch für das Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg als Archivar tätig ist, stellte zwischen Jürgen Lotterer und dem TV Schmie den Kontakt her.

Für den Projektleiter war das beim TV Schmie vorhandene Material beispielhaft. „Eine mustergültige und ordentliche Aktenführung“, meinte Jürgen Lotterer. Seit dem Gründungsjahr des Vereins im Jahr 1899 standen ihm Archivalien zur Einrichtung des Vereinsarchivs zur Verfügung.

Findbücher angelegt

Alle Unterlagen bis zum Jahr 2000 wurden unter Mithilfe der Vereinsmitglieder Wolfgang Vallon, Franz Vallon und Ewald Link sortiert und zu Themengruppen wie Vorstand, Protokolle, Finanzen, Sportfeste, Mitglieder, Bauprojekte, zusammengefasst. Angelegt wurden zwei Findbücher. Eines für alle archivierten Schriftstücke und eines für die Fotos. Mit diesen Findbüchern können Unterlagen der Vergangenheit anhand von Stichwörtern wie Namen gesucht und falls vorhanden gefunden werden. Die Mitglieder des TV Schmie werden ab sofort ihr Vereinsarchiv nach dem Konzept von Jürgen Lotterer weiterführen. Bevor der nächste Archivierungseinsatz unternommen wird, werden jetzt erst wieder Dokumente, Urkunden, Fotos, Protokolle und andere Schriftstücke gesammelt. „Von Anfang an nach Sparten sortieren, dann ist es nachher einfach.“ Eine Erfahrung, die Franz Vallon beim Aufbau des Archivs gemacht hat. Seit Mai 2002 war das Team damit beschäftigt und die geleisteten Stunden liegen bestimmt im dreistelligen Bereich.

Keine Frage, die professionelle Aufarbeitung der Vereinsgeschichte und das Betreuen eines Vereinsarchivs ist eine zeitaufwendige Aufgabe. Jürgen Lotterer macht Mut, diese Aufgabe nicht zu vernachlässigen. Je weiter die Zukunft voranschreitet, desto wertvoller werde ein solches Archiv. Eine Auffassung, die den Mitgliedern des TV Schmie klar ist. „Was war, geht verloren, wenn sich nicht Personen darum kümmern“, so Ewald Link. Auch Martin Ehlers vom Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg will weiter für diese wichtige Aufgabe bei den Vereinen werben. Workshops zur Aufarbeitung von historischem Material biete das Institut an. Zukünftig könnten diese Angebote mit einem Ausflug nach Schmie verbunden werden, damit sich die Teilnehmer vor Ort ein praktisches Bild von einem modellhaften Vereinsarchiv machen können. „Was hier geschaffen worden ist, ist hervorragend“, so Gunter Bretschneider, erster Vorsitzender des Turngaus Neckar-Enz, bei der Einweihung des Archivs. Er sieht in diesem Bereich sowohl bei den Verbänden als auch bei den Vereinen dringenden Handlungsbedarf.

Schwierige Formate

Zum Abschluss gab Jürgen Lotterer den Mitgliedern des TV Schmie noch einen Tipp mit auf den Weg. Den Ersten Vorsitzenden des Vereins, Bernard Kuntic, interessierte der Umgang mit elektronischen Datenträgern. Der Ratschlag des Fachmannes war, Textdokumente regelmäßig auf gutem Papier auszudrucken und auf CD-ROMs abzuspeichern. Der Wandel von Dateiformaten und Datenträgern gehe so schnell voran, dass Daten nicht mehr gelesen werden können, die vor Jahren abgespeichert wurden.

Kontakt:

TV Schmie e. V.
Bernard Kuntic
Keuperstraße 1
75433 Maulbronn
Tel. 07043/40152
info@tv-schmie.de
http://www.tv-schmie.de/

Stadtarchiv Maulbronn, Rathaus
Klosterhof 31
75433 Maulbronn
Tel.: (07043) 103-16
Fax: (07043) 103-45

Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg
Frankfurter Str. 4
75433 Maulbronn
Tel.: 07043/ 10316 oder 17;
Fax: 07043/ 10345

Quelle: Pforzheimer Zeitung, 24.10.2003