Vizepräsident der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften verstorben

Dr. Matthias Herrmann, der Leiter des Lessing-Museums Kamenz und Vizepräsident der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, ist am 2. Oktober 2007 nach schwerer Krankheit im Alter von nur 46 Jahren verstorben. 

Von 1991 bis Juni 2006 leitete Matthias Herrmann das Kamenzer Stadtarchiv, das er zu einer über die Grenzen der Stadt hinaus bekannten Einrichtung machte. Zahlreiche Publikationen über die Stadtgeschichte entstammen seiner Feder. Mit gleichem Elan hatte er auch die Lessingtage veranstaltet und um deren Fortsetzung gerungen. 

Dr. Herrmann hatte seine Kindheit in Cunnersdorf verlebt, das Abitur an der Lessingschule in Kamenz abgelegt. Auf den dreijährigen Wehrdienst folgte ein fünfjähriges Studium der Archivwissenschaften, das er mit dem Diplom abschloss und 1994 in Berlin mit der Doktorarbeit über das Deutsche Reichsarchiv in den Jahren 1919 bis 1945 krönte. 

In der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, in der er kompetent die Stadt Kamenz vertrat, übte er das Amt des Vizepräsidenten mit allen ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten aus. In einer schwierigen Übergangszeit vom Herbst 1999 bis zum Frühjahr 2000 oblag ihm die Leitung der Gesellschaft, was neben den täglichen beruflichen Anforderungen für ihn eine erhebliche Belastung war. 

Seit 1998 hatte Dr. Herrmann die Verantwortung für die Redaktion des Neuen Lausitzischen Magazins. Mit der Führung des jungen Redaktionsteams praktizierte er zugleich die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Es war dann auch seine Idee, für junge Wissenschaftler den Hermann-Knothe-Preis der Sechs-Städte der Oberlausitz auszuschreiben. Der Preis konnte in diesem Jahr zum ersten Mal an einen jungen Wissenschaftler aus Leipzig vergeben werden. Auch das Junge Forum, eine Vortragsreihe auf den Frühjahrstagungen der Gesellschaft mit Berichten von Doktoranden über ihre laufenden Arbeiten, geht auf seine Initiative zurück. 

Ein großes Verdienst von Dr. Herrmann sind die von ihm initiierten zahlreichen Konferenzen über die Geschichte der Oberlausitz in Kamenz, Zittau, Czocha. Das trifft auch für die diesjährige wissenschaftliche Herbsttagung zu, die von der Gesellschaft gemeinsam mit dem Sorbischen Institut Anfang November über die Kirchengeschichte der Oberlausitz in Bautzen durchgeführt wird. Auch die grenzüberschreitenden Beziehungen nach Polen und Tschechien, insbesondere aber zu den Kollegen in Prag und Liberec, lagen ihm am Herzen. Das kam auf der Zittauer Tagung der Gesellschaft im Herbst 2005 zu dem Thema „Böhmen-Oberlausitz-Tschechien, Aspekte einer Nachbarschaft“ zum Ausdruck. 

Mit Dr. Herrmann, der eine Frau und drei Kinder hinterlässt, hat die Oberlausitzer Geschichtsforschung einen nie aufgebenden Förderer, Ideengeber und Wissenschaftler verloren.

Quelle: Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften; SäZ, 5.10.2007; SäZ, 11.10.2007 

Stolpersteine zum Gedenken an die Mülheimer Opfer des NS-Regimes

Mit Stolpersteinen, einem bekannten Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig, wird an das Schicksal von Menschen erinnert, die von den Nationalsozialisten zur Zeit des \“Dritten Reiches\“ deportiert und ermordet worden sind (siehe www.stolpersteine.com). In Mülheim an der Ruhr hatten Schüler der Realschule Stadtmitte vor drei Jahren das Schicksal ehemaliger jüdischer Schüler recherchiert und anhand ihrer Ergebnisse sieben Stolpersteine verlegen lassen.

Die Mülheimer Initiative für Toleranz (MIT) führt dieses Ansinnen fort. Dazu hat sich ein Arbeitskreis \“Aktion Stolpersteine\“ gebildet. Mit Unterstützung des Mülheimer Stadtarchivs, von Zeitzeugen und durch Unterlagen in Firmen und Organisationen soll versucht werden, den Opfern \“ein Gesicht zu geben\“. \“Wir sind zwanzig Leute, die sich einmal im Monat treffen, um Nachforschungen anzustellen\“, erklärt Hans-Dieter Strunck, der Sprecher des MIT-Arbeitskreises, gegenüber der NRZ. Gemeinsam mit Jens Roepstorff vom Stadtarchiv haben sie lange in alten Akten recherchiert, um die traurige Wendung im Leben von Eva Hirsch, Arthur Brocke, Bernhard Broccai, Louis und Julie Lucas, Hedwig und Selma Heimann, Jakob Frosch und Wilhem Müller nachzuzeichnen. Sie alle – jüdische Mitbürger, Zigeuner oder Politiker – wurden von Nazi-Schergen umgebracht, weil sie nicht in das unmenschliche Weltbild der Nationalsozialisten passten.

Seit wenigen Tagen liegt ein Stolperstein eingebettet im Bürgersteig vor der Hausnummer elf im Luisental. Sein Messing glänzt in der Nachmittagssonne und erinnert an eine Tat, deren Glanz den braunen Sumpf überdauerte. \“Hier wohnte Günther Smend, hingerichtet am 8. September 1944\“, verkündet die Inschrift auf dem dortigen Stolperstein. Der Offizier wurde als Mitwisser des Anschlags auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 wegen Hochverrats verurteilt und knapp zwei Monate später gehängt. – Smend hatte 1932 sein Abitur am einstigen staatlichen Gymnasium, der heutigen Otto-Pankok-Schule, abgelegt. In seiner damaligen Abiturrede wählte der Widerständler Worte, die vielleicht grundlegend für sein späteres Handeln waren: \“Mit falschem Pathos ist niemanden gedient. Die Möglichkeit liegt in der Tat\“…

Quelle: Max Böttner, NRZ, 12.10.2007

Das Hühnerfeder-Orakel

Die Berührungspunkte zwischen der Forschung zu außergewöhnlichen Phänomenen und der Volkskunde bzw. der Ethnologie sind vielfältig und zahlreich. Ein ausgewähltes Beispiel hierfür ist das ‚Hühnerfeder-Orakel’ des in der zentralafrikanischen Republik Tschad beheimateten Stammes der Djonkor. Das eigentümliche magische Ritual wurde in den 1960er Jahren von der Forschung erstmals wahrgenommen und im Gedankenaustausch zwischen Parapsychologie und Ethnologie diskutiert. Grundlage hierfür lieferte ein Dokumentarfilm des österreichischen Ethnologen Peter Fuchs, der 1959 in Zusammenarbeit mit dem Göttinger Institut für den wissenschaftlichen Film entstanden war. 

\"Hühnerfedern

Abb.: Hühnerfedern für ein magisches Orakel der Djonkor (offenbar Nachbildung), IGPP-Archiv, 8/3

Beim ‚Hühnerfeder-Orakel’ legt ein Magier der Djonkor vier in kleine Lehmklumpen gesteckte Hühnerfedern sternförmig auf den Boden und stülpt ein aus einem Kürbis gefertigtes großes Gefäß darüber. Die Personen, die das Orakel befragen wollen, legen dazu kurz eine Hand auf das umgedrehte Gefäß, welches von dem Magier nach einer kurzen Konzentrationszeit wieder entfernt wird. Die darunter liegenden Federn zeigen sich nun stets auf ungeklärte Weise wie von selbst und jedes Mal in unterschiedlicher Weise aufgerichtet. Aus der Lage und Ausrichtung der Federn zieht der Magier seine Erkenntnisse und gibt den Fragenden die entsprechenden Auskünfte. Irgendwelche Manipulationen wurden von dem beobachtenden Feldforscher ausgeschlossen. 

Auch im Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e.V. (IGPP) interessierte man sich für dieses Orakel aus Zentralafrika. Der IGPP-Mitarbeiter und spätere Institutsleiter Johannes Mischo, der eine „psychokinetische Einwirkung des Orakelmannes“ nicht ausschließen wollte, interviewte dazu den Ethnologen und Dokumentarfilmer Peter Fuchs. Zudem bemühte man sich seitens des Instituts um eine Kopie des Films und fertigte zur Veranschaulichung Nachbildungen der Federn an, um das exotische ‚Hühnerfeder-Orakel’ in Lehrveranstaltungen zu präsentieren. 

Kontakt:
Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e.V.
Uwe Schellinger M.A.
Institutsarchiv
Wilhelmstraße 3a
79098 Freiburg i.Br
0761/2072161
schellinger@igpp.de
www.igpp.de

Quelle: Uwe Schellinger, Schaufenster ins IGPP-Archiv, Nr. 10-07, 1.10.2007

Migration in Hessen im 16. und 17. Jahrhundert

Landeskirchliches Archiv Kassel präsentiert Projekt auf dem 7. Forum Geschichtliche Landeskunde in Hessen in Hanau-Steinheim

Am 22. September 2007 fand im Marstall in Hanau-Steinheim das 7. Forum Geschichtliche Landeskunde in Hessen unter dem Thema „Fremdsein – Ankommen in Hessen in Geschichte und Gegenwart“ statt. Das Forum wurde vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gemeinsam mit dem Beirat für geschichtliche Landeskunde in Hessen veranstaltet. 

Das Landeskirchliche Archiv Kassel präsentierte erstmals sein Projekt „Migration in Hessen im 16. und 17. Jahrhundert“. Ziel des Projektes, dass in Kooperation mit Prof. Dr. Siegfried Becker, Institut für Europäische Ethnologie der Philipps-Universität Marburg durchgeführt wird, ist die serielle Auswertung von Kirchenbüchern und Kirchenrechnungen unter sozial- und kulturgeschichtlichen Fragestellungen.

\"Landeskirchliches

Abb.: Präsentation des Landeskirchlichen Archivs Kassel auf dem 7. Forum für Geschichtliche Landeskunde in Hessen am 22. September 2007

Auf acht Ausstellungstafeln wurden in Hanau-Steinheim u.a. die zentralen Quellen des Projekts vorgestellt: Kirchenbücher dokumentieren die Amtshandlungen des Pfarrers in einer Gemeinde (Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Beerdigungen). Waren Menschen davon betroffen, die nicht aus dem jeweiligen Ort kamen, wurde meistens die Herkunft vermerkt. Kastenrechnungen geben Auskunft über die Einnahmen und Ausgaben der kirchlichen Gemeindekasse, auch „Gotteskasten“ genannt. Eine eigene Rubrik betrifft die Almosen, die an einheimische und an durchreisende Arme verteilt wurden. Die Quellen der Frühen Neuzeit weisen die auch heute noch üblichen Formen der Migration auf. Neben Glaubensflüchtlingen (z.B. vertriebene Pfarrer in Zeiten der Gegenreformation) und Kriegsflüchtlingen gab es auch Wirtschafts- und Arbeitsmigranten.

Bettina Wischhöfer

Ein archivarisches Urgestein der deutschen Archivlandschaft. Dr. Richard Moderhack (Braunschweig) zum 100. Geburtstag

Der deutschen Archivarszunft steht ein höchst seltenes Ereignis bevor: Archivdirektor i. R. Dr. Richard Moderhack (Braunschweig) feiert am 14. Oktober 2007 seinen 100. Geburtstag. Er dürfte im weitgespannten deutschsprachigen Raum der einzige Archivar sein, der in diesem hohen Alter noch wissenschaftlich publiziert. Der Jubilar hat sich als Gründungsmitglied des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) große Verdienste erworben. Von 1946 bis 1948 gehörte er dem Gründungsvorstand des VdA als Schriftführer an und unterhielt in Braunschweig eine Auskunfts- und Vermittlungsstelle für die aus dem Zweiten Weltkrieg heimkehrenden Archivare. 

Richard Moderhack entstammt brandenburgischen Handwerkerfamilien und wurde am 14. Oktober 1907 in Berlin geboren. Nach dem Abitur (1927) studierte er an der 1810 durch Wilhelm von Humboldt gegründeten Friedrich-Wilhelms-Universität seiner Heimatstadt (der heutigen Humboldt-Universität) Geschichte, Germanistik, Anglistik und Philosophie. Der knapp Fünfundzwanzigjährige wurde im Sommersemester 1932 mit einer von Willy Hoppe und Robert Holtzmann betreuten stadthistorischen Untersuchung „Die ältere Geschichte der Stadt Calau in der Niederlausitz“ zum Dr. phil. promoviert. Seine mit großer Akribie verfasste, materialiengesättigte Dissertation ist für die heutige Stadtgeschichtsforschung auch deshalb von unschätzbarem Wert, weil sämtliche darin ausgewerteten Archivalien durch den Zweiten Weltkrieg vernichtet wurden. 

\"Dr.

Der Promotion schlossen sich von 1932 bis 1935 Tätigkeiten an, die seinen zukünftigen Berufsweg aufs Nachhaltigste beeinflusst haben: Lexikonredakteur für Geschichte beim Propyläen-Verlag Berlin und das 1. Staatsexamen für das höhere Lehramt. Seine archivarische Ausbildung erfolgte von 1936 bis 1937 als ordentliches Mitglied des von Albert Brackmann konzipierten und 1930 eröffneten Institutes für Archivwissenschaft (IfA) beim Preußischen Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem. Anschließend (1938) trat er in den preußischen Archivdienst ein, wurde 1941 zum Staatsarchivrat ernannt und blieb zugleich als Mitarbeiter des Brandenburgischen Provinzialverbandes mit der Inventarisierung der Bau- und Kunstdenkmäler in den Kreisen Templin, Niederbarnim und Sorau sowie in der Stadt Forst beauftragt. Von 1940 bis 1945 war er zur Wehrmacht mit verschiedenen Verwendungen an der West- und Ostfront eingezogen und blieb nach kurzer britischer Kriegsgefangenschaft vorerst in Schleswig-Holstein, da sich die beabsichtigte Rückkehr in seine schwer zerstörte Heimatstadt Berlin nicht verwirklichen ließ.

Eine neue, äußerst bedeutungsvolle Schaffensperiode begann für den Jubilar am 1. November 1945 mit seiner im Nachhinein als sehr glücklich bewerteten Berufung an das Stadtarchiv Braunschweig, das zu den beständereichsten deutschen Kommunalarchiven zählt. Mit bemerkenswertem Elan hat er sich für einen beschleunigten und organisatorisch durchdachten Wiederaufbau des Stadtarchivs und der ihm angeschlossenen wissenschaftlichen Stadtbibliothek eingesetzt: für die baldige Rückführung der wertvollen Archivalien aus den kriegsbedingten Auslagerungsstätten und für die notwendige Neuordnung der umfangreichen Bestände sowie deren leichteren Zugang für Benutzerinnen und Benutzer. Die initiativreichen und verantwortungsvollen Tätigkeiten (seit 1956 als Nachfolger von Professor Dr. Dr. Werner Spieß im Amte des Direktors) prägten fast ein volles Vierteljahrhundert die gesamte Dienstzeit des Jubilars: Er veröffentlichte eine beneidenswert lange Reihe wissenschaftlich fundierter Beiträge (sein Schriftenverzeichnis umfasst derzeit weit über 200 Einzeltitel), von denen hier lediglich die facettenreiche Publikation „Hundert Jahre Stadtarchiv und Stadtbibliothek Braunschweig 1861-1961“ (1961) sowie die für viele andere deutsche Städte vorbildlich gewordene Redaktion der „Brunsvicensia Judaica. Gedenkbuch für die jüdischen Mitbürger der Stadt Braunschweig 1933-1945“ (1966) erwähnt werden. Wahrend seines Direktorates hat der Jubilar die imponierende Zahl von 24 Bänden der renommierten Serie „Braunschweiger Werkstücke“ herausgegeben. Im Jahre 1963 gründete er die Arbeitsgemeinschaft niedersächsischer Kommunalarchivare (ANKA), die bisher mehr als 40 Tagungen mit aktuellen Themen zur archivarischen Fortbildung im gesamten Bundesland Niedersachsen durchgeführt hat. 

Nach seiner 1970 erfolgten Ruhestandsversetzung hat sich Richard Moderhack an einer intensiven Erforschung der komplexen Stadtgeschichte Braunschweigs maßgeblich beteiligt: So schrieb er einen Abriss der älteren Stadtgeschichte für den großen Atlas „Die Geschichte der Stadt Braunschweig in Karten, Plänen und Ansichten“ (1981), fungierte als Herausgeber des stattlichen Sammelbandes „Braunschweigische Landesgesichte im Überblick“ (3 Auflagen 1976, 1977 und 1979) und verfasste informative Beiträge für die Festschrift zur Ausstellung „Brunswiek 1031 – Braunschweig 1981“ (1981).

Bedeutsame Ehrungen sind dem Jubilar zuteil geworden. Bereits 1947 ernannte ihn die Historische Kommission für Niedersachsen und Bremen zu ihrem Mitglied wie ebenfalls die Familienkundliche Kommission für Niedersachsen und Bremen sowie angrenzende ostfälische Gebiete im Jahre 1964. Der Braunschweigische Geschichtsverein berief ihn 1973 zu seinem Ehrenmitglied. Schon 1970 verlieh ihm der Niedersächsische Ministerpräsident das Verdienstkreuz erster Klasse des Niedersächsischen Verdienstordens und die Stadt Braunschweig 1988 die Bürgermedaille für besondere kulturelle Verdienste.

Dr. Richard Moderhack hat ein wichtiges Kapitel Braunschweiger Stadtgeschichte, braunschweigischer Landesgeschichte und deutscher Archivgeschichte geschrieben, und zwar als stets aufmerksamer und konstruktiv-kritischer Zeitzeuge. Dem Jubilar gilt unsere herzliche Gratulation zu seinem 100. Geburtstag, verbunden mit den besten Wünschen für gute Gesundheit und weitere wissenschaftliche Forschungstätigkeit. 

Dr. Manfred R. W. Garzmann (Braunschweig)

Fotodokumente der Sammlung Walter Kreutz im Stadtmuseum Innsbruck

Der dritte Teil der Ausstellungsreihe „Fotodokumente der Sammlung Walter Kreutz“, der am 28. September 2007 im Innsbrucker Stadtmuseum eröffnet wurde, präsentiert Innsbrucks Stadtteile Amras, Arzl, Hötting, Igls, Innenstadt, Mariahilf, Mühlau, Pradl, St. Nikolaus, Vill und Wilten in 215 qualitativ hochwertigen und zum großen Teil schwarz-weiß Fotografien von bekannten Innsbrucker Fotografen des 20. Jahrhunderts. Die überwiegend großformatigen Fotodokumente verweisen auf die große Vielfalt, die Innsbruck mit seinen Stadtteilen zu bieten hat. Historische Daten und seltene Bild- und Textquellen ergänzen die einmalige Fotoschau. Mit dieser Ausstellung reagiert das Stadtmuseum Innsbruck auf den von zahlreichen Innsbrucker Bürgern geäußerten Wunsch, mehr über den eigenen Stadtteil zu erfahren. Neben Luft- und Gesamtaufnahmen von Innsbruck werden auch zahlreiche Fotos gezeigt, die das Alltagslebens der Innsbrucker Bevölkerung vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die 1970er Jahre dokumentieren. Zusammengestellt wurde die Ausstellung von der  Kuratorin Josefine Justic, die auch für die Archivierung und Digitalisierung der im Stadtarchiv Innsbruck vorhandenen Fotosammlung verantwortlich ist. Denn im Jahre 2001 hatten sich Walter Kreutz und die Stadt Innsbruck dahingehend geeinigt, dass die ca. 60 000 Fotos, Glasplatten und Negative, die Walter Kreutz in den letzten Jahrzehnten zusammengetragen und dadurch oftmals auch vor der Vernichtung gerettet hatte, in mehreren Etappen dem Stadtarchiv übergeben werden sollten. Die Ausstellung ist noch bis zum 11. Januar 2008 zu besichtigen. Zur Ausstellung ist in der hauseigenen Schriftenreihe „Zeit – Raum – Innsbruck“ auch ein 432 Seiten umfassender Katalog erschienen, in dem sich alle Fotos der Ausstellung – versehen mit Informationen – wiederfinden. Für 23,90 € ist er im Museumsshop erhältlich.

Kontakt
Stadtarchiv – Stadtmuseum Innsbruck 
Badgasse 2 
6010 Innsbruck 
Tel.: +43 (0) 512 / 58 73 80 
Fax: +43 (0) 512 / 58 73 80 – 8 
post.stadtarchiv@innsbruck.gv.at 

Quelle: Veranstaltungen Stadtmuseum Innsbruck; Oesterreich Journal, 28.9.2007; derStandard, 28.9.2007

Karte zur Verbreitung des Täufertums in der Frühzeit

\“Diese Karte haben wir uns seit langem gewünscht. Sie ist für das Verständnis der Täufergeschichte außerordentlich hilfreich\“. Die Münsteraner Stadtmuseumsdirektorin Dr. Barbara Rommé lässt keinen Zweifel an dem Wert des jüngsten Neuzuganges der Schausammlung: Eine Überblickskarte zur Täufergeschichte, die detailreich die Städte und Regionen nennt, an denen sich Täufer im 16. Jahrhundert aufgehalten haben.

Die Übersicht informiert nicht nur über die späten Ereignisse um die Täuferherrschaft 1534 bis 1536 in Münster. Sie dokumentiert auch die extreme Reformationsbewegung in Mitteleuropa von ihren Anfängen in Zürich im Januar 1525 bis in die Jahre um 1550. Dr. Rommé: \“Es ist gelungen, die erste wissenschaftlich abgesicherte Karte zur Verbreitung der Täufer in der Frühzeit anzufertigen\“. Immerhin haben die Täufer ihren Ursprung nicht in Münster, sondern in schweizerischen und süddeutschen Regionen.

Erarbeitet wurde die Übersicht von Dr. Ralf Klötzer, dem Leiter des Stadtarchivs Steinfurt. Mehrere Jahre hat der Historiker und ausgewiesene Kenner der Täufergeschichte in die Recherche investiert, Quellen wie Literatur und Protokolle – darunter von Verhören und Hinrichtungen – ausgewertet. An der Karte ablesen lassen sich Größe und Bedeutung der jeweiligen Orte, an denen Täufer lebten oder sich aufhielten.

Damit dient sie der Fachwelt und der breiten Öffentlichkeit über Münsters Stadtgrenzen hinaus als anschauliche Information. Die Jahrzehnte im frühen 16. Jahrhundert, in denen die Täufer ihre Herrschaft in Münster krönten und sie nach anderthalb Jahren wieder verloren, haben die Stadtgeschichte entscheidend geprägt

Ihren Platz hat die Karte im Museumskabinett zur Täuferherrschaft. Für die grafische Gestaltung und Präsentation zeichnete die Firma maßwerke GbR verantwortlich.

Kontakt:
Stadtmuseum Münster
Salzstraße 28
48143 Münster
Tel.: (0)2 51/4 92-45 03
Fax: (0)2 51/4 92-77 26
museum@stadt-muenster.de
www.stadt-muenster.de/museum

100 Jahre Buchausleihe in der Landesgeschichtlichen Bibliothek Bielefeld

„Benutzer können neben den erwachsenen Eingesessenen der Stadt Bielefeld auch Auswärtige sein, die sich wie jene den Leihbedingungen durch Namensunterschrift unterwerfen. Die Benutzung ist im allgemeinen unentgeltlich“. So steht es in der ältesten bekannten „Leihordnung der Städtischen Bibliothek für Heimatkunde zu Bielefeld“ – heute Landesgeschichtliche Bibliothek –, die vor 100 Jahren, am 7. Oktober 1907, vom Magistrat der Stadt verabschiedet wurde. Heute ist die Bibliothek als Bestandteil des Instituts Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld im früheren Gebäude der Anker-Werke untergebracht. Die damalige Leihordnung zeigte eine große Freizügigkeit, die für die Benutzung der Landesgeschichtlichen Bibliothek von jeher kennzeichnend war, so Diplom-Bibliothekar Gerhard Preuß. Die Leihfrist betrug vier Wochen, Verlängerung war möglich – wie heute. Auswärtige Benutzer konnten sich Bücher, die sie vorbestellt hatten, auf eigene Kosten sogar per Post zusenden lassen und ebenso zurücksenden. Über die Benutzung der Bibliothek ist im „Jahres-Bericht … der Stadt Bielefeld für 1907“ zu lesen, dass es bei einem Bestand von etwa 4.000 Bänden immerhin 1.247 Entleihungen gab, und weiter heißt es: „Die Benutzer stellten ohne Werbung [!] alle Schichten und Berufsklassen der Bevölkerung.“ Die Bibliothek war also schon damals eine öffentlich zugängliche Ausleihbibliothek für jedermann und wurde auch als solche angenommen. Zur positiven Besucherfrequenz trug ganz sicher auch die zentrale Lage der Bibliothek bei. Seit Oktober 1905 war sie nämlich im Erdgeschoss des damals neuen und heute alten Rathauses untergebracht. Zuvor wurde über schwache Nutzung geklagt. Geöffnet hatte sie 1907 regelmäßig Mittwoch und Sonnabend von 18.30 bis 19.30 Uhr, dank guter Nutzung ab Februar 1908 zusätzlich montags zur gleichen Zeit. Diese Öffnungszeiten waren zwar sehr gering, aber außerordentlich publikumsfreundlich, da in den Abendstunden gelegen. Man muss auch bedenken, dass die Bibliothek damals – obwohl in städtischer Trägerschaft – ehrenamtlich geführt wurde. 

Heute hat die Landesgeschichtliche Bibliothek, wie die frühere Bibliothek für Heimatkunde seit 1972 heißt, einen jährlichen Zugang von bis zu 1.500 Bänden, darunter 421 laufend gehaltene Zeitschriften und andere periodisch erscheinende Veröffentlichungen. „Noch in diesem Jahr wird der 100.000. Band erwartet“, kündigt Institutsleiter Dr. Jochen Rath an. Seit Beginn des Bestandsaufbaus werden hauptsächlich Publikationen über Westfalen erworben, wobei der Schwerpunkt auf Ostwestfalen liegt. Literatur über Bielefeld ist die besondere Spezialität der Bibliothek. Die Landesgeschichtliche Bibliothek ist stolz auf ihre über 100-jährige liberale Ausleihtradition, die mit der Leihordnung von 1907 (auch zuvor wurde schon ausgeliehen) dokumentiert ist. Sie wird diese Tradition fortsetzen und wendet sich wie schon vor 100 Jahren an „alle Schichten und Berufsklassen der Bevölkerung“, heute ausdrücklich auch an Schüler und Jugendliche. Wer Literatur über Bielefeld und die Region sucht, ist hier richtig. Der Katalog und damit große Teile des Bibliotheksbestandes sind  im Internet recherchierbar. Buchausleihe und -rückgabe sind zusätzlich möglich über die Stadtbibliothek Bielefeld am Jahnplatz.

Kontakt
Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld
Rohrteichstraße 19
33602 Bielefeld
Tel.: 0521 / 51 24 71 
Fax: 0521 / 51 68 44
stadtarchiv@bielefeld.de

Quelle: Pressemeldung Stadt Bielefeld, 5.10.2007

Kindheit in der Kaiserzeit

Am 28. September 2007 wurde im Stadtarchiv Wiesbaden die Ausstellung „Kindheit in der Kaiserzeit – Kindheit um 1900“ eröffnet. Im Rahmen des Historismus-Jahres sollen damit die Lebensbedingungen der Wiesbadener Kinder in der Zeit um 1900 dargestellt werden, über die sonst, gerade wenn sie unteren Schichten entstammten, nur wenig bekannt ist. Für den Eröffnungsvortrag konnte Dr. Imbke Behnken von der Universität Siegen gewonnen werden, eine hervorragende Kennerin der Materie. Sie hat seit vielen Jahren Wiesbadener Kindheiten erforscht, deren Bandbreite mit Schlagworten wie „mit dem Kinderfräulein im Garten“ und „mit den Nachbarskindern auf der Straße“ angedeutet werden können. Die Ausstellung zeigt sehr deutlich: Kindheit war nicht gleich Kindheit. Das Leben der einen war geprägt von Reichtum, Kindermode im Matrosen-Look sowie kostspielige Spielsachen, während Kinder etwa aus dem Bergkirchen-Viertel in Hinterhöfen und Gassen mit Blechbüchsen an Stelle von Fußbällen kickten. Sehr groß war auch die Zahl der Kinder, deren Leben von Armut und Unterversorgung bestimmt war. Während ärmere Kinder vielfach sich selbst überlassen waren, gab es für Bessergestellte sorgsam angeleitete Ausflüge in die Natur, sie füllten eifrig ihre Botanisiertrommeln oder führten ihre Puppen in Privatgärten aus.

Kulturdezernentin Rita Thies erläuterte: „Diese ganz unterschiedlichen Kinderwelten im Wiesbaden des 19. Jahrhunderts bis zum Kriegsende 1918 bringt die Ausstellung uns nah – mit zahllosen Originalfotografien, Säuglingsausstattung, Kinderspielzeug und -bekleidung, Fibeln und Märchenbücher sowie Daten, Fakten und Erläuterungen, die bei der Einordnung dieser Ausstellungsstücke helfen.“ So holt ein Rikscha-ähnlicher Kindersportwagen „Modell 1910“, gearbeitet aus Holz und Metall, (für 11,50 Mark) die Besucherinnen und Besucher im Eingangsbereich der Ausstellung ab. Von dort werden sie über verschiedene Stationen – Wohnen, Körperhygiene, Freizeitgestaltung – weitergeleitet und erhalten spannende Einblicke in den Familienkosmos – Villa hier und Kinderzimmer „Straße“ dort. Die Ausstellung versucht Brüche und Härten der Kinderwelten des 19. Jahrhunderts ebenso fassbar zu machen wie die besondere Atmosphäre dieser vergangenen Tage. Vom Babyalter bis zur Schulentlassung dokumentieren Bilder von Familienfesten wie Kommunion und Konfirmation, Verordnungen zum Züchtigungsrecht der Lehrer, aber auch Hinweise auf die Anfänge der Reformpädagogik, was uns vom Damals trennt und mit ihm verbindet. Die Ausstellung im Stadtarchiv Wiesbaden ist noch bis zum 31. Oktober 2007 zu besichtigen.

Kontakt
Stadtarchiv Wiesbaden
Im Rad 20 
65197 Wiesbaden 
Tel.: 0611 / 31 – 3329 oder  31 – 3747 oder 31 – 5429 
Fax: 0611 / 31 – 3977 
stadtarchiv@wiesbaden.de 

Quelle: Pressemitteilung Stadt Wiesbaden, 27.9.2007; Stadtinformation Historismus; Daniel Honsack, Main-Rheiner, 3.10.2007

Ausstellung über Friedrich Schillers Schwester Christophine in Marbach

Am 4. September 2007 jährte sich der Geburtstag von Friedrich Schillers ältester Schwester Christophine Reinwald zum 250. Mal. Aus diesem Anlass zeigt das Deutsche Literaturarchiv Marbach in Schillers Geburtshaus in Marbach am Neckar die Ausstellung »Theuerste Schwester – Christophine Reinwald, geb. Schiller«. Die Ausstellung, ein Kooperationsprojekt der Deutschen Schillergesellschaft, der Meininger Museen und des Marbacher Schillervereins, wird vom Marbacher Magazin 118/2007 begleitet. Vergessen wäre sie heute, vergessen ihr Leben als gehorsame, gottgefällige Tochter und Ehefrau, das ein typisches Frauenleben der Goethezeit war, geprägt von Pflichterfüllung und Rollenzwang. Doch Christophine Reinwald war Schillers Schwester: Darauf war sie stolz, obwohl ihre Beziehung zum Bruder nicht immer so eng war, wie sie es sich wünschte. Schlüsselszenen aus ihren Aufzeichnungen über »Schillers Jugendjahre« wirken bis heute in der Schiller-Biografik fort. Eine selbstbestimmte Existenz im bescheidenen Rahmen der Meininger Gesellschaft beginnt für Christophine Reinwald erst nach dem Tod ihrer Eltern, ihres Bruders und ihres ungeliebten Mannes, des herzoglichen Bibliothekars und Hofrats Wilhelm Reinwald. 1817 versucht sie, wieder in Württemberg Fuß zu fassen, kehrt aber schon nach wenigen Jahren nach Meiningen zurück, wo sie am 31. August 1847 stirbt – kurz vor ihrem 90. Geburtstag und 42 Jahre nach dem berühmten Bruder. 

Das Magazin, verfasst von Edda Ziegler in Zusammenarbeit mit Michael Davidis, nähert sich Christophine Reinwald, indem es ihre verschiedenen Lebensrollen beleuchtet: Christophine ist Tochter und Schwester, Gattin und Witwe, sie ist aber auch Zeichnerin und Zeitzeugin. Ihr künstlerisches Talent, das schon früh durch ihre beste Freundin, die Malerin Ludovike Simanowiz geweckt wird, bezeugen zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen in der Graphischen Sammlung des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Die Ausstellung im Obergeschoss des Geburtshauses präsentiert in drei Räumen Bilder, Handschriften und Sachzeugnisse aus Christophine Reinwalds Leben, darunter als Hauptstück ihr 1789 von Ludovike Simanowiz gemaltes Porträt, eines der schönsten Frauenbildnisse des schwäbischen Klassizismus. Im vierten Raum und im Flur werden Blumenstilleben Christophines gezeigt. Am gegenüberliegenden Haus, in dem sie 1757 geboren wurde, wurde am Tag der Ausstellungseröffnung eine Gedenktafel enthüllt. Die Ausstellung ist bis zum 16. November 2008 zu besichtigen. 

Info: Marbacher Magazin 118: »Theuerste Schwester«. Christophine Reinwald, geb. Schiller. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach am Neckar. 2007. 68 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen, 9,- Euro. ISBN 978-3-937384-27-6.

Kontakt: 
Schillers Geburtshaus
Niklastorstraße 31
71672 Marbach
Tel.: 07144 / 17567
Fax: 07144 / 899671
schillers-geburtshaus@schillerstadt-marbach.de

Deutsches Literaturarchiv Marbach
Postfach 1162
71666 Marbach am Neckar
Tel.: 0 7144 / 848 – 100
Fax: 0 7144 / 848 – 191
Direktion@dla-marbach.de

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Literaturarchiv Marbach, 27.8.2007